Faktencheck

Brennende Solaranlagen? Kreml-nahe Medien verbreiten irreführende Videos zu Spaniens Hitzewelle

In einem Video sollen brennende Solaranlagen und solarbetriebene Straßenlaternen in Spanien während der aktuellen Hitzewelle zu sehen sein. Das ist falsch: Ein Großteil der Aufnahmen ist alt, manche stammen aus China.

von Max Bernhard

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In einem Video von „Infrarot Medien“ sollen Aufnahmen von brennenden Solaranlagen und solarbetriebenen Straßenlaternen in Spanien während der aktuellen Hitzewelle zu sehen sein (Quelle: Telegram; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
In einem Video sei zu sehen, wie in Spanien wegen der Hitzewelle Solaranlagen und solarbetriebene Straßenlaternen brennen. Die Hitze lasse ein chemisches Element entstehen, das im Kontakt mit Lithium eine kleine Explosion auslöse.
Bewertung
Falsch. Die Aufnahmen aus dem Video sind zum Großteil alt, anderswo entstanden oder es sind gar keine Solarmodule oder Feuer zu erkennen. Experten erklärten auf Nachfrage, dass solche Brände unwahrscheinlich seien. Solarmodule enthalten kein Lithium und in Sommerhitze entstehen auch keine neuen Elemente.

Während Spanien im August eine schwere Hitzewelle und verheerende Waldbrände erlebt, verbreitet sich ein Video in Sozialen Netzwerken, das dort angeblich Solaranlagen und solarbetriebene Straßenlaternen zeigen soll, die brennen oder explodieren. „Die hohen Temperaturen führen zur Bildung einer hochreaktiven chemischen Verbindung oder eines aktivierten Elements, das bei Kontakt mit Lithium kleinere Explosionen verursachen kann“, heißt es in Beiträgen dazu.

Unsere Recherche zeigt jedoch: Die meisten Aufnahmen aus dem Video sind alt, anderswo entstanden oder es sind gar keine Solarmodule zu erkennen. Hinter dem Video steckt die Kreml-nahe Publikation „Infrarot Medien“. Auch das staatliche russische Nachrichtenportal Sputnik verbreitete das Video.

Aufnahmen sind alt, stammen aus China oder zeigen gar keine Solarmodule  

In dem Video sind sieben verschiedene Aufnahmen zu sehen. Die erste zeigt eine brennende Solaranlage auf einer Wiese. Eine Bilder-Rückwärtssuche zeigt: Diese Aufnahme ist mehrere Jahre alt und findet sich schon seit 2021 ohne Ortsangaben im Netz. Ob die Aufnahme Spanien zeigt, ist unklar, aktuell ist sie auf jeden Fall nicht.

Die erste Aufnahme aus dem Video (links), findet sich schon seit 2021 im Netz (rechts) (Quelle: X, Facebook; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Die zweite Aufnahme aus dem Video zeigt rauchende beziehungsweise dampfende Laternen entlang einer Straße. Auch dieser Clip hat mit der aktuellen Hitzewelle in Spanien nichts zu tun. Es sind auch keine Solarmodule zu erkennen.

Im Video (links) sind wohl keine brennenden solarbetriebenen Straßenlaternen zu sehen, sondern solche, die einen Wassernebel versprühen (rechts) – Ort ist mutmaßlich nicht Spanien, sondern China (Quelle: X / Sina; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Bilder-Rückwärtssuchen führen zu chinesischen Beiträgen, die ebenfalls behaupten, es seien brennende Solarmodule zu sehen. In einem Video wird jedoch erklärt: Die Laternen an einer Straße in Chongqing brennen nicht, sondern versprühen Wassernebel. Tatsächlich finden sich Medienberichte und Beiträge, wonach in der Stadt so ein System installiert wurde, um Staub in der Luft zu reduzieren oder diese zu kühlen. Die Lampen und der Sprühnebel aus den Berichten sehen aus wie im Video.

Auch die dritte Aufnahme aus dem Video zeigt offenbar solche Straßenlaternen in Chongqing. Über eine Bilder-Rückwärtssuche finden wir einen Beitrag mit einem längeren Ausschnitt der Aufnahme von 2021. Darin ist ein vorbeifahrendes Auto mit einem chinesischen Kennzeichen zu erkennen. In den Kommentaren schreiben Nutzerinnen und Nutzer, dass es sich bei dem Tunneleingang um den Bishan-Tunnel in Chongqing handelt und weisen auf die „Sprüh-Laternen“ hin. Tatsächlich sehen die Straße und die Lampen dort so aus wie im Video, wie ein Vergleich mit Bildern von Baidu Maps zeigt.

Auch die dritte Aufnahme aus dem Video zeigt höchstwahrscheinlich China und ist zudem Jahre alt (Quelle: X / Douyin; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Aufnahme Nummer vier zeigt offenbar ebenfalls so ein Sprühsystem. Denn keines der Solarmodule, die darin zu sehen sind, raucht oder brennt. Dagegen kommt der „Rauch“ einheitlich aus einzelnen dünnen Rohren unterhalb der Solarmodule. In einer Version der Aufnahme (ab Sekunde 5) lassen sich außerdem nasse Stellen direkt unter den Masten auf der Straße erkennen, was für das Versprühen von Wasserdampf spricht. Wann und wo die Aufnahme entstanden ist, konnten wir nicht verifizieren.

Auch in diesem Video ist sehr wahrscheinlich ein Sprühsystem zu sehen und nicht wie behauptet brennende Solarmodule in Spanien (Quelle: X / Tiktok; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Der fünfte und siebte Clip aus dem Video kursierten schon Mitte Juli 2025 im Netz, also noch vor Beginn der Hitzewelle in Spanien. Darin sind offenbar tatsächlich brennende solarbetriebene Laternen, vermutlich ebenfalls in China, zu sehen.

Die sechste Aufnahme zeigt eine brennende Straßenlaterne mit Solarmodul. Sie ist jedoch ebenfalls schon mehrere Jahre alt. Über eine Bilder-Rückwärtssuche finden wir einen chinesischen Beitrag damit von 2021.

Auch dieser Clip aus dem Video ist Jahre alt (Quelle: X / Douyin; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Experten: Selbstentzündung von Solaranlagen durch Hitze ist Unsinn 

Wie sieht es mit der Behauptung aus, dass die Hitze „ein chemisches Element“ entstehen lasse, das im Kontakt mit Lithium eine kleine Explosion auslöst? „Die angebliche Selbstentzündung von Solarmodulen durch Hitzeeinwirkung ist völliger Unsinn“, schreibt uns Volker Quaschning, der an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin zu Regenerativen Energiesystemen forscht und Gründungsmitglied der „Scientists for Future“ ist.

Solaranlagen gasen keine hochreaktiven Verbindungen aus und Lithium werde auch gar nicht in herkömmlichen Solaranlagen verwendet. „Inzwischen stehen enorme Mengen an Solaranlagen in Wüstenregionen, in denen es zum Teil noch heißer als in Spanien ist. Wenn es das Problem in Spanien wirklich geben würde, müsste es rund um den Globus permanent brennen“, schreibt er uns.

Auch Roland Scheer vom Institut für Physik der Universität Halle erklärt uns, dass Solaranlagen selbst kein Lithium enthalten und daher auch nicht explodieren würden. Der Stoff werde in Batterien eingesetzt und sei an der Luft hochreaktiv. Deshalb müssten Temperaturen über 60 Grad vermieden werden. Es wäre denkbar, dass Lithium-Ionen Batterien mit Photovoltaikanlagen kombiniert seien und es so zu einem Brand kommen könnte. Auch durch „fehlerhafte elektrische Kontaktierung“ könne es bei Photovoltaik-Anlagen zu Bränden kommen. Diese seien aber im Vergleich zur hohen Anzahl von Solaranlagen auf der Welt selten.  

In mehreren Beiträgen mit dem Video wird außerdem eine weitere Behauptung aufgestellt, die keinen direkten Zusammenhang zu dem Video hat: Für den Bau großer Solaranlagen in Andalusien, im Süden Spaniens, seien tausende alte Olivenbäume gerodet worden. Laut der spanischen Faktencheck-Redaktion Maldita ist das ein häufiges Narrativ. In der andalusischen Provinz Jaen habe es demnach tatsächlich einen Fall gegeben, bei dem tausende Bäume gerodet wurden. Daten zeigten aber auch, dass es in Spanien im Jahr 2025 2,6 Prozent mehr Olivenbäume geben wird als vor sechs Jahren.

Kreml-naher Blog „Infrarot Medien“ und russisches Staatsmedium veröffentlichten Aufnahmen

Im Video ist das Logo von „Infrarot Medien“ zu sehen. Hinter dem Projekt, welches das Video am 17. August auf Telegram teilte, soll laut einer Recherche des Redaktionsnetzwerks Deutschland der ehemalige Chefredakteur von RT DE, dem einstigen deutschen Ableger des russischen Staatssenders, stehen. Auch andere ehemalige Mitarbeiter von RT DE sind daran beteiligt.

„Infrarot Medien“ antwortete nicht auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck.

Auch das staatliche russische Nachrichtenportal Sputnik verbreitete ein Video mit denselben Aufnahmen wenige Tage nach „Infrarot Medien“ auf seiner Webseite und seinem Telegram-Kanal.

Redigatur: Steffen Kutzner, Paulina Thom

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