Nein, Elijah Wood spricht in diesem Video nicht über Selenskyjs vermeintliche Drogensucht
„Herr der Ringe“-Darsteller Elijah Wood soll sich angeblich in einem Video persönlich an den ukrainischen Präsidenten gewandt haben. Wood habe Selenskyj geraten, sich wegen seiner vermeintlichen Drogenabhängigkeit behandeln zu lassen. Das Video ist eine Fälschung – und Teil einer anti-ukrainischen Desinfo-Kampagne. Auch andere Promis sind betroffen.
„Wladimir, hi, Elijah hier“: So fängt eine Videobotschaft an, die „Herr der Ringe“-Darsteller Elijah Wood angeblich an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj richtet. „Ich hoffe, du bekommst Hilfe“, sagt Wood. Es gehe um die Abhängigkeit von Drogen und Alkohol. Im etwa 40 Sekunden langen Video sind meist auch die ukrainische Flagge und das Logo des US-Mediums TMZ eingeblendet.
Solche Beiträge sind unter anderem auf Telegram, Facebook und Tiktok zu finden. Allein ein englischsprachiger X-Beitrag hat mehr als zwei Millionen Aufrufe. Auch russische Medien und für Falschmeldungen bekannte deutsche Blogs verbreiteten das Video.
Doch Woods Video war nicht für den ukrainischen Präsidenten bestimmt. Die Fälschung ist offenbar Teil einer anti-ukrainischen Desinformationskampagne.
Video trägt das Logo des US-Senders TMZ – dieser dementiert aber, das Video produziert zu haben
Bereits ein Blick auf das Video mit Elijah Wood weckt Zweifel an der Behauptung, es sei für den ukrainischen Präsidenten bestimmt. Wood sagt zweimal den Namen des Adressaten, am Anfang und am Ende. In beiden Fällen spricht er ihn „Wladimir“ statt „Wolodymyr“ aus. Er sagt in dem Video zudem weder „Selenskyj“ noch „Ukraine“. Das Video ist an mehreren Stellen auffällig geschnitten – vermutlich, um den echten Hintergrund zu verschleiern oder falsche Zusammenhänge zu konstruieren.
Oben links im Video ist das Logo des US-Senders TMZ eingeblendet – dieser dementierte gegenüber der französischen Faktencheck-Redaktion Les Observateurs, das Video produziert zu haben. „Wir haben damit nichts zu tun“, hieß es von TMZ.
Am Ende des Videos ist zudem ein QR-Code zu finden, der zum Telegram-Kanal „Olympics has fallen“ führt. So soll angeblich eine Netflix-Serie mit Tom Cruise über Korruption im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) heißen. Doch die Serie gibt es gar nicht. Wie Politico berichtete, tauchte diese Fälschung auf, nachdem das IOC das russische Team aus dem Wettbewerb ausgeschlossen hatte.
Vertreter von Elijah Wood: Video hat nichts mit Selenskyj, der Ukraine oder Russland zu tun
Wer verbreitete das manipulierte Wood-Video? Von der Aufmachung sieht es wie eine Instagram-Story aus. Oben links ist der Profilname des Profils „elijah.wood.kingring“ zu sehen. Dieses Profil hat auf Instagram keine Follower und keine Beiträge (Stand: 14. Dezember 2023). Für einen echten Account eines bekannten Schauspielers ist das ziemlich unwahrscheinlich.
Das Profil wurde im Juli 2023 erstellt – in diesem Monat verbreitete sich auch erstmals das manipulierte Video. In einem Interview mit dem Wall Street Journal im März 2023 sagte Wood, er habe keinen öffentlichen Instagram-Account.
Die New York Times hat Wood kontaktiert. Ein Vertreter des Schauspielers antwortete, Wood habe das Video auf Cameo aufgenommen, dieses sei aber „in keiner Weise an Selenskyj adressiert oder hat irgendwas mit Russland, der Ukraine oder dem Krieg zu tun“.
Cameo ist eine Plattform, über die Nutzerinnen und Nutzer Videos von Prominenten anfragen können. Gegen Bezahlung grüßen Stars jemanden, etwa zum Geburtstag oder zur Hochzeit. Auch Elijah Wood bot diesen Service an, aktuell ist der Schauspieler bei Cameo „vorübergehend nicht verfügbar“, wie es auf der Plattform heißt.
Elijah Wood, Dean Norris, Kate Flannery: Mehrere Prominente von der Desinfo-Kampagne betroffen
Auf Anfrage schrieb uns ein Sprecher von Cameo, dass der Fall einen Verstoß gegen die Richtlinien der Plattform darstellen könne. „Wenn solche Verstöße nachgewiesen werden, unternimmt Cameo in der Regel Schritte, um die problematischen Inhalte zu entfernen und das Konto des Käufers zu sperren, um weitere Probleme zu vermeiden.“
Wood ist nicht der einzige Promi, den die Kampagne für vorgetäuschte Botschaften an Selenskyj nutzt. Laut einem Bericht des Microsoft Threat Analysis Center gab es bislang sieben Einzelvideos verschiedener Promis, alle erstellt nach demselben Muster. Unter den betroffenen Prominenten sind der von „Breaking Bad“ bekannte Darsteller Dean Norris und die „The Office“-Schauspielerin Kate Flannery. Laut dem Bericht kursierten die Videos ursprünglich in russischsprachigen Kanälen in Sozialen Netzwerken.
Die russischsprachige Faktencheck-Redaktion Provereno Media fand das manipulierte Wood-Video in dutzenden russischsprachigen Telegram-Kanälen und Medien. Die angebliche Drogenabhängigkeit von Selenskyj ist ein beliebtes Narrativ pro-russischer Propaganda. Wir haben bereits mehrere Videos überprüft, die das belegen sollen, sich aber als Fälschungen entpuppten.
Über dieses Narrativ und andere Angriffe auf Selenskyj seit Beginn von Russlands Krieg gegen die Ukraine geht es in Folge 5 unseres Podcasts „Fakten, Front und Fakes“:
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Matthias Bau, Kimberly Nicolaus
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Faktencheck von Les Observateurs zum Video mit Elijah Wood, 25. Juli 2023: Link
- „Russian influence and cyber operations adapt for long haul and exploit war fatigue“, Microsoft Threat Analysis Center, 7. Dezember 2023: Link
- „Russia’s latest disinformation tactic exploits American celebrities“, New York Times, 7. Dezember 2023: Link