Faktencheck

Landtagswahl Sachsen: Mit ausgefüllten Stimmzetteln ins Wahllokal geschlichen? Das steckt dahinter

Auf X behauptete ein Nutzer in der Nacht vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen, er habe sich „mit hunderten ausgefüllten Wahlzetteln“ in ein sächsisches Wahllokal geschlichen. Der Beitrag ist offenbar ein Scherz, es finden sich keine Belege, dass tatsächlich jemand versucht hätte, die Wahl so zu manipulieren.

von Max Bernhard

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Teils nehmen Nutzerinnen und Nutzer diesen Beitrag, in dem jemand vorgibt Wahlbetrug zu planen, ernst – es handelt sich aber höchstwahrscheinlich um einen Scherz (Quelle: X; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Nutzer auf X behauptet, er habe sich vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am 1. September mit hunderten ausgefüllten Stimmzetteln in ein sächsisches Wahllokal geschlichen.
Bewertung
Unbelegt. Das X-Profil, das den Beitrag teilte, verbreitet häufig satirische Inhalte. Das Büro des Landeswahlleiters Sachsen erklärt, es lägen keine Informationen vor, dass jemand sich gestern unbefugt Zugang zu einem Wahllokal verschafft hätte. Laut Wahlverordnung muss sich der Wahlvorstand außerdem zusätzlich vor Beginn der Wahlen vergewissern, dass die Urne leer ist. Sie legt auch fest, dass die Zahl der abgegebenen Stimmen direkt nach der Wahl mit dem Wählerverzeichnis abzugleichen ist.

„Ich habe mich mit hunderten ausgefüllten Wahlzetteln in ein sächsisches Wahllokal geschlichen. Morgen wird es wohl ne dicke Überraschung geben“, heißt es in einem X-Beitrag vom 31. August, der mehr als 300.000 Mal angezeigt wurde. Ein Foto dazu zeigt einen leeren Raum mit einer Wahlurne. Erklärt hier wirklich jemand die Absicht, Wahlbetrug zu begehen? Viele Nutzerinnen und Nutzer sehen in dem Beitrag einen Scherz, andere nehmen ihn jedoch ernst. So kommentiert zum Beispiel einer: „@PolizeiSachsen bitte den Sachverhalt einmal kontrollieren, starker demokratischer Verstoß!“

Der Beitrag ist jedoch höchstwahrscheinlich satirisch gemeint, so wie viele der anderen Inhalte, die das Profil verbreitet. „Uns liegt derzeit keine Information vor, dass jemand sich gestern unbefugt Zugang zu einem Wahllokal verschafft hätte,“ erklärte Thomas Wolf vom Büro des Landeswahlleiters in Sachsen auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck (Stand 1. September, 15 Uhr). Die Vorgaben der Wahlverordnung machen so einen Betrug außerdem nahezu unmöglich.

Wahlvorstand stellt vor der Wahl sicher, dass die Urne leer ist

Wo genau das Foto aufgenommen wurde, konnten wir nicht herausfinden. Vor Beginn der Stimmabgabe muss sich der Wahlvorstand laut Landeswahlverordnung vergewissern, dass die Wahlurne leer ist, bevor sie dann vom Wahlvorsteher oder der Wahlvorsteherin verschlossen wird. Laut Verordnung müssen während der Wahl immer mindestens drei Mitglieder des Wahlvorstandes anwesend sein und die Wahlurne darf nicht mehr geöffnet werden. Die Wahl findet außerdem öffentlich statt.

Direkt nach der Wahl muss laut der Verordnung die Zahl der abgegebenen Wahlscheine mit der Zahl der Stimmabgabevermerke, sprich der Wahlberechtigten, im Wählerverzeichnis verglichen werden: „Ergibt sich dabei auch nach wiederholter Zählung keine Übereinstimmung zwischen den Zahlen der abgegebenen Stimmzettel und der Stimmabgabevermerke und Wahlscheine, ist dies in der Wahlniederschrift zu vermerken und, soweit möglich, zu erläutern.“ Hunderte zusätzliche Wahlscheine in einer Urne würden also sofort auffallen.

Die Polizei Sachsen antwortete bis Veröffentlichung nicht auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck.

Beitrag über Wahlzettel stammt von Satire-Profil

Der X-Account, der den Beitrag teilte, verbreitet häufig satirische Beiträge – auch Shitposts genannt. Nachdem die Person dahinter behauptete, sie habe sich in das sächsische Wahllokal geschlichen, gab sie sich in einem anderen Beitrag wenige Stunden später als Wahlhelfer in Thüringen aus: „Das Wahllokal wird von der AfD betreut. Die sind auch für Essen und Getränke für uns Wahlhelfer zuständig. Und das hier sollen wir uns für die kommenden 8 Stunden einteilen. Danke für nichts.“ In dem Beitrag ist ein Foto von einer Scheibe Wurst und einer einzelnen Essiggurke zu sehen. Es stammt ursprünglich vom Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung Falter.

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Redigatur: Uschi Jonas, Paulina Thom