Vorsicht vor gefälschter Facebook-Werbung für Abnehm- und Diät-Mittel
„Fünf Pfund in sieben Tagen verlieren!“ – was einen so schnellen Abnehmerfolg verspricht kann unglaubwürdig, oder gefälscht sein. Auf Facebook häuft sich aktuell dubiose Werbung für Diätmittel. Experten ordnen ein, worauf Verbraucherinnen und Verbraucher achten sollten.
Seit Mitte Februar verbreiten sich dutzende Beiträge auf Facebook, die eine Abnehmpille namens „Keto“ bewerben. Bereits im Juni 2019 wurde unseriöse Werbung für ein ähnliches Produkt massenhaft auf Facebook verbreitet, wie wir berichteten. Expertinnen und Experten warnen vor solchen Produkten.
Die Kommentare, mit denen die Beiträge veröffentlicht werden, folgen alle einem ähnlichen Muster. Gezeigt werden Vorher-Nachher-Fotos mit Kommentaren wie: „Nachdem ich dieses Produkt verwendet habe, verliere ich in einer Woche leicht 7 Pfund! Auch wenn Sie viele Snacks zu sich nehmen, können Sie abnehmen!“ Oder „Abnehmen ist meiner Meinung nach schwer! Ich habe dieses Produkt von meinem Freund empfohlen gesehen und in 7 Tagen 5 Pfund abgenommen! Dieser Effekt ist unglaublich!“
Teilweise werden die Beiträge auf Deutsch verbreitet, teilweise kursieren sie auch in anderen Sprachen oder wurden holprig ins Deutsche übersetzt.
Webseiten, auf denen angeblich die Abnehmpille verkauft wird, werden als unsicher eingestuft
Ein weiteres Muster: Über das Mittel werden in den Facebook-Beiträgen keine konkreten Angaben gemacht. Weder über den Hersteller noch die Inhaltsstoffe gibt es Informationen. Dafür werden in allen Beiträgen unterschiedliche Links geteilt, die alle mit „https://is.gd/“ beginnen. Webbrowser stufen diese Links als unsicher ein. Sie sollen mutmaßlich zu einer Webseite führen, auf der man das angebliche Abnehmprodukt erwerben kann. Doch die vermeintliche Werbung ist ein Fake, das Abnehm-Produkt existiert nicht. Stattdessen sollen vermutlich die Daten von Internetnutzern erbeutet werden, dieses Vorgehen wird als „Phishing“ bezeichnet.
Es gibt wichtige Unterschiede zwischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln
Worauf können Nutzerinnen und Nutzer achten, um unseriöse Werbung für vermeintliche Diätprodukte im Internet zu erkennen? Darüber haben wir mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der Verbraucherzentrale NRW gesprochen.
Wichtig ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich bei den beworbenen Produkten um Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel handelt. Denn: Diätprodukte sind in der Regel keine Arzneimittel, sondern Nahrungsergänzungsmittel, für die unterschiedliche gesetzliche Vorschriften gelten.
Grundsätzlich gilt: Arzneimittel sollen Krankheiten heilen – Nahrungsergänzungsmittel nicht, heißt es auf der Webseite des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Ein wichtiger Unterschied sei zudem, dass die Wirksamkeit oder Sicherheit eines Nahrungsergänzungsmittels einer Behörde nicht vorab nachgewiesen werden muss. Dafür ist der Hersteller verantwortlich.
Zugelassene Arzneimittel gegen Übergewicht listet das Gesundheitsministerium auf
Ein Sprecher des BfArM erklärte uns auf Anfrage: „Als Arzneimittel werden Mittel zum Abnehmen nur dann zugelassen, wenn sie zur Behandlung von krankhaftem Übergewicht eingesetzt werden und für dieses Anwendungsgebiet in klinischen Studien ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis belegt wurde.“ Welche Produkte dafür in Deutschland zugelassen sind, kann man unter dem Anwendungsgebiet „Adipositas“ im Arzneimittelinformationssystem auf www.pharmnet-bund.de einsehen.
Arzneimittel sollten grundsätzlich nur aus sicheren Quellen bezogen werden, also bei Apotheken vor Ort oder registrierten Versandapotheken, rät der BfArM-Sprecher.
Das Zeigen von Vorher-Nachher-Fotos, um ein Produkt zu bewerben, ist gesetzlich verboten
Wie steht es nun um online beworbene Produkte, bei denen konkrete Erfolgsversprechen zum Thema Abnehmen gemacht werden?
Angela Clausen von der Verbraucherzentrale NRW betont, dass Lebensmittelprodukte, zu denen Nahrungsergänzungsmittel zählen, nur dann mit „gesundheitsbezogenen Aussagen“ beworben werden dürfen, wenn diese Aussagen behördlich zugelassen seien. Dafür müssen die Inhaltsstoffe auch im Internet bekannt und die enthaltene Menge auf dem Produkt ersichtlich sein. Denn: „Es gibt ganz wenige Inhaltsstoffe für Nahrungsergänzungsmittel für die eine solche Aussage mit Blick auf Gewichtsreduktion oder Appetithemmung getätigt werden darf.“
Clausen erklärt auch, dass das Zeigen von Vorher-Nachher-Fotos oder eine Angabe, wie viel Kilogramm man mit dem Produkt angeblich in Zeit X abnehmen könne, nicht erlaubt seien, um ein Mittel zu bewerben.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz warnt vor nur im Internet vertriebenen Mitteln
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) warnt zudem, dass in vielen Fällen Produkte als Nahrungsergänzungsmittel im Internet vertrieben würden, die nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. „Im besten Fall sind sie nur wirkungslos. Im schlimmsten Fall enthalten sie gefährliche Inhaltsstoffe.“
Neben der fraglichen Wirkung der beworbenen Mittel, sollten Verbraucher laut BVL zudem Folgendes bedenken: „Nahrungsergänzungsmittel aus dem Ausland können gegebenenfalls in Deutschland als Arzneimittel angesehen werden. Eine Einfuhr wäre verboten – der Zoll könnte die Ware beschlagnahmen, und dem Besteller eine Anzeige drohen.“
Generell empfiehlt das BVL empfiehlt vor dem Kauf solcher Produkte unter anderem auf Folgendes zu achten:
- Vorsicht bei unrealistischen Erfolgsversprechen
- Vorsicht bei vagen Verzehrsempfehlungen
- Vorsicht bei Produkten, die exklusiv im Internet vertrieben werden
- Vorsicht bei Empfehlungen in Diskussionsforen und Chatrooms. Die „Erfahrungsberichte“ entpuppen sich häufig als getarnte Werbung.
- Informieren Sie sich vorab über Ihnen unbekannte Zutaten.
- Beachten Sie mögliche Wechselwirkungen mit Arzneimitteln.
- Holen Sie sich vor der Bestellung von Produkten zur Ergänzung der Ernährung fachlichen Rat. Auch die Webseite vom Bundeszentrum für Ernährung bietet Informationen.
Redigatur: Matthias Bau, Sophie Timmermann