Bild-Fake als Parodie: Nein, die Tagesschau gab Studienabbrecher nicht als Abgeordnete aus
In Sozialen Netzwerken kursiert ein angeblicher Artikel der Bild-Zeitung. Die Schlagzeile: Die Tagesschau hätte Studienabbrecher als Bundestagsabgeordnete ausgegeben – darunter ein Foto mit Politikerinnen und Politikern der Ampel-Regierung. Doch weder die Bild-Zeitung noch die Tagesschau haben so berichtet. Der gefälschte Artikel stammt von einem Satire-Account.
„Da muss man jetzt durchgreifen, das ist Betrug am Volk“, kommentiert ein Nutzer ein Bild eines angeblichen Artikels der Bild-Zeitung, das sich in Sozialen Netzwerken verbreitet. Demnach soll die Tagesschau durch einen „Schummel-Beitrag“ aufgeflogen sein. Sie habe Studienabbrecher und „ungelernte Hilfskräfte“ als Abgeordnete ausgegeben, heißt es in der Schlagzeile. Darunter ein Foto von einigen Politikerinnen und Politikern der Ampel-Regierung. „Aber sowas regiert Deutschland“, kommentiert eine Nutzerin bei Tiktok empört.
Doch weder die Tagesschau noch die Bild-Zeitung haben derart berichtet. Bei dem angeblichen Artikel handelt es sich um eine Fälschung, die ursprünglich von einem Satire-Account stammt. Anschließend verbreitete sie sich ohne einen Satire-Hinweis weiter im Netz.
Angeblicher Artikel der Bild-Zeitung ist gefälscht
Der Titel des angeblichen Artikels der Bild („‚Tagesschau‘ gab Studienabbrecher und ungelernte Hilfskräfte als Abgeordnete aus“) liefert bei Google keine Ergebnisse. Auch auf der Webseite der Zeitung ist kein Artikel mit diesem Titel zu finden. Eine Suche nach dem Satz „Schummel-Beitrag fliegt auf“ führt jedoch zu einem Bild-Artikel vom 2. August 2023. Darin geht es allerdings nicht darum, dass die Tagesschau Studienabbrecher als Abgeordnete ausgegeben hat. Auch der Titel des Artikels ist anders, nämlich: „‚Tagesschau‘ gibt eigene Moderatorin als Kundin aus“.
Die Bild-Zeitung berichtete Anfang August neben anderen Medien über einen Beitrag in der Tagesschau. Eine Mitarbeiterin des Westdeutschen Rundfunks (WDR) war darin als Kundin in einem Supermarkt interviewt worden. Im Beitrag war dies nicht transparent gemacht worden. Die Aktion löste Kritik aus, der WDR gab an, dass es sich um ein Versehen gehandelt habe, und entschuldigte sich. Die Tagesschau veröffentlichte eine Korrektur.
Dass es sich bei dem aktuell kursierenden Bild um einen manipulierten Screenshot dieses Artikels handelt, zeigt ein kleiner Fehler. Ein Teil des ursprünglichen Titels ist in der gefälschten Version noch sichtbar: Dort steht „gibt“ statt „gab“.
Gefälschter Bild-Artikel stammt von einem Parodie-Account
Einen weiteren Hinweis, dass der vermeintliche Screenshot manipuliert ist, liefert die Schrift. Sie passt nicht zur üblichen Darstellung der Bild-Zeitung und ist – im Fall der Beschriftung unter dem Foto – zu groß.
Mit einer Bilderrückwärtssuche bei Google konnten wir den vermutlich frühesten Verbreiter ausfindig machen. Es handelt sich um einen Account namens „Bild (Parodie)“ auf der Plattform X (ehemals Twitter), der laut Beschreibung „Parodie-News aus Deutschland und der Welt“ erstellt und dabei regelmäßig das Format der Bild-Zeitung kopiert.
Satirische Beiträge sorgen häufiger für Verwirrung in Sozialen Netzwerken. Manchmal, wie in diesem Fall, liegt es daran, dass sie sich ohne entsprechenden Hinweis weiter verbreiten und ernstgenommen werden: So etwa auch im Februar, als ein Foto angeblich eine Mitarbeiterin Sahra Wagenknechts bei einer Rede von Putin zeigen sollte. Manche Accounts nutzen den Deckmantel der Satire jedoch auch gezielt, um immer wieder Falschinformationen zu streuen, etwa über Geflüchtete oder Sozialleistungen.
Redigatur: Max Bernhard, Steffen Kutzner