Bundestagswahl 2025

3,5 Millionen Wählerstimmen aus dem Ausland einfach „weg“? Warum das nicht stimmt

In Tiktok-Beiträgen heißt es nach der Bundestagswahl, 3,5 Millionen Deutsche im Ausland hätten ihre Wahlunterlagen zu spät bekommen. Doch bekannt ist nur, wie viele sich in das Wählerregister haben eintragen lassen – die Zahl liegt deutlich darunter.

von Kimberly Nicolaus

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Laut Bundeswahlleitung werden Wahlunterlagen ohne Nachverfolgung verschickt (Foto: Revierfoto / Picture Alliance / DPA)
Behauptung
3,5 Millionen Deutsche, die im Ausland leben, hätten ihre Wahlunterlagen zu spät bekommen. Diese Stimmen seien „weg“.
Bewertung
Falsch. Etwa 213.000 Auslandsdeutsche waren bis zum 21. Februar 2025 in ein Wählerverzeichnis zur Bundestagswahl eingetragen, das müssen sie tun, um wählen zu können. Wie viele davon ihre Unterlagen zu spät erhalten haben, ist laut Bundeswahlleiterin nicht bekannt, weil Wahlunterlagen nicht mit einer Nachverfolgung verschickt werden.

Deutsche, die im Ausland leben, berichteten vor der Bundestagswahl von Schwierigkeiten, ihre Stimme abzugeben. Das lag daran, dass ihre Briefwahlunterlagen erst spät oder gar nicht ankamen oder die Rücksendung mit der Post zu lange dauerte.

Wie viele Wahlberechtigte von solchen Vorfällen betroffen sind, weiß jemand auf Tiktok scheinbar ganz genau. Denn in gleich mehreren Videos heißt es, Millionen Wählerstimmen seien „weg“ und „3,5 Millionen Deutsche, die im Ausland leben, haben ihre Wahlunterlagen zu spät bekommen“. Allein ein Video mit der Behauptung erreichte über eine halbe Millionen Aufrufe, inzwischen ist es gelöscht. Die Tonspur mit der Behauptung kursiert aber weiter. 

Unsere Recherche zeigt: Die Zahl der Betroffenen kann bei der Bundestagswahl 2025 nicht so hoch liegen wie behauptet.

In mehreren Videos auf Tiktok verbreitet sich die Falschbehauptung, dass 3,5 Millionen Deutsche, die im Ausland leben, ihre Wahlunterlagen zu spät bekommen hätten
In mehreren Videos auf Tiktok verbreitet sich die Falschbehauptung, dass 3,5 Millionen Deutsche, die im Ausland leben, ihre Wahlunterlagen zu spät bekommen hätten (Quelle: Tiktok; Screenshot, Unkenntlichmachung und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Wie viele wahlberechtigte Deutsche im Ausland leben, ist nicht bekannt

Grundsätzlich kommen zwei Gruppen von Wahlberechtigten im Ausland dafür in Frage, von zu spät eingetroffenen Wahlunterlagen betroffen zu sein. Das sind zum einen Wahlberechtigte, die im Ausland leben und keinen Wohnsitz in Deutschland haben, die sogenannten Auslandsdeutschen. Zum anderen sind das Wahlberechtigte, die nur vorübergehend im Ausland leben und weiterhin einen Wohnsitz in Deutschland haben. 

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es: „Da es im Ausland keine gesetzliche deutsche Meldepflicht gibt, sind keine verlässlichen Statistiken zur Zahl der Deutschen im Ausland verfügbar. Schätzungen gehen von 3 bis 4 Millionen Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft aus, die im Ausland leben. Wie viele der Deutschen im Ausland wahlberechtigt sind, wird nicht erfasst.“

Wie die Bundeswahlleiterin auf ihrer Webseite schreibt, werden Wahlunterlagen für Wahlberechtigte, die nur vorübergehend im Ausland leben, an die deutsche Wohnanschrift verschickt oder, auf Antrag, an die ausländische Adresse. Auch die Zahl der Wahlberechtigten, die vorübergehend im Ausland leben, ist nicht bekannt, wie uns die Bundeswahlleiterin auf Anfrage mitteilt.

Auslandsdeutsche müssen sich ins Wählerverzeichnis eintragen lassen, das taten knapp 213.000 

Bei der Zahl der Auslandsdeutschen gibt es aber zumindest einen Anhaltspunkt. Um an der Bundestagswahl teilzunehmen, mussten sich Auslandsdeutsche in ein Wählerverzeichnis eintragen lassen. Dafür mussten sie einen Antrag bei der zuständigen Gemeinde stellen. Das haben bislang über 213.255 Auslandsdeutsche getan (Stand: 21. Februar 2025).

Auf Nachfrage schreibt die Bundeswahlleiterin: „Die endgültige Gesamtzahl wird uns erst bekannt sein, wenn die Unterrichtungen durch die Gemeindebehörden abgeschlossen sind.“ Sie würden sich noch „geringfügig erhöhen“.

Bundeswahlleiterin: Sendungen der Briefwahlunterlagen haben keine Nachverfolgung

Auf die Frage, wie viele der über 213.255 Auslandsdeutschen ihre Wahlunterlagen zu spät erhalten haben, antwortet uns die Bundeswahlleiterin: „Das ist nicht bekannt. Der Versand der Briefwahlunterlagen erfolgt durch die Gemeindebehörden. Wollte man die rechtzeitige Zustellung aller Briefwahlunterlagen im In- und Ausland monitoren, müsste man alle Sendungen mit Nachverfolgung vornehmen.“

Für die Behauptung, 3,5 Millionen Deutsche im Ausland hätten ihre Wahlunterlagen angeblich zu spät bekommen, gibt es also keine Datengrundlage. Bekannt ist lediglich, dass etwa 213.000 Deutsche im Ausland im Wählerverzeichnis zur Bundestagswahl eingetragen waren.

Was die Probleme mit der Briefwahl von Auslandsdeutschen für den Ausgang der Wahl bedeuten könnte, haben wir hier berichtet.

Alle Faktenchecks rund um die Bundestagswahl 2025 lesen Sie hier.

Redigatur: Matthias Bau, Sophie Timmermann

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Teilnahme an der Bundestagswahl für Deutsche im Ausland, Auswärtiges Amt: Link (archiviert)
  • Briefwahl zur Bundestagswahl 2025, Bundeswahlleiterin: Link (archiviert)
  • Deutsche im Ausland, Bundeswahlleiterin: Link (archiviert)
  • Bundestagswahl 2025: Wahlteilnahme von Auslandsdeutschen, Bundeswahlleiterin: Link (archiviert)
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