Faktencheck

Nein, dieses Video zeigt keine Unterkunft für Geflüchtete in Danzig, die Deutschland bezahlt

Erneut verbreitet ein Tiktok-Nutzer mit dem Namen Fettbär Desinformation. Diesmal soll ein Video zeigen, dass in Danzig eine Unterkunft für Geflüchtete von deutschen Steuerzahlenden betrieben wird. Das ist falsch. Die Aufnahme zeigt ein Haus auf Mallorca.

von Matthias Bau

Fettbär Ukraine Mallorca Geflüchtete
Dieses Bild zeigt ein Haus auf Mallorca, keine Flüchtlingsunterkunft im polnischen Danzig (Quelle: Twitter; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige ein Flüchtlingsheim im polnischen Danzig, in dem ukrainische Geflüchtete auf Kosten deutscher Steuerzahler untergebracht würden.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Die Aufnahmen zeigen ein Gebäude auf Mallorca. Laut der für die Betreuung von Gebäuden zur Unterbringung von Geflüchteten zuständigen deutschen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben werden im Ausland keine solchen Unterkünfte betrieben.

„Jetzt zahlen wir schon für Flüchtlingsheime in Polen!“, so macht ein Video Anfang Juni auf Tiktok, Facebook und Twitter Stimmung gegen ukrainische Geflüchtete und die deutsche Regierung. Angeblich soll es eine Unterkunft mit Blick auf die Ostsee zeigen, die vom deutschen Steuerzahler finanziert werde.

All das ist falsch. Das Video zeigt ein Gebäude auf Mallorca mit Blick auf das Mittelmeer. Es wurde von einem Account erstellt, der unter dem Namen Fettbaer regelmäßig Desinformation auf Tiktok verbreitet. Die für die Betreuung von Gebäuden zur Unterbringung von Geflüchteten zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben teilt uns auf Anfrage mit, sie „bietet im Ausland […] keine Liegenschaften zur Unterbringung von Geflüchteten“ an.

Anders als online behauptet, zeigt dieses Video kein Flüchtlingsheim im polnischen Danzig
Anders als online behauptet, zeigt dieses Video kein Flüchtlingsheim im polnischen Danzig (Quelle: Twitter; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Aufnahmen zeigen Wandgemälde auf Mallorca, nicht in Danzig

Eine Bilder-Rückwärtssuche nach einem Ausschnitt aus dem Video führt zum Ort des auffälligen Wandgemälde: Can Picafort im Nordosten Mallorcas. Über eine Suche nach den Schlagworten „Can Picafort“ und „Mural“ (Deutsch: Wandbild) finden wir das Gebäude, das auch in dem Video zu sehen ist. 

Es stammt von dem Künstler Miquel Wert und entstand im Jahr 2018 im Rahmen des Saladina Art Fest. Eine Karte des Festival zeigt die Standorte aller Wandgemälde, die im Rahmen des Festival seit 2016 entstanden sind. 

Das Gemälde aus dem Video ist auf einem Gebäude an der Carrer Isabel Garau in Can Picafort zu sehen, wie eine Suche bei Google-Maps zeigt. Dort ist das Kunstwerk in der Straßenansicht gut zu erkennen, die Aufnahmen, die Google für die Straßenansicht verwendet, stammen von September 2022. Das Gebäude aus dem Tiktok-Video steht also eindeutig nicht im polnischen Danzig, sondern auf Mallorca. Das Video wurde von der anderen Seite des Gebäudes in der Carrer Enginyer Felicià Fuster aufgenommen, sie liegt direkt am Wasser. Der Blick geht dabei nicht wie behauptet auf die Ostsee, sondern auf das Mittelmeer. 

Bei Google-Maps ist das Wandgemälde in Can Picafort zu finden, hier mit Blick aus der Carrer Isabel Garau
Bei Google-Maps ist das Wandgemälde in Can Picafort zu finden, hier mit Blick aus der Carrer Isabel Garau (Quelle: Google-Maps; Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Tiktoker fiel bereits zuvor durch Desinformation auf

In die Welt gesetzt hat die Behauptung ein Tiktok-Account namens fettbaer_official. Ein Facebook-Beitrag verlinkte auf ein Video des Accounts. Da es seit der Veröffentlichung jedoch gelöscht wurde, führt der Link ins Nichts. Doch sowohl die Linkvorschau als auch dieer Bestandteile „@fettbaer_official“ innerhalb der Linkadresse verweisen auf den Nutzer. Auf einem Youtube-Kanal namens fettbaer ist das Video mit der Behauptung über das angebliche Flüchtlingsheim weiterhin zu finden.

Der Nutzer bezeichnet sich als Satiriker und fiele schon mehrfach mit falschen Behauptungen auf. Etwa damit, dass die Bundesregierung einen Solidaritätszuschlag für die Ukraine eingeführt habe, Ukrainerinnen und Ukrainer 500 Euro Begrüßungsgeld bekommen würden oder dass auf Mallorca Hotels mit deutschem Steuergeld für ukrainische Geflüchtete umgebaut werden würden. 

Für den Faktencheck zum angeblichen Hotelumbau auf Mallorca teilten uns die Pressestellen des Bundesinnen- und Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit, dass ein solcher Einsatz von Steuergeldern und die Betreuung von Gebäuden des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben liegen. Damals wie heute schreibt diese uns, dass sie im Ausland keine Gebäude zur Unterbringung von Geflüchteten anbiete.

Auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck reagierte der User bislang nicht.

Redigatur: Gabriele Scherndl, Sophie Timmermann 

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Profil von Miquel Wert auf der Webseite des Saladina Art Fest: Link