Faktencheck

Diese Aufnahmen zeigen keinen britischen Frachter nach einem Huthi-Angriff

Ende Januar griffen Huthi-Rebellen aus dem Jemen den britischen Tanker „Marlin Luanda“ an. Einen Tag später kursieren Aufnahmen in Sozialen Netzwerken, die das brennende Schiff zeigen sollen. Doch die sind woanders entstanden.

von Paulina Thom

aufnahmen-zeigen-nicht-marlin-luanda-britischer-frachter-
Nutzerinnen und Nutzer in Sozialen Netzwerken teilen ein Video und zwei Fotos mit der Behauptung, es zeige einen brennenden Tanker im Roten Meer im Januar 2024. Das stimmt nicht, die Aufnahmen sind älter und woanders entstanden. (Quelle: Telegram; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video und zwei Fotos zeigten den brennenden britischen Tanker „Marlin Luanda“ im Roten Meer nach einem Angriff durch Huthi-Rebellen.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Das Video zeigt ein Feuer auf einem Schiff vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate 2019. Die Fotos zeigen jeweils Schiffsbrände vor der Küste Japans 2018 und 2002.

In Sozialen Netzwerken kursieren zurzeit immer wieder Aufnahmen, die angeblich zerstörte Schiffe nach Angriffen der Huthi-Rebellen aus dem Jemen zeigen sollen. Zwar kommt es seit dem Beginn des Krieges in Nahost tatsächlich vermehrt zu solchen Angriffen im Roten Meer, doch nicht jedes Bildmaterial steht damit in Zusammenhang

So auch die Aufnahmen, die seit dem 27. Januar 2024 international kursieren, etwa auf Englisch, Russisch, Arabisch und Deutsch, und ein Millionen-Publikum erreichten. Geteilt werden ein Video und teilweise zwei Fotos, die den britischen Tanker „Marlin Luanda“ in Brand zeigen sollen. Der wurde tatsächlich laut Medienberichten einen Tag zuvor im Golf von Aden von einer Rakete der Huthi-Rebellen getroffen, konnte jedoch später seine Fahrt fortsetzen. 

Screenshot eines Beitrages auf Telegram
Die Behauptung, die Aufnahmen würden ein Schiff nach einem Huthi-Angriff zeigen, kursiert auch auf Deutsch, wie hier auf Telegram. Geteilt wird oft ein Video und zwei Fotos. (Quelle: Telegram; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Video zeigt einen Schiffsbrand 2019 an der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate 

In vielen der aktuellen Beiträge ist in den Aufnahmen ein Logo von Nour News, einem staatlich geführten iranischen Medium, zu sehen. Tatsächlich teilte Nour News das Video und die Bilder am 26. Januar mit derselben Behauptung auf Telegram.  

Dass das Video – das teils einzeln, teils in Kombination mit den beiden Fotos kursiert – nicht die „Marlin Luanda“ zeigt, belegt eine Bilder-Rückwärtssuche: Es ist bereits Mitte Dezember 2023, also Wochen vor dem Angriff, auf X verbreitet worden.

Anders als auch von diesem Nutzer behauptet, steht das Video in keinem Kontext zu den Huthi-Rebellen: Mehrere Faktencheck-Redaktionen fanden dasselbe Video in einem arabischen Medienbericht von September 2019. Zwar ist der Bildausschnitt verkleinert, doch in beiden Videos ist neben dem brennenden Schiff ein weiteres kleines Schiff zu sehen (rote Markierung). Auch die Lichter im Hintergrund sind identisch angeordnet (gelbe Markierung). 

Vergleich der beiden Videos
Oben das Video aus einem Medienbericht von 2019 über einen Schiffsbrand an der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate, unten das Video, das aktuell in Sozialen Netzwerken geteilt wird. In beiden Aufnahmen ist ein weiteres Schiff zu erkennen und die Lichter im Hintergrund sind identisch angeordnet. (Quelle: emaratalyoum.com, X; Screenshot, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Dem Medienbericht zufolge entstand das Video bei dem Brand eines Schiffes, beladen mit mehr als 100 Fahrzeugen, im Hafen von Schardscha vor der Küste der Arabischen Emirate. Ein weiterer Bericht enthält ein Foto des Vorfalls.

Fotos haben keinen Bezug zu Huthi, sondern entstanden bei Bränden in Japan

Auch die in Sozialen Netzwerken geteilten Fotos zeigen nicht den britischen Tanker „Marlin Luanda“. Mit einer Bilder-Rückwärtssuche findet sich eines der Fotos in einem japanischen Medienbericht vom 2. April 2018. Darin heißt es, das Vergnügungsboot „Koshin Maru“ sei einen Tag zuvor im Hafen der Stadt Nishiizu in der Präfektur Shizuoka in Flammen aufgegangen.

Screenshot des japanischen Medienberichts
Das Foto, das angeblich einen britischen Tanker nach einem Huthi-Angriff zeigen soll, ist bereits 2018 in einem japanischen Medienbericht erschienen (Quelle: sponichi.co.jp; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Das andere Foto ist noch älter und ebenfalls in Japan entstanden, wie eine weitere Bilder-Rückwärtsuche zeigt. Einem Medienbericht von 2018 zufolge ist auf dem Foto ein im Bau befindliches Luxuskreuzfahrtschiff zu sehen, das 2002 vor der Küste Nagasakis brannte. 

Screenshot des japanischen Medienberichts
Laut diesem japanischen Medienbericht zeigt das Foto einen Schiffsbrand vor der Küste Nagasakis in Japan im Jahr 2002 (Quelle: nagasaki-np.co.jp; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Seit Beginn des Kriegs im Nahen Osten spitzt sich die Situation im Roten Meer zu: Die vom Iran unterstützten Huthi greifen – nach eigenen Angaben zur Unterstützung Palästinas – seit November 2023 vermehrt internationale Handelsschiffe im Roten Meer an. Die USA und Großbritannien greifen seit dem 11. Januar 2024 Stellungen der Rebellen im Jemen an. Die EU beteiligt sich bislang nicht an diesen Angriffen, plant aber mit einer militärischen Mission, Handelsschiffe im Roten Meer zu schützen

Alle Faktenchecks zu Falschmeldungen und Gerüchten zum Krieg im Nahen Osten finden Sie hier.

Redigatur: Max Bernhard, Sophie Timmermann