Huthi-Angriff im Roten Meer? Was hinter diesen Bildern der „USS Eisenhower“ steckt
In Sozialen Netzwerken kursieren im Juni Aufnahmen, die angeblich einen Angriff der jemenitischen Huthi-Miliz auf einen US-Flugzeugträger im Roten Meer zeigen. Der Faktencheck zeigt: Die Bilder zeigen etwas anderes oder wurden nachträglich bearbeitet.
Ein Sprecher der Huthi-Miliz hat am 31. Mai 2024 behauptet, dass sie den US-amerikanischen Flugzeugträger USS Dwight D. Eisenhower im Roten Meer angegriffen habe. Kurz darauf verbreiteten sich auf X, Tiktok, Telegram und Facebook unterschiedliche Bilder, die angeblich das schwer beschädigte Kriegsschiff oder den Angriff der Huthi-Rebellen zeigen sollen. Wir haben uns vier der kursierenden Aufnahmen näher angesehen. Belege dafür, dass das Schiff angegriffen wurde, liefert keines von ihnen.
Was steckt hinter den Angriffen im Roten Meer?
Ende 2023 begann die Huthi-Miliz, Frachtschiffe im Roten Meer aus dem Jemen anzugreifen, und löste damit eine Krise im globalen Handel aus. Als Reaktion darauf begannen die USA zusammen mit Verbündeten, die Militärpräsenz in der Region deutlich zu verstärken und Ziele im Jemen aus der Luft anzugreifen.Einer dieser Angriffe forderte Ende Mai mehrere Leben und war laut einem Sprecher der Huthi-Miliz der Auslöser für einen Gegenangriff, bei dem die USS Eisenhower angeblich getroffen wurde. Die US-Navy dementierte gegenüber CBSNews, dass das Schiff beschädigt wurde.
1. Loch an Deck der USS Eisenhower? X-Beitrag zeigt manipulierte Satellitenbilder
Ein Beitrag auf X zeigt ein Video mit Satellitenbildern, auf denen ein Flugzeugträger mit einem klaffenden Krater auf dem Deck zu sehen ist. Der Nutzer behauptet auf Englisch, es handele sich um Bilder der chinesischen Regierung, die die USS Eisenhower nach dem Angriff zeigen würden. Der Beitrag wurde über 500.000 Mal gesehen und hunderte Male geteilt.
Auch auf Telegram und Tiktok verbreiteten sich die Aufnahmen in Sprachen wie Russisch und Chinesisch. Auch deutschsprachige, pro-russische Kanäle griffen sie auf.
Manche Nutzerinnen und Nutzer kommentierten zu dem X-Beitrag jedoch, dass die Aufnahme manipuliert sei. Ein Nutzer fand dieselben Satellitenbilder wie in den Beiträgen – ohne Loch an Deck – beim Kartendienst Google Earth: Die Aufnahme zeigt die USS Eisenhower im Jahr 2023 am Marinestützpunkt Norfolk im US-Bundesstaat Virginia, dem Heimathafen des Schiffes. Das Loch im Beton fand der Nutzer in genau derselben Form in der Bilddatenbank Shutterstock. Selbst die Risse drumherum sind identisch mit den Aufnahmen vom angeblichen Krater auf dem Deck des Schiffs. Offenbar wurde das Loch digital über die Satellitenbilder des Schiffes gelegt.
2. Tiktok-Beitrag verbreitet bearbeitetes Bild der USS Enterprise – und behauptet, es sei die USS Eisenhower
Neben dem Video mit den manipulierten Satellitenbildern verbreitete sich außerdem ein Video auf Tiktok mit der Behauptung „Flugzeugträger der USA schwer getroffen durch die Löwen des Jemen“. Es zeigt drei Bilder, die Rauchwolken und Feuer auf einem Schiff zeigen. Das Video wurde über 40.000 Mal gesehen und etliche Nutzerinnen und Nutzern hinterfragen die Bilder. „Das ist nicht USS Dwight D. Eisenhower“, kommentiert einer.
Das erste Bild im Video zeigt eine Explosion auf dem Deck eines Flugzeugträgers. Über eine Bilderrückwärtssuche finden sich vor allem Bilder von anderen brennenden Schiffen. Schränkt man bei der Suche auf Google jedoch den zu durchsuchenden Bereich auf die linke Bildhälfte ein, finden sich auch ähnliche Aufnahmen desselben Schiffes – allerdings ohne die Explosion.
Diese weisen es jedoch als die USS Enterprise aus, einen Flugzeugträger der United States Marine, der seit 2017 außer Dienst gestellt ist. In der Datenbank Wikimedia findet sich das unbearbeitete Originalbild aus dem Jahr 2004. Dass es sich um dasselbe Bild handelt, lässt sich an den identischen Wellen unter dem Schiff erkennen. Die angebliche Explosion wurde nachträglich hinzugefügt.
3. Bild mit Rauchschwaden zeigt den 2021 gesunkenen Chemiefrachter X-Press Pearl
Das Schiff, das auf dem nächsten Bild im Tiktok-Beitrag zu sehen ist, ist durch ein Feuer in so dichten Rauch gehüllt, dass es kaum noch zu erkennen ist. In den Kommentaren schreibt ein Nutzer bereits, dass es sich dabei um keinen Flugzeugträger, sondern ein Containerschiff handele.
Die Aufnahme wird schon länger im Zusammenhang mit Huthi-Angriffen im Roten Meer verbreitet: Im Januar 2024 wurde behauptet, sie zeige einen US-Frachter nach einem Angriff der Huthi-Miliz, wie wir berichteten. Über eine Bilderrückwärtssuche finden sich zudem Medienberichte von 2023, die ein Video des brennenden Schiffes auf X verlinken. Es zeigt ebenfalls dasselbe Schiff – damals angeblich das Handelsschiff „MSC United“ im Roten Meer, ebenfalls nach einem Huthi-Angriff. Doch das alles stimmt scheinbar nicht.
Sucht man auf Google nach „burning container ship“, zeigt die Suchmaschine diverse Bilder von brennenden Containerschiffen, bei denen dieselben weißen Streifen am Bug und derselbe Kranaufbau wie bei dem Schiff in dem Video zu erkennen sind. Es handelt sich dabei um die havarierte X-Press Pearl, einen Chemiefrachter, der 2021 vor der Küste Sri-Lankas ausbrannte und sank.
4. Foto eines verwüsteten Decks zeigt die USS Forrestal, auf der 1967 ein Feuer ausbrach
Was steckt hinter dem letzten Bild in dem Tiktok-Beitrag? Eine Bilderrückwärtssuche zeigt, dass das verwendete Bild bereits 2005 bei der Fotoagentur Getty Images hochgeladen wurde. Laut Bildbeschreibung handelt es sich um die USS Forrestal, auf der 1967 ein großes Feuer ausbrach, nachdem die Rakete eines Kampfjets versehentlich an Deck abgefeuert wurde. Das Bild ist also rund 60 Jahre alt.
Keine Belege, dass die USS Eisenhower wirklich getroffen wurde
Fazit: Nur eine der überprüften Aufnahmen zeigt wirklich die USS Eisenhower, sie wurde jedoch manipuliert. Die anderen Aufnahmen stehen nicht in Zusammenhang mit den Angriffen durch Huthi im Roten Meer, sie zeigen ältere Aufnahmen von anderen Flugzeugträgern und einen vor Jahren gesunkenen Chemiefrachter.
Gegenüber Reuters und CBSNews dementierten die US-Marine und das Verteidigungsministerium einen Treffer.
Rund eine Woche nach dem vermeintlichen Angriff zeigte eine Aufnahme die USS Eisenhower bei einem laut der französischen Armee internationalen Übungsmanöver im Roten Meer. Ende Juni wurde der Flugzeugträger in seine Heimat zurückbeordert, nachdem sein Einsatz mehrfach verlängert wurde.
Aus der Datenbank Vesselfinder geht hervor, dass die USS Eisenhower am 4. Juli vor dem Roten Meer an der Straße von Gibraltar gemeldet wurde. Am 14. Juli wurde sie in ihrem Heimathafen in Norfolk im US-Bundesstaat Virginia registriert.
Redigatur: Sarah Thust, Viktor Marinov