Nein, Rente wird nicht grundsätzlich doppelt besteuert
Seit 2023 können Beiträge zur Altersvorsorge komplett von der Steuer abgesetzt werden. Erst ab 2058 werden außerdem die Renteneinkünfte voll versteuert.

Faktensammlung
Zunächst: Angestellte zahlen ihren Beitrag zur Rentenversicherung nicht komplett aus ihrem Lohn. Etwa die Hälfte wird vom Arbeitgeber übernommen und ist steuerfrei. Vor 2005 wurden die Beiträge zur Rentenversicherung aus versteuertem Einkommen gezahlt, die Rente selbst musste nicht nochmal versteuert werden. Dieses System wurde vorgelagerte Besteuerung genannt. Das bevorteilte aber Beamtinnen und Beamte, weswegen die Regelung geändert werden musste. Jetzt wird die Rente nachgelagert besteuert, das heißt, die Beiträge zur Rente kommen aus dem unversteuerten Einkommen. Versteuert wird die Rente bei ihrer Auszahlung.
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Seit 2005 kann man einen jährlich steigenden Anteil der Beiträge zur Rentenversicherung von der Steuer absetzen, seit 2023 sogar den vollen Betrag. Andersherum muss aber die Rente noch nicht voll versteuert werden, das ist erst 2058 der Fall. Bis dahin steigt der Anteil, der versteuert werden muss, schrittweise.
Welchen Teil der Rente man versteuern muss, hängt vom Jahr des Renteneintritts ab. Laut der Deutschen Rentenversicherung werden bei Rentenbeginn 2020 80 Prozent der Einkünfte versteuert, 2021 sind es 81 Prozent, 82 Prozent in 2022 und so weiter. Wer 2025 in Rente geht, muss 83,5 Prozent seines Einkommens versteuern.
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Der Teil der Renteneinkünfte, der nicht versteuert werden muss, nennt sich Rentenfreibetrag. Dieser Betrag bleibt über die Dauer der Rentenbezüge gleich, auch wenn die Rentensätze in Zukunft angehoben werden.
Die Deutsche Rentenversicherung gibt ein Rechenbeispiel, um das Prinzip zu veranschaulichen: „Maren K., die schon im Jahr 2004 Rente erhielt, bekam im Jahr 2005 eine Jahresbruttorente von 12.000 Euro. Hieraus errechnet sich ihr ‚Rentenfreibetrag‘ in Höhe von 6.000 Euro. Im Jahr 2023 beträgt ihre Jahresbruttorente aufgrund der bisherigen Rentenanpassungen 16.905 Euro. Ihr ‚Rentenfreibetrag‘ bleibt trotzdem bei 6.000 Euro. Damit steigt ihr zu versteuerndes Renteneinkommen von 6.000 Euro auf 10.905 Euro. Aufgrund des steuerlichen Grundfreibetrages (der 10.908 Euro im Jahr 2023 beträgt) muss sie trotzdem keine Steuern zahlen, da sie außer ihrer Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hat.“
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Dieser steuerliche Grundfreibetrag legt generell fest, wieviel Einkünfte ein Mensch in Deutschland maximal haben darf, ohne Steuern zu zahlen. Für das Jahr 2025 liegt er bei 12.096 Euro pro Jahr. Für alles darüber fallen Steuern an. Renten zählen als Einkünfte, deswegen fallen auch sie unter diese Regelung. Wenn man zu Beginn seiner Rentenzeit also keine Steuern zahlen muss, weil der zu versteuernde Anteil unter der Freibetragsgrenze liegt, heißt das nicht, dass man nie zahlen muss: Steigen die Rentensätze und damit auch die Summe des zu versteuernden Anteils über den Grundfreibetrag, ist man steuerpflichtig.
Einen pauschalen Steuersatz, den Rentnerinnen und Rentner auf ihre Rente zahlen müssen, gibt es nicht. Der sogenannte persönliche Steuersatz ist von der individuell gezahlten Einkommensteuer und vom gesamten zu versteuernden Einkommen abhängig, wie die Vereinigte Lohnsteuerhilfe erklärt.
Trotz der Absetzbarkeit von Rentenbeiträgen kann es aber in Einzelfällen zu Doppelbesteuerungen kommen. Das bestätigte der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil von Mai 2021. Zwei Ehepaare hatten geklagt, weil sie sich durch den Wechsel der Besteuerung benachteiligt sahen: Ihre Fälle würden zeigen, dass die Renten mit der Übergangslösung grundsätzlich doppelt besteuert werden, was nicht verfassungskonform sei. Müssten Rentner und Rentnerinnen grundsätzlich doppelt Steuern zahlen, wäre das ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Der BFH sieht das anders: Er bestätigte die 2005 eingeführte Regelung als grundsätzlich verfassungsgemäß. Es sei aber möglich, dass in Einzelfällen die Summe der Steuern auf die Rente unverhältnismäßig höher wäre, als die Entlastungen in der Beitragsphase vorher. Dann könne ein „Anspruch auf Milderung des Steuerzugriffs“ bestehen, hier habe allerdings der Kläger die komplette Beweislast und müsse Nachweise und Berechnungen vorlegen.
Diese Urteile waren Anlass für die damalige Regierung zu entscheiden, Beiträge für die Altersvorsorgeaufwendungen bereits ab 2023 komplett von der Steuer absetzbar zu machen. Außerdem wurde die Übergangsphase zur nachgelagerten Besteuerung bis 2058 verlängert – vorher hätten schon ab 2040 Renteneinkünfte voll versteuert werden müssen.
bundesfinanzhof.de
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Um sicherzugehen, dass die neuen Regelungen keine Gruppen oder Jahrgänge ungleich behandeln, hat das Bundesfinanzministerium externe Gutachten in Auftrag gegeben, die die Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung überprüfen sollten. Beide bestätigen, dass es keine grundsätzliche Doppelbesteuerung der Rente gibt.
Diese Faktensammlung haben Mitglieder der Faktenforum-Community recherchiert. Redaktion: Sara Pichireddu; Redigatur: Matthias Bau