Gerüchtekiller #7: Krabbeln Spinnen wieder aus dem Staubsauger raus?
Wenn es kälter wird, scheinen Spinnen vermehrt in die Häuser und Wohnung zu kommen, wo sie bei einigen Menschen Hektik auslösen. Die rücken ihnen dann oft mit einem Staubsauger zu Leibe. Viele fragen sich: Bleiben die Spinnen im Beutel oder können sie wieder entkommen?
In unserer Rubrik „Gerüchtekiller“ gehen wir hartnäckigem Halbwissen und nicht totzukriegenden Gerüchten nach. Das hier ist Nummer 7.
Wenn vor dem Fenster die Temperaturen sinken, steigt hinter dem Fenster die Anzahl der Spinnen; zumindest vermeintlich. Ein beliebtes Mittel, sie loszuwerden, ist der Staubsauger. Dabei plagt nicht nur Arachnophobiker die Frage: Bleiben die Spinnen tatsächlich im Beutel oder können sie wieder herauskrabbeln?
Sterben Spinnen im Staubsauger? Studie schafft Klarheit
Da eine tote Spinne sicher nicht mehr herauskrabbeln wird, stellt sich zuerst die Frage, ob die Tiere das Einsaugen überhaupt überleben. Dazu ist die Datenlage sehr dünn. Eine Antwort findet man in einer Region der Welt, in der es Spinnen gibt, die dem Menschen mit einem Biss tatsächlich schaden können, konkret in Südamerika.
Bei einer 2007 durchgeführten Studie saugten brasilianische Forscher jeweils 60 männliche, weibliche, frisch geschlüpfte und ältere Spinnen der Gattung Loxosceles mit einem Staubsauger ein – keine einzige überlebte.

Die Spinnen sterben gewöhnlich beim Einsaugen aus mehreren Gründen: Sie werden mit etwa 200 Stundenkilometern gegen die Außenwände des Staubsaugerrohrs oder gegen eine Plastikplatte am Ende des Staubsaugerrohrs geschleudert. Die soll Staubsaugerbeutel davor schützen, dass harte, spitze Kleinteile beim Einsaugen Löcher in sie reißen. Sollten die Spinnen das noch überleben, sterben sie im staubigen Beutel, in dem es wenig Sauerstoff, kaum Feuchtigkeit und keine Beute gibt.
Spezielle Klappen verhindern, dass Staub und theoretisch auch Spinnen aus dem Staubsauger herauskommen
Aber die Staubsauger-Ingenieurskunst hat noch ein weiteres Ass im Ärmel: Wie uns mehrere Hersteller erklärten, gibt es seit Jahren sogenannte Rückschlagklappen. Wird der Staubsauger eingeschaltet, öffnen sie sich durch den Luftzug und schließen sich wieder, wenn der Staubsauger ausgeschaltet wird. Die Klappen sollen verhindern, dass Staub oder Keime aus dem Innenraum des Staubsaugers entweichen können und sicherstellen, dass man den Beutel oder Staubfangbehälter gefahrlos wechseln kann.
Fast alle Staubsaugerhersteller verbauen in ihren Modellen solche Klappen. Obwohl sie dafür eigentlich nicht vorgesehen sind, verhindern sie theoretisch auch, dass eingesaugte Spinnen wieder herauskrabbeln.
Gabriele Uhl, Professorin für Zoologie an der Universität Greifswald und Präsidentin der Europäischen Gesellschaft für Arachnologie, hält es nicht für komplett ausgeschlossen, dass eine Spinne aus dem Staubsaugerschlauch krabbelt, allerdings für „sehr unwahrscheinlich“, denn: „Es muss erstens eine robuste Art sein, was die meisten Spinnen, die im Haus leben, nicht sind, zweitens ein ‚klappriger‘ Staubsauger mit sehr wenig Saugkraft“.
Fliegengitter, Glas, Spinnenfänger: Alles bessere Optionen als der Staubsauger
Davon abgesehen: Einen rationalen Grund, die Spinnen aus der Wohnung verbannen zu wollen, gibt es eigentlich nicht, immerhin befreien sie ihre humanoiden Mitbewohner von Fruchtfliegen, Trauermücken, Motten und anderen Schädlingen, wie der nachts im Schlafzimmer beharrlich summenden, aber nie totzukriegenden Mücke.
Wer dem einmal eingezogenen, arachniden Mitbewohner dennoch kündigen will, hat mehrere denkbar einfache und weniger grausame Optionen: etwa Insektengitter an den Fenstern anbringen. Lüftungsöffnungen und selten benutzte Abflüsse in Waschkellern kann man ebenfalls mit Gittern absichern.
Alle Fachleute, die wir gefragt haben, rieten zur klassischen Methode: Glas über die Spinne, ein Stück dickes Papier darunter, und sie draußen, in der Garage oder im Gartenhäuschen freilassen. Wer vor den Spinnen so große Angst hat, dass das Einfangen mit einem Glas keine Option ist, kann einen Spinnenfänger nutzen, also einen Plastikarm, mit dessen Ende man die Spinne aus sicherer Entfernung einfangen und dann rausbringen kann.
Dass sie sofort wieder ins Haus kommen, ist unwahrscheinlich, denn – anders als manche annehmen – sind Innenräume für die meisten Spinnen kein guter Lebensraum, sie wollen also gar nicht ins Haus, auch nicht wenn es kalt wird.
Kommen Spinnen im Herbst vermehrt ins Haus?
Der Eindruck, dass im Herbst und Winter mehr Spinnen ins Haus kommen, ist falsch und entsteht vermutlich nur, weil bei vielen Arten im Herbst Paarungszeit ist und die Männchen dann aktiv auf Partnersuche gehen. Man kann im Herbst also allgemein mehr Spinnen sehen, nicht nur im Haus, sondern auch draußen.
Tatsächlich gibt es in Deutschland nur ein paar wenige synanthrope Spinnenarten, die unsere Häuser brauchen, weil sie eigentlich aus der Mittelmeerregion kommen. Synanthrop bedeutet ungefähr „zusammen mit Menschen lebend“. Diese synanthropen Arten würden erfrieren, wenn man sie bei Minusgraden vor die Tür setzt, wie uns Gabriele Uhl erklärt. Dazu gehören etwa die Große Zitterspinne oder die Speispinne. Eine Liste mit Bildern der synanthropen Arten in Deutschland gibt es hier.

Die meisten Spinnenarten in Deutschland wollen nicht ins Haus
Wenn es kälter wird und häufiger regnet, ziehen sich auch nicht synanthrope Krabbler in geschützte Bereiche zurück, etwa in Laubhaufen, Holzstapel, oder in Spalten an Hauswänden. Von den Wänden verirren sie sich manche durch offene Fenster in die Wohnungen und Häuser. Das ist für sie aber kein guter Lebensraum, es ist zu warm, zu trocken und es gibt zu wenig Beute. Deswegen kommen diese Spinnen, wenn man sie raussetzt, auch nicht wieder gezielt zurück.
Die meisten der in Deutschland vorkommenden 1.000 Spinnenarten leben auch im Winter nicht in den Häusern und sind am Jahresende ohnehin am Ende ihres Lebenszyklus angekommen oder überwintern draußen, wie uns Hubert Höfer von der Arachnologischen Gesellschaft erklärt. Spinnen, die draußen überwintern, bewegen sich auch kaum, weil es keine Beute zu jagen gibt und der Stoffwechsel deshalb stark runtergefahren wird.
Redigatur: Matthias Bau, Paulina Thom