Übung der Schweizer Luftwaffe hat nichts mit „Kriegsvorbereitung“ Deutschlands zu tun
Auf Tiktok wird eine Militärübung in der Schweiz mit einem angeblichen deutschen „Kriegseintritt“ oder „Kriegsvorbereitungen“ in Verbindung gebracht. Doch dieser Zusammenhang ist falsch.
„Deutschland bereitet sich auf den Krieg vor“, steht in der automatischen Übersetzung einer Videobeschreibung eines Tiktok-Beitrags. Darin ist ein Screenshot eines Artikels zu sehen, in dem es darum geht, dass die Autobahn A1 im Juni für Kampfjet-Landungen gesperrt werde.
Der Beitrag wurde mehr als 45.000 mal angesehen. Viele meinen, es gehe um Deutschland. Manche glauben die Informationen hingegen nicht: „Das ist doch ein Scherz“, und „Falschmeldung“ steht in den Kommentaren.
Schweizer Armee will mit Kampfjet-Übung seine Verteidigungsstrategie stärken
Die Videobeschreibung ist eigentlich auf Türkisch, dort steht: „Almanya savaşa girmeye hazırlanıyor“, was wörtlich übersetzt bedeutet: „Deutschland bereitet sich darauf vor, in den Krieg zu treten“.
Mit Deutschland haben die Kampfjets aber nichts zu tun. Schon aus dem Screenshot, der einen Artikel von Netzwelt zeigt, wird klar: Es geht um eine Militärübung der Schweizer Armee und damit um die Schweizer Autobahn A1, nicht um die Bundesautobahn A1 in Deutschland. Der gesperrte Streckenabschnitt liegt demnach zwischen Avenches und Payerne, zwei Orte südwestlich von Bern im Schweizer Kanton Waadt. Nach Deutschland führt die Strecke nicht.
Auf der Webseite der „Gruppe Verteidigung“, einem Teil der Schweizer Armee, stehen mehr Details zu der Übung: „Am 5. Juni 2024 startet und landet die Luftwaffe mit ihren Kampfflugzeugen des Typs F/A-18 auf der Nationalstrasse A1 bei Payerne.“ Man wolle die Verteidigungsstrategie der Armee stärken, indem man von improvisierten Standorten übt, „Menschen und Material“ schnell über das Land zu verteilen.
Laut ADAC wird der entsprechende Streckenabschnitt vom 4. Juni, 21 Uhr, bis 6. Juni, 9 Uhr gesperrt. Von einer deutschen Beteiligung an der Übung ist weder beim ADAC, noch bei der Schweizer Armee die Rede.
Deutsche Bundeswehr war nicht beteiligt und ist laut Experten aktuell gar nicht in der Lage zu so einer Übung
Clara Matz, Pressestabsoffizierin der deutschen Bundeswehr schreibt auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck: „Die Bundeswehr ist nicht an der schweizer Übung beteiligt.“ Nadine Schröder, Sprecherin der Luftwaffe der Schweizer Armee, dementiert, dass deutsche Kräfte an der Übung teilnehmen, oder dass sie einen anderen Deutschland-Bezug hat.
Heinz Dengler, Oberstleutnant außer Dienst, sagte laut Tagesspiegel, eine derartige Übung sei in Deutschland aktuell nicht möglich. Man brauche dafür speziell eingerichtete Autobahn-Abschnitte, die es mittlerweile nicht mehr gebe. Laut Angaben der Bundeswehr von April 2023 wurden die letzten Notlandeplätze 1988 fertiggestellt, nun würden diese „Relikte des Kalten Krieges“ nach und nach im Zuge von Straßenausbesserungen und Umbaumaßnahmen verschwinden.
Der Tiktok-Account, der die Behauptung über den deutschen Kriegseintritt teilte, war für CORRECTIV.Faktencheck nicht erreichbar. Auf einen Kommentar unter dem Beitrag, man solle klarer machen, dass es nicht um Deutschland gehe, antwortet der Account: Man solle „halt genau lesen“.
In der Vergangenheit wurden Militärübungen oder Aufnahmen von Militärkonvois schon häufiger in einen falschen Kontext gesetzt.
Redigatur: Sophie Timmermann, Paulina Thom
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Luftwaffe testet Verteidigungsdispositiv auf Autobahn, Gruppe Verteidigung der Schweizer Armee, 30. Mai 2024: Link (archiviert)
- Schweiz: Autobahn-Vollsperrung im Juni für Landung von Kampfjets, ADAC, 4. Juni 2024: Link (archiviert)