UN-Generalversammlung: Johann Wadephul hörte Trump-Rede ohne Übersetzung
Nius-Chef Julian Reichelt deutet auf X an, Bundesaußenminister Johann Wadephul habe eine Übersetzung für Trumps Rede vor der UN-Generalversammlung gebraucht. Dabei zählt Deutsch überhaupt nicht zu den Amtssprachen der UN – und ist dementsprechend auch nicht als Übersetzungsoption verfügbar.

Aufnahmen aus einem Livestream zeigen Außenminister Johann Wadephul, der mit ernster Miene und Kopfhörern die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) verfolgt. Die Bilder teilten einige Nutzer am 23. September 2025 auf X, ehemals Twitter, mit dem Satz: „Wie ich eure Tweets lese“. Auch Nius-Chef Julian Reichelt teilte so ein Bild – allerdings verband er es mit der Andeutung, der deutsche Außenminister trage Kopfhörer, weil er bei der Versammlung eine Übersetzung für die Rede des US-Präsidenten gebraucht habe.
Dass Wadephul – wie auch andere auf dem Foto – Kopfhörer trägt, bedeutet aber nicht unbedingt, dass er eine deutsche Übersetzung hört. Schnell suchten einige Nutzerinnen und Nutzer Informationen zusammen, die das richtigstellen sollten. Die Erklärung erscheint unter dem Beitrag inzwischen als „Community Note“, also als Hinweis. Reichelt reagierte auf diese Kommentare jedoch nicht – sein Beitrag ist weiterhin online und wurde trotz der zahlreichen Korrektur-Hinweise auch von anderen weiterverbreitet (Stand: 29. September 2025).

UN stellt über Kopfhörer keine deutsche Übersetzung bereit
Was auf dem Foto zu sehen ist: Am 23. September 2025 hielt US-Präsident Donald Trump bei der UN-Generalversammlung eine Rede. Präsidentin der UN-Generalversammlung Annalena Baerbock hatte zu Beginn zwar gesagt, dass die Redezeit auf 15 Minuten begrenzt sei, doch daran hielt sich der US-Präsident nicht. Gegen 10 Uhr Ortszeit trat er in New York ans Podium und sprach knapp eine Stunde.
Ein Video der Trump-Rede findet sich im Live-Stream auf der Webseite der UN, im Publikum sitzen einige mit und andere ohne Kopfhörer. Die Aufnahme, die Wadephul zeigt, ist ab Minute 36:40 zu sehen, also während Trumps Rede. Allerdings hatten Teilnehmende über die Kopfhörer keine Übersetzung in deutscher Sprache zur Auswahl. Sondern nur die sechs Amtssprachen: Arabisch, Chinesisch, Französisch, Russisch, Spanisch und den Originalton, also in diesem Fall Englisch.
Deutsche Vertretung saß im hinteren Teil des Saals der Generalversammlung
Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, dass Außenminister Johann Wadephul den Kopfhörer zur „akustischen Verstärkung“ genutzt und die Rede in englischer Originalsprache angehört habe.
Die Debatte fand im Generalversammlungssaal am Amtssitz der Vereinten Nationen in New York statt, der sich über mehr als 30 Sitzreihen erstreckt. Die UN veröffentlichte die Sitzordnung, Deutschland waren Plätze im hinteren Teil des Saals zugeteilt.

Warum Chefredakteur und Nius-Gründer Julian Reichelt trotz der Fakten suggeriert, der Minister habe eine Übersetzung gehört, bleibt unklar. Auf unsere Anfrage dazu antwortete er nicht.
Redigatur: Kimberly Nicolaus, Max Bernhard
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Donald Trump spricht bei der Generaldebatte der 80. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen, UN Web-TV, 23. September 2025: Link (Englisch, archiviert)
- Informationen des UN-Abteilung für Generalversammlung und Konferenzmanagement zu den verfügbaren Übersetzungsoptionen: Link (Englisch, archiviert)
- Häufig gestellte Fragen zur Generaldebatte, Deutscher Übersetzungsdienst der UN: Link (archiviert)
- Sitzplan der 80. Sitzung, UN: Link (PDF-Download, archiviert)