Faktencheck

Wahlbetrug mit AfD-Stimmen bei der Europawahl? Nein, X-Beitrag war ironisch gemeint

Auf X behauptet ein Nutzer am Tag der Europawahl, als Wahlhelfer alle Stimmzettel für die AfD mit einem Strich ungültig gemacht zu haben. Screenshots des Beitrags verbreiteten sich schnell weiter, auch auf Tiktok. Doch einiges an der Geschichte ist unstimmig.

von Paulina Thom

Europawahl - Sigmaringen
Am 9. Juni, dem Tag der Europawahl, verbreiteten sich auf X Behauptungen zu Wahlbetrug (Symbolbild: Marijan Murat / DPA / Picture Alliance)
Behauptung
Ein Wahlhelfer habe alle Stimmen für die AfD bei der Europawahl durch einen Strich ungültig gemacht.
Bewertung
Frei erfunden
Über diese Bewertung
Frei erfunden. Mehrere Hinweise zeigen, dass der Beitrag nicht ernst gemeint war. Der Verbreiter bestätigt dies auf Nachfrage.

Auf X behauptete ein Nutzer namens „Walurian“ am 9. Juni 2024, als Wahlhelfer bei der Europawahl alle Stimmen für die AfD mit einem Strich auf dem Wahlzettel ungültig gemacht zu haben. Screenshots des Beitrages verbreiteten sich auf X und Tiktok und erreichten mehr als 120.000 Aufrufe. In den Kommentaren werfen ihm andere Nutzerinnen und Nutzer Wahlbetrug vor. 

Doch bei der Geschichte des angeblichen Wahlbetrugs gibt es einige Unstimmigkeiten. 

X-Beitrag mit der Behauptung
Am 9. Juni, dem Tag der Europawahl, behauptete dieser X-Nutzer als Wahlhelfer Stimmen für die AfD ungültig gemacht zu haben. Als Screenshot verbreitete sich der Beitrag auch in anderen Sozialen Netzwerken. (Quelle: X; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

X-Nutzer „Walurian“ teilte Beitrag einige Stunden vor der Öffnung der Wahlurne

Zunächst einmal fällt auf: Der X-Nutzer teilte seinen Beitrag um 13:22 Uhr, also einige Stunden bevor die Wahllokale schlossen (18:00 Uhr) und die Wahlurnen mit den Stimmzetteln geöffnet wurden. Als ein anderer Nutzer ihn in einem Kommentar darauf hinwies, schreibt „Walurian“ offenbar sarkastisch: „Du bist da was ganz großem auf der Spur.“ 

Auch weitere Antworten des Nutzers zeigen, dass sein Beitrag offensichtlich nicht ernst gemeint war: So schreibt er etwa, er sitze „im Bielefelder Wahllokal, Wahlkreis 666“. Einen solchen Wahlkreis gibt es in Bielefeld nicht, die Stadt hatte bei der Europawahl die Wahlkreisnummer 711. Die Zahl „666“ gilt gemeinhin als die Zahl des Teufels.

Auf unsere Nachfrage schrieb „Walurian“, dass sein Beitrag „offensichtlich nicht“ ernst gemeint war . Es habe sich um „Satire, in Bezug auf das andauernde ‚Wahlbetrug‘-Geschreie der Twitter-‚Nazi/AfD‘-Bubble“ gehandelt. Gegenüber dem WDR erklärte er weiter, dass sein Beitrag ein „Troll-Tweet“ sei – also eine absichtliche Provokation anderer Nutzerinnen und Nutzer. 

Bundeswahlleiterin: Bisher keine Belege für Wahlmanipulation

Die Bundeswahlleiterin reagierte auf X bereits am Wahltag indirekt auf den Beitrag von „Walurian“: „Die Wahlhandlung und Auszählung sind öffentlich. Der Wahlvorstand umfasst sieben bis neun Personen, damit ist eine Manipulation durch Einzelne ausgeschlossen. Jeder Stapel wird unabhängig von mindestens zwei Personen durchgezählt. Jede und jeder kann als Wahlbeobachter dabei sein.“

In einem ausführlichen X-Beitrag schreibt die Bundeswahlleiterin zudem: „Eine Behauptung in einem Post ist kein Beleg für tatsächliche Wahlmanipulation. Wenn Sie konkrete Belege haben, wenden Sie sich an die Strafverfolgungsbehörden.“ Und ergänzt, dass sie bisher keinerlei Berichte über tatsächliche Manipulationsversuche erhalten habe. 

X-Beitrag der Bundeswahlleiterin
Die Bundeswahlleiterin reagierte auf X auf die Beiträge mit dem angeblichen Wahlbetrug (Quelle: X; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Alle Faktenchecks zur Europawahl finden Sie hier.

Redigatur: Steffen Kutzner, Matthias Bau

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • X-Beitrag der Bundeswahlleiterin, 9. Juni 2024: Link (archiviert)