Brennendes Gebäude auf Lampedusa: Foto aus 2009 wird erneut verbreitet
Auf der italienischen Insel Lampedusa wurde der Notstand ausgerufen, nachdem dort in wenigen Tagen tausende Geflüchtete ankamen. Ein Foto, das in dem Kontext verbreitet wird, stammt aber aus 2009. In Lampedusa gibt es zwar Unruhen, aber keine Berichte über in Brand gesetzte Gebäuden.
Nachdem auf der Mittelmeer-Insel Lampedusa in wenigen Tagen tausende Geflüchtete ankamen, rief der dortige Stadtrat Mitte September den Notstand aus. Als hunderte Personen versuchten, den Hafen zu verlassen, kam es laut Medienberichten zu Unruhen.
Doch ein Foto, das seit dem 14. September in dem Kontext verbreitet wird, ist nicht aktuell. Es zeigt ein brennendes Lager für Geflüchtete und entstand schon 2009. In Beiträgen in Sozialen Netzwerken ist unter anderem von „unvorstellbaren Gewaltexzessen“ und „abgefackelten Häusern“ die Rede, in den Kommentaren wird gegen Geflüchtete gehetzt.
Einige Facebook-Beiträge, in denen das Bild geteilt wird, verlinken auf den Blog „Mancinis Scharfblick“. Er fiel auch schon in der Vergangenheit mit Desinformation auf.
Foto einer brennenden Flüchtlingsunterkunft auf Lampedusa stammt aus 2009
Eine Bilder-Rückwärtssuche mit dem Foto des brennenden Gebäudes führt zu Medienberichten aus Februar 2009. Mit diesem Aufnahmedatum ist das Foto auch in der Bilddatenbank Picture Alliance zu finden.
Laut dem britischen Telegraph hatten damals Geflüchtete nach einem gescheiterten Fluchtversuch einen Teil ihres Auffanglagers in Brand gesetzt.
Laut Medienberichten kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Protesten der Geflüchteten und Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften. Bei der Verteilung von Lebensmitteln und Getränken sei es zu „chaotischen Szenen“ gekommen, schreibt etwa die FAZ. Sowohl Helfende, als auch Geflüchtete seien erschöpft, schreibt die Frankfurter Rundschau. Berichte über einen aktuellen Brand auf Lampedusa gibt es hingegen keine. Auch von den angeblichen Plünderungen findet sich in der Berichterstattung nichts. (Stand: 26. September 2023)
Lampedusa immer wieder im Zentrum von Falschmeldungen und Hetze
Seit Jahren sind Aufnahmelager für Geflüchtete auf der italienischen Insel immer wieder überfüllt. Dabei entstehen Bilder, die auch für rechte Stimmungsmache genutzt werden. Die Insel befindet sich näher an Tunesien als an der Küste Italiens, weshalb viele Flüchtende versuchen, mit Booten dorthin zu gelangen.
Die aktuelle Situation auf Lampedusa sei mehreren Krisen geschuldet, sagt Maurice Stierl, Migrationsforscher an der Universität Osnabrück dem ZDF. Solange es globale Probleme wie die Klimakrise, Armut und Verfolgung gebe, werde es weiter zu Migration und Flucht kommen, sagt er. Viele Menschen, die aktuell nach Lampedusa flüchten, waren zuvor in Tunesien, wo Geflüchtete aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara zuletzt Opfer von Gewalt wurden. Vor einigen Wochen wurden in Tunesien hunderte Geflüchtete in die Wüste abschoben, mehrere starben.
Am 18. September präsentierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Zehn-Punkte-Plan für Lampedusa, der auch Finanzhilfen für Tunesiens Küstenwache vorsieht. Beobachter und Beobachterinnen kritisieren laut ZDF das Abkommen, weil damit Gewalt mitfinanziert werde und sprechen von einer Art Torschlusseffekt: Geflüchtete könnten nun versuchen, nach Europa zu gelangen, bevor der Deal greift.
Mehrere Faktencheck-Organisationen recherchierten in den vergangenen Tagen auch zu anderem Bildmaterial, zu dem behauptet wird, es würde die aktuelle Lage in Lampedusa zeigen – auch in diesen Fällen war das falsch.
Redigatur: Matthias Bau, Steffen Kutzner
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- The Telegraph: Illegal immigrants set fire to a detention centre on the Italian island of Lampedusa, 18. Februar 2009: Link (Englisch)