Faktencheck

Dieses Video über eine Antifa-Karte und „Demogeld“ ist Satire

Ein Nutzer behauptet auf Tiktok, er habe für seine Teilnahme Mitte Januar an der „großen Demonstration“ am Jungfernstieg in Hamburg Geld über eine Antifa-Karte erhalten. Dahinter steckt Satire, die mancher jedoch ernst nimmt.

von Kimberly Nicolaus

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Hinter diesem Video steckt Satire. Die „Antifamily“-Karte ist keine echte Geldkarte. (Quelle: Tiktok; Screenshot, Collage und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Tiktok-Nutzer habe in einer Anzeige gesehen, dass Statisten gesucht würden, und sei für seine Teilnahme an der „großen Demonstration“ am Jungfernstieg in Hamburg über die „ANTIFamily-Karte“ bezahlt worden.
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Frei erfunden
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Frei erfunden. Bei dem Video handelt es sich um Satire. Die Karte, die der Mann in die Kamera hält, ist keine echte Geldkarte, sondern ein Scherz-Artikel. Die Anspielung auf die Anzeige ist wahrscheinlich ebenfalls satirisch gemeint.

Ein Tiktok-Nutzer erzählt in einem Video vom 21. Januar, er habe sich über eine Anzeige als Statist für die „große Demonstration“ beworben. Für seine Teilnahme „gestern“ habe er eine Bezahlung erhalten. Das „Demogeld“ sei auf eine „ANTIFamily-Karte“ geladen worden, die der Nutzer in die Kamera hält. Darauf ist das Logo „Antifaschistische Aktion“ zu sehen. 

Das Video wurde über 700.000 Mal angezeigt. Einige Nutzerinnen und Nutzer scheinen sich unsicher zu sein, ob die Geschichte stimmt. Sie kommentieren: „Ist das jetzt dein Ernst? Stimmt das?“, oder „wenn das wirklich so ist, wer bezahlt das Ganze und von was?“ Jemand anderes schreibt hingegen: „Es gibt echt Leute, die erkennen Satire nicht – zu gut.“ 

Das Video verbreitet sich mehrfach auf Tiktok, unter anderem über Profile, die häufiger Inhalte der Partei Alternative für Deutschland verbreiten und aufgrund der Behauptung von Neuwahlen oder Korruption schreiben. 

Ein Tiktok-Nutzer, der Satire veröffentlicht.
Einige Nutzerinnen und Nutzer sind von dem Satire-Video verunsichert, das zeigt sich in der Kommentarspalte (Quelle: Tiktok; Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Tiktok-Video zu „Demogeld“ ist Satire, jedoch als solche nicht gekennzeichnet 

Auf welche Demonstration sich der Tiktok-Nutzer bezieht, ist unklar. In seinem Video vom 21. Januar spricht er von „gestern“ und von einer „großen Demonstration“ am „Jungfernstieg“, damit bezieht er sich wahrscheinlich auf die Uferpromenade in Hamburg, wo an diesem Wochenende mehrere Demonstrationen stattfanden. Die größte war dort am 19. Januar, organisiert wurde sie von unterschiedlichen Organisationen wie Gewerkschaften und Verbänden. Zigtausende nahmen an der Kundgebung gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke teil. 

 Aus dem Kontext wird deutlich: Hinter dem Video steckt Satire – der Hinweis darauf fehlt aber. In der Profilbeschreibung des Tiktok-Nutzers steht „Comedy“. In einem zweiten Video überspitzt er seine Behauptungen. Dort sagt er: Die „BRD GmbH“ verwalte das Demogeld der Antifa – eine Anspielung auf einen Verschwörungsmythos aus dem Reichsbürger-Milieu, laut dem die Bundesrepublik Deutschland kein Staat, sondern eine Firma ist. 

Entgegen dem verbreiteten Verständnis existiert die „Antifa“ im Sinne einer bundesweit agierenden Organisation nicht. „Antifa“ ist der Oberbegriff für verschiedene, im Regelfall eher locker strukturierte, autonome Strömungen der linken bis linksextremen Szene.

Die „ANTIFAmily-Karte“ ist satirisch gemeint und keine echte Geldkarte

Der Tiktok-Nutzer antwortete auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck zu der angeblichen Bezahlkarte ironisch: „Was die technischen Einzelheiten […] angeht, kann ich Ihnen leider keine detaillierten Angaben machen, weil dies gegen das Antifawaltungsgesetz verstoßen würde.“ Dazu, auf welche Anzeige er sich bezieht, äußerte er sich nicht. 

Bei der „ANTIFamily-Karte“ handelt es sich laut der Internetseite Volksverpetzer um eine „Parodie auf rechte Fake News“. Das Neue Deutschland berichtete 2020, dass es innerhalb der linkspolitischen Szene auch Kritik daran gebe. Die Karte sieht aus wie eine Kreditkarte, ist aber keine. Sie stammt von der Initiative Hooligans gegen Satzbau, die laut Eigenbeschreibung „einem zunehmenden Rechtsruck“ auf satirische Art öffentlich entgegenwirken möchte. 

Die Karte ist zwar tatsächlich erhältlich, doch auch auf der Webseite gibt es mehrere Hinweise, die sie als Scherz-Artikel entlarven. Zum Beispiel heißt es dort, die Karte habe einen „NFC (Nazis Fuckoff Chip)“. Bei Geldkarten steht NFC aber normalerweise für „Near Field Communication“ (deutsch: Nahfeldkommunikation) und ermöglicht kontaktloses Bezahlen. Die Macher verweisen zudem auf die „Satirefaction“-Garantie und schreiben, man könne „Demogeld“ nach „Antifawaltungsrecht einfach sofort digital bekommen“. 

In Sozialen Netzwerken kursieren veraltete und manipulierte Stellenanzeigen im Kontext aktueller Demos 

Die Behauptung, dass mit Anzeigen Statistinnen und Statisten für Demonstrationen gegen Rechtsextremismus gesucht würden, ist nicht neu. 

Aktuell verbreitet sich zum Beispiel eine Jobanzeige der Webseite Jobwrk, die – anders als behauptet – nicht in Zusammenhang mit der Demonstration gegen Rechtsextremismus in Hamburg am 19. Januar 2024 steht. Wir berichteten in einem Faktencheck darüber, dass sie bereits 2022 veröffentlicht wurde. 

Eine andere Stellenanzeige, wonach das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Statistinnen und Statisten für „Demonstrationen gegen rechts“ suche, ist bereits seit Jahren als Satire bekannt.

Redigatur: Paulina Thom, Sarah Thust