Faktencheck

Tiktok-Videos verbreiten Falschmeldung über Vergewaltigung in Leipzig – Polizei dementiert

Angeblich haben in Leipzig mehrere Jugendliche ein Kind „auf offener Straße“ vergewaltigt und die Tat gefilmt. Das behauptet jedenfalls ein Video, das auf Tiktok hunderttausende Mal gesehen wurde. Laut Polizei Leipzig ist die Geschichte jedoch erfunden.

von Sarah Thust

Leipzig angebliche Vergewaltigung erfunden
Im Netz kursiert eine erfundene Geschichte über eine angebliche Vergewaltigung in Leipzig (Quelle: Tiktok; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
In Leipzig hätten „am Mittwoch“ um 15:30 Uhr mehrere Jugendliche eine Achtjährige auf offener Straße vergewaltigt und die Tat gefilmt. Die Täter seien trotz Großfahndung noch nicht gefasst.
Bewertung
Falsch. Laut Polizeidirektion Leipzig handelt es sich um eine erfundene Geschichte. Auch eine Internetrecherche liefert keine Hinweise, dass sich so eine Tat ereignet haben soll. Das Video liefert keine konkreten Hinweise auf einen Ort oder ein Datum. Zu sehen sind darin nur alte Symbolbilder.

Hinweis: Es geht in diesem Text um Schilderungen sexualisierter Gewalt. 

Ein Video zeigt Bilder von Polizei-Einsätzen, dazu schildert eine Stimme Details einer angeblichen Vergewaltigung einer Achtjährigen in Leipzig. Wo und wann genau sich die Tat ereignet haben soll, wird nicht gesagt. Einer der ersten Verbreiter des Videos ist ein Tiktok-Account, der seit Ende Februar täglich über Mord, Vergewaltigung und Geflüchtete oder Asylbewerber postet. Das Profil mit koreanischem Namen teilte das Video am 7. März 2025. 

Unter einem Facebook-Beitrag mit dem Video sammeln sich Hass und Hetze. Auf X fragt ein Nutzer: „@DasErste @ZDF Warum hört man darüber nichts bei euch“? 

Facebook-Beitrag über den Leipzig-Fake auf Tiktok, darunter Hass und Hetze
Der Beitrag macht Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock für die erfundene Tat verantwortlich – dabei gab es den Vorfall nicht (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Polizeidirektion Leipzig spricht von einer Falschmeldung

Auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck teilte eine Mitarbeiterin der Polizeidirektion Leipzig mit, dass in den vergangenen Tagen mehrere Hinweise auf die Videos eingegangen seien. „Sie wurden intensiv geprüft und es handelt sich um eine erfundene Geschichte.“ Es seien Ermittlungen wegen „Vortäuschens einer Straftat“ aufgenommen worden, um die Urheber der Falschmeldung zu identifizieren. 

Was ebenfalls skeptisch machen sollte: Über eine Internetrecherche finden sich keine aktuellen Medienberichte über eine solche Vergewaltigung – und es finden sich auch keine Hinweise der Polizei auf die angebliche Tat oder die vermeintlich flüchtigen Tatverdächtigen. 

Bilder im Video zeigen Polizei in Leipzig, doch sie sind alt und in keinem der Fälle ging es um eine Vergewaltigung

Wir haben auch die Fotos im Video zur Falschbehauptung per Bilder-Rückwärtssuche ausfindig gemacht. Die Bilder stammen alle aus Leipzig, sind jedoch Monate oder teils Jahre alt. Sie alle haben mit einer angeblichen Vergewaltigung nichts zu tun. 

Bild 1 wurde im November 2024 über die Nachrichtenagentur DPA veröffentlicht und zeigt einen Polizeieinsatz in Leipzig, bei dem ein toter Mann aus der Weißen Elster geborgen wurde. Bild 2 zeigt ein altes Symbolfoto der Leipziger Zeitung aus 2021 und hat gar keinen Bezug zu einer Straftat. Bild 3 und 4 zeigen einen Polizeieinsatz im Oktober 2024, nachdem ein Mädchen seine Schwester mit einem Messer angegriffen hatte. 

Bildcollage zeigt vier Archivfotos aus Leipzig
Alle Bilder stammen aus Leipzig, keines davon steht im Zusammenhang mit einer angeblichen Vergewaltigung eines achtjährigen Kindes (Fotografen: Erik-Holm Langhof / l-iz.de / Hendrik Schmidt via DPA / Johannes Proft; Collage und Nummerierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Mitarbeit: Laura Seime
Redigatur: Paulina Thom, Steffen Kutzner