Faktencheck

Nein, die AfD hat Ende April 2025 keine Neuwahlen vor Gericht gesichert

Während die Abstimmungen von Union und SPD über den Koalitionsvertrag noch laufen, heißt es in viralen Tiktok-Videos: Neuwahlen seien gesichert, weil die AfD vor Gericht gewonnen habe. Das stimmt nicht.

von Kimberly Nicolaus

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Anders als behauptet, gibt es diese Eilmeldung nicht. Ende April 2025 hat das Bundesverfassungsgericht keiner Wahlprüfungsbeschwerde der AfD stattgegeben. (Quelle: Tiktok; Screenshot, Collage und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Die AfD habe vor Gericht gewonnen und Neuwahlen gesichert.
Bewertung
Falsch. Es gibt kein solches Urteil des zuständigen Bundesverfassungsgerichts.

Im April einigten sich Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag, über den die SPD-Mitglieder bis Ende des Monats abstimmen. Der CDU-Bundesausschuss stimmte bereits für den Vertrag. Tage zuvor zeichneten mehrere Tiktok-Videos jedoch ein anderes Bild: Darin ist die Rede von angeblichen Neuwahlen. „Eilmeldung!!! Die AfD gewinnt vor Gericht und sichert Neuwahlen!“, heißt es. 

Die Videos erreichten knapp eine Million Aufrufe und verbreiteten sich auch auf Instagram. Eine Nutzerin kommentierte: „Hoffentlich stimmt das.“ Andere fragten nach der Quelle der Behauptung oder wollten wissen, wann die Neuwahlen sind. Anders als behauptet, gab es jedoch keinen solchen Sieg der AfD vor Gericht und damit auch keinen Beschluss für Neuwahlen.

Auf Tiktok kursieren im April 2025 mehrere Videos, in denen fälschlich behauptet wird, die AfD habe Neuwahlen gesichert (Quelle: Tiktok; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)
Auf Tiktok kursieren im April 2025 mehrere Videos, in denen fälschlich behauptet wird, die AfD habe Neuwahlen gesichert (Quelle: Tiktok; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Videos selbst liefern keine Belege für angebliche Neuwahl 

Schon die Tonspur der Videos verrät, dass an der Behauptung etwas nicht stimmt. Die mutmaßlich mit Künstlicher Intelligenz generierte Stimme führt keinerlei Belege dafür an, dass die AfD vor Gericht gewonnen habe und es deshalb Neuwahlen gebe. Im Gegenteil: Das Wort „Gericht“ taucht in der Tonspur nicht einmal auf. Und: Es gibt auch keine Medienberichte über eine etwaige Neuwahl Ende April 2025.

Es gibt bislang kein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu Beschwerden zur Bundestagswahl 2025 

Wie die Bundeswahlleiterin auf ihrer Webseite informiert, ist das für Wahlprüfungsverfahren zuständige Gericht das Bundesverfassungsgericht. Hätte also die AfD vor Gericht gewonnen und Neuwahlen gesichert – wie behauptet wird – dann müsste es eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geben. Doch die gibt es nicht

Das Grundgesetz schreibt vor, dass das Bundesverfassungsgericht über Wahlprüfungsbeschwerden erst in zweiter Instanz entscheidet. Zuvor liegt der Einspruch beim Wahlprüfungsausschuss des Bundestags und dessen Abgeordnete stimmen darüber ab. Wie das Pressereferat des Bundestags auf Anfrage mitteilt, werden die 994 eingegangenen Einsprüche zur Bundestagswahl 2025 vom Wahlprüfungsausschuss des 21. Deutschen Bundestags geprüft und dieser müsse vom Plenum noch gewählt werden (Stand: 28. April 2025). Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen den Beschluss des Bundestags kann dann laut Bundesverfassungsgerichtsgesetz innerhalb von zwei Monaten eingereicht werden. 

Dass es jetzt schon ein Gerichtsurteil über Wahlprüfungsbeschwerden zur Bundestagswahl 2025 gibt, ist demnach ausgeschlossen. 

Februar 2025: Bundesverfassungsgericht verwirft AfD-Wahlprüfungsbeschwerde aus 2021 zu Grünen-Frauenstatut 

Am 3. Februar 2025 hat das Bundesverfassungsgericht eine ältere Beschwerde der AfD verworfen. Darin ging es um einen Einspruch zur Bundestagswahl 2021, der vom Bundestag auf Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses bereits am 30. März 2023 als unbegründet zurückgewiesen wurde. 

Die AfD begründete damals ihren Einspruch damit, dass die Zusammensetzung der Grünen-Bundestagsfraktion insbesondere wegen des Frauenstatuts „nicht auf verfassungsmäßige Art und Weise“ zustande gekommen sei. Laut Wahlprüfungsausschuss gilt jedoch: „Die Aufstellung verbindlicher Quotenregelungen durch Parteistatut ist Ausdruck der nach Artikel 21 Absatz 1 Satz 3 GG gewährleisteten Parteienfreiheit.“ Daher seien Frauenquoten in Parteisatzungen wahlrechtlich zulässig, wie unterschiedliche Wahlprüfungsausschüsse zum Beispiel schon 2014 und 2006 erklärten.

Nun hat die AfD erneut Beschwerde gegen das Frauenstatut der Grünen eingereicht. Anders als in weiteren viralen Videos auf Tiktok behauptet, gibt es dazu bislang aber keine Gerichtsentscheidung. 

Redigatur: Max Bernhard, Paulina Thom