Faktencheck

Alte Falschbehauptung um US-Comedian aufgewärmt: „Semen Hydenko“ ist nicht der Trump-Attentäter

Kurz nach dem Attentat auf Donald Trump verbreitete sich online ein Ausweis mit der Behauptung, er zeige die Identität des Täters. Er soll ein Ukrainer mit dem Namen „Semen Hydenko“ sein. Doch der Ausweis ist gefälscht, die Beiträge ähneln alten Falschbehauptungen um einen US-Comedian.

von Viktor Marinov

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„Semen Hydenko“ hat nicht auf Trump geschossen – denn diesen Mann gibt es nicht und der vermeintliche Ausweis ist gefälscht (Quelle: X; Collage und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Der Mann, der auf Donald Trump schoss, sei ein Ukrainer mit dem Namen „Semen Hydenko“. Das belege der Ausweis, der bei seiner Leiche gefunden worden sei.
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Frei erfunden. Der Name „Semen Hydenko“ ist eine Anspielung auf Sam Hyde, dessen Foto auf dem gefälschten Ausweis zu sehen ist. Hyde ist ein US-Comedian, dessen Name immer wieder als vermeintlicher Täter bei Attentaten und anderen Ereignissen verbreitet wird – oft als Scherz oder Mobbing. Der Ausweis ist eine Fälschung.

Ein Ukrainer namens „Semen Hydenko“ sei der Schütze beim Anschlag auf den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump am 13. Juli (US-Ortszeit) bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania – das hätten wahlweise CNN oder der russische Geheimdienst FSB bestätigt, heißt es auf X und Facebook. Als Beleg soll das Foto vom Ausweis des vermeintlichen Täters dienen. 

Doch der Ausweis ist gefälscht und der Name eine Anspielung auf den US-Komiker Sam Hyde. Auf X sind auch weitere Beiträge, die ihn ohne das Ausweis-Foto beschuldigen; einer von ihnen wurde mehr als 1,6 Millionen Mal angezeigt. Die Beiträge verbreiten sich vor allem auf Englisch, aber auch auf Deutsch, Vietnamesisch, Französisch oder Chinesisch.

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Auch auf Facebook verbreitet sich das Foto von dem gefälschten Ausweis von „Semen Hydenko“ mit der Behauptung, er habe auf Trump geschossen (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Eine alte Falschbehauptung und ein gefälschter Ausweis: „Semen Hydenko“ ist eine erfundene Person 

Eine Bilder-Rückwärtssuche zeigt, dass der Ausweis von „Semen Hydenko“ (ukrainische Schreibweise „Семен Хайденко“) nicht zum ersten Mal die Runde macht. 2022 behaupteten Nutzerinnen und Nutzer auf X, damals Twitter, dass der Ausweis bei einer Explosion der Krimbrücke im Oktober gefunden worden sei. Dasselbe Foto veröffentlichte ein Nutzer schon im September 2022 – damals mit der Behauptung, „Hydenko“ habe den Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines verübt.

Diese Beiträge wiederholen einen alten Scherz beziehungsweise Mobbingattacken rund um US-Comedian Sam Hyde, die laut Forbes schon im Jahr 2015 begannen. Hyde wird dabei als vermeintlicher Täter bei diversen Schießereien und Anschlägen genannt, häufig mit einem leicht abgewandelten Namen. 

Der Ausweis, der im aktuellen Fall als Beleg dienen soll, ist eine Fälschung. Das lässt sich etwa an der Ausweisnummer „000000000“ erkennen. Zudem sind die Unterschrift, das Gültigkeitsdatum und weitere Angaben identisch mit einem ukrainischen Musterausweis, der auf Wikipedia und auf einer archivierten Version der Seite der ukrainischen Migrationsbehörde zu finden ist. Er diente offenbar als Grundlage für die Fälschung.

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Links ein ukrainischer Musterausweis, rechts der gefälschte Ausweis von „Semen Hydenko“. Die Fälschung ist an mehreren Übereinstimmungen mit dem Muster zu erkennen, etwa bei der Unterschrift (gelb markiert) und der Ausweisnummer (rot markiert). (Quellen: Migrationsbehörde der Ukraine / X; Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Nach den derzeitigen Erkenntnissen des FBI hieß der Mann, der am 13. Juli (US-Ortseit) auf Donald Trump geschossen hat, Thomas Matthew Crooks. Er tötete bei seinem Attentat auf Trump einen Zuschauer, zwei weitere Männer im Publikum wurden schwer verletzt und der US-Präsident am rechten Ohr getroffen. Kurz darauf erschossen Sicherheitskräfte Crooks vor Ort. 

Redigatur: Gabriele Scherndl, Uschi Jonas