Hintergrund

HoGeSatzbau verbreitet Porträts mit der Aufschrift „Ich bin verantwortlich für den Tod Walter Lübckes“

Die Seite „Hooligans gegen Satzbau“ verbreitet Porträts von Personen, auf denen diese beschuldigt werden, mit Hetze verantwortlich für den Mord an Walter Lübcke zu sein. Ohne Kontext können die Bilder irreführend sein.

von Alice Echtermann

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Die Seite „Hooligans gegen Satzbau“ veröffentlichte auf Facebook insgesamt elf Porträts von Personen und beschuldigte sie, Hetze zu verbreiten. (Screenshot: CORRECTIV)

Insgesamt elf Fotos von verschiedenen Personen hat die Initiative „Hooligans gegen Satzbau“ (HoGeSatzbau) am 19. und 20. Juni auf ihrer Facebook-Seite hochgeladen. Layout und Aufschrift sind immer gleich: „Ich bin verantwortlich für den Tod Walter Lübckes“, steht darauf. Und weiter: „Ich stachle an, verbreite Hetze, akzeptiere und provoziere Enthemmung.“ Zahlreiche Facebook-Nutzer reichten die Bilder als mögliche Falschmeldungen ein. 

So sehen die Bilder im Einzelnen aus – hier das Porträt von AfD-Chef Alexander Gauland. (Screenshot: CORRECTIV)

Abgebildet sind die AfD-Politiker Alexander Gauland, Beatrix von Storch, Alice Weidel, Björn Höcke, Uwe Junge und Stephan Brandner, außerdem Erika Steinbach (parteilos), der NPD-Politiker Udo Voigt, der Schriftsteller Akif Pirinçci, Pegida-Mitgründer Lutz Bachmann und der Chefredakteur der Bild, Julian Reichelt. 

Die Bilder wurden auf Facebook und Twitter unterschiedlich oft geteilt, am häufigsten teilten Nutzer auf Twitter bisher das Foto von Erika Steinbach (mehr als 290 Mal). Auf Facebook wurde das von Alexander Gauland am meisten verbreitet (mehr als 250 Mal). 

Der Beitrag zu Erika Steinbach auf der Twitter-Seite von „HoGeSatzbau“. (Screenshot: CORRECTIV)

Bei HoGeSatzbau handelt es sich um eine Gruppe, die nach eigenen Angaben dem „Rechtsruck“ der Gesellschaft „satirisch entgegenwirken“ möchte. 

Da das Layout aller Fotos identisch ist, wird deutlich, dass HoGeSatzbau den Spruch „Ich bin verantwortlich“ nicht als Zitat der abgebildeten Personen darstellt. HoGeSatzbau greift damit Aussagen von Politikern wie Peter Tauber oder Annegret Kramp-Karrenbauer nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) auf. 

Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni erschossen auf seiner Terrasse gefunden worden. Der Rechtsextreme Stephan E., der kurze Zeit später festgenommen wurde, hat Medienberichten zufolge die Tat gestanden.  

Politiker nannten AfD „mitverantwortlich“

Nach der Tat hatten mehrere Politiker die AfD und Erika Steinbach mitverantwortlich für den Mord an Lübcke gemacht. Peter Tauber (CDU) schrieb in einem Gastbeitrag für die Welt (kostenpflichtig): „Sie (die AfD) hat mit der Entgrenzung der Sprache den Weg bereitet für die Entgrenzung der Gewalt. Erika Steinbach, einst eine Dame mit Bildung und Stil, demonstriert diese Selbstradikalisierung jeden Tag auf Twitter. Sie ist ebenso wie die Höckes, Ottes und Weidels durch eine Sprache, die enthemmt und zur Gewalt führt, mitschuldig am Tod Walter Lübckes.“ 

Zum Hintergrund: Steinbach hatte in der Vergangenheit zu Walter Lübcke auf Facebook einen kritischen Beitrag veröffentlicht, unter dem Nutzer laut Screenshots des Journalisten Patrick Gensing Morddrohungen als Kommentare verfassten. Steinbach hatte diese zunächst nicht entfernt. Inzwischen sind sie unter ihrem Beitrag nicht mehr zu finden. 

Auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte in der Sendung „Anne Will“ am 23. Juni (ab Minute 15), die AfD habe „zum Teil das geistige Klima“ des Täters geschaffen, der Lübcke getötet habe. Sie grenze sich nicht genügend gegen Rechtsextreme ab. Wer sich in der CDU vorstellen könne, mit der AfD zusammenzuarbeiten, der solle nur „mal kurz die Augen schließen und sich Walter Lübcke vorstellen“.

HoGeSatzbau treibt diese Aussagen allerdings auf die Spitze. Sie schreibt von „verantwortlich“, nicht, wie die anderen, von „mitverantwortlich“. Tatsächlich verantwortlich für den Mord sind aber nur der Mörder und eventuelle Komplizen. Problematisch ist zudem, dass die elf Fotos einzeln von anderen Nutzern auf Facebook weiterverbreitet werden. Stehen die Bilder nicht mehr im Kollektiv sondern allein, könnten sie so gedeutet werden, als werde den Personen etwas in den Mund gelegt.