Video zeigt keine Explosion in Syrien, sondern einen israelischen Luftangriff im Libanon
Ein Video soll angeblich die Explosion einer Fassbombe in einer Küstenstadt in Syrien im März 2025 zeigen. Das stimmt nicht, die Aufnahme ist alt und entstand im Libanon.

Inmitten von Gefechten zwischen Truppen der neuen syrischen Übergangsregierung und Anhängern der Assad-Diktatur kursiert am 7. März 2025 das Video einer großen Explosion in Sozialen Netzwerken. Laut dem X-Profil „Militär News“ soll es angeblich zeigen, wie die Übergangsregierung Fassbomben auf zivile Wohnviertel in den westlichen Küstenstädten geworfen habe. Teils wird dazu behauptet, die islamistische Miliz Hay’at Tahrir al-Sham (HTS) greife aus religiösen Motiven Minderheiten an.
Die Behauptung verbreitete sich in deutscher Sprache auch auf Facebook und Telegram – manche Medien in Italien oder dem Iran griffen das Video ebenfalls auf. Wer das Video zuerst im Kontext der Kämpfe in Syrien teilte, ist unklar.
Doch die Aufnahme hat mit Syrien nichts zu tun, sie ist älter und entstand im Libanon.
Eine Bilder-Rückwärtssuche zeigt: Ein Bild aus dem Video führt zu einem X-Beitrag, laut dem das Video schon am 26. November 2024 auf X geteilt wurde. Der gezeigte Beitrag von damals von Al Jadeed News, einem libanesischen TV-Sender enthält das Video und ist nach wie vor abrufbar. Auf Instagram teilte LBCI Lebanon News das Video ebenfalls am 26. November 2024.

Video zeigt einen Angriff im Libanon im November 2024
Mehrere Faktenchecks liefern weiteren Kontext. Laut dem US-amerikanischen Sender CNN, der französische Nachrichtenagentur AFP und der arabische Faktencheck-Organisation Misbar, zeigt das Video einen israelischen Angriff im Gebiet Qousaya in der Bekaa-Ebene im Libanon. Einen Tag später trat ein vorübergehendes Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der im Libanon aktiven Hisbollah in Kraft. Dass dabei eine Fassbombe explodiert sei, steht in den Berichten nicht.

Fassbomben sind improvisierte Sprengsätze, die viel Sprengstoff enthalten und teils mit Metallteilen gefüllt werden – in dicht besiedelten Regionen richten sie große Schäden an. Bekannt für deren Einsatz war laut Berichten der Vereinten Nationen und von Menschenrechtsorganisationen das Militär des ehemaligen syrischen Diktators Baschar al-Assad – sie wurden demnach regelmäßig gegen die eigene Zivilbevölkerung eingesetzt.
Syrisches Netzwerk für Menschenrechte: Mehr als 1.000 Tote bei Zusammenstößen in Syrien im März 2025
Der ehemalige Präsident Baschar al-Assad, der der alawitischen Minderheit in Syrien angehörte, ist zwar nicht mehr im Land, doch seine Anhänger sind in einigen Regionen Syriens noch bewaffnet und aktiv. Am 6. März kam es, wie unter anderem ZDF und die Tagesschau einordneten, zu Zusammenstößen dieser Gruppen mit syrischen Sicherheitskräften in der Region um Tartus und Latakia an der syrischen Küste. Die Übergangsregierung entsendete Truppen und verhängte Ausgangssperren, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen.
Laut der Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die in Großbritannien sitzt und den Konflikt über ein Netzwerk aus Informanten verfolgt, kamen bei den Zusammenstößen hunderte Menschen ums Leben. Darunter auch viele Zivilisten, die der alawitischen Minderheit angehören. Laut Medienberichten hat die syrische Übergangsregierung daraufhin eine Untersuchungskommission angekündigt, die die Gewalt untersuchen soll. Menschenrechtsorganisationen fordern weitere Ermittlungen.
Redigatur: Gabriele Scherndl, Max Bernhard