Migration

UNHCR-Geldkarten bezahlen weder Flucht durch Europa, noch sind sie finanziert von George Soros

Die Flüchtlingskommission (UNHCR) verteile EC-Karten von Mastercard an Flüchtende, damit diese auf ihrem Weg durch Europa finanziell abgesichert sind – das behaupten verschiedene deutschsprachige Webseiten. Die Finanzierung käme vom Milliardär George Soros. Das ist beides falsch.

von Caroline Schmüser

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Ein Mann hebt am 19. Juli 2016 an einem Geldautomaten in Athen Bargeld ab. (Symbolbild, Photo by Kostis Ntantamis / AFP)
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Teilweise falsch
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Teilweise falsch. Die Karten können nur im Land der Ausstellung benutzt werden. Finanziert wird das Programm aus Mitteln der EU und der UNHCR. Die Karten sind nicht personalisiert, werden aber monatlich zertifiziert.

Die Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen (UNHCR) soll in Kooperation mit der Aktiengesellschaft Mastercard Prepaid-Debitkarten an Flüchtende verteilen. Das berichten Anfang November mehrere deutschsprachige Webseiten, darunter EpochTimes, PI News und der Blog Schlüsselkind. Die UNHCR wolle mit den Geldkarten sicherstellen, dass Flüchtende auf ihrem Weg durch Europa finanziell abgesichert sind.

Um die Karte nutzen zu können, seien keine Ausweisdokumente nötig. Anstelle des Namens des Karteninhabers seien die Bezeichnung „UNHCR“ und eine Nummer auf die Karte gedruckt. EpochTimes zieht dieses Bild aus Beispiel heran:

Das Bild stammt ursprünglich von der Webseite der UNHCR Griechenland. EpochTimes verwendete das Bild. (Screenshot von Correctiv)

Die deutschen Webseiten beziehen sich auf die slowenische Nachrichtenseite Nova24tv. Das rechtspopulistische Medium hatte am 30. Oktober 2018 erstmals über ein solches Verfahren berichtet. Anlass war ein Tweet des slowenischen TV-Redakteurs Ninoslav Vucetic.

„Beweis dafür, dass die EU die europäische Kultur zerstört?“, fragt der slowenische TV-Redakteur Ninoslav Vucetic auf Twitter. (Screenshot von Correctiv)

Die deutschsprachigen Webseiten stellen außerdem die Frage in den Raum, ob der US-amerikanische Investor und Multimillionär George Soros in das Projekt der UNHCR investiere. Grund für die Annahme: Mastercard hatte im Januar 2017 ein gemeinsames Projekt mit George Soros angekündigt.

Die Fotos, die zuerst die slowenische Nachrichtenseite Nova24tv und später auch deutschsprachige Medien verbreiteten, stammen von der Webseite der UNHCR Griechenland.

In Griechenland werden solche Prepaid-Karten tatsächlich zur Verfügung gestellt, ebenso wie in Botswana, Sudan, Mexiko, Türkei, Libanon und Syrien. Das erfuhren wir vom Pressesprecher der UNHCR Griechenland, Leo Dobbs, sowie dem UNHCR-Sprecher der Regionen Asien und Europa, Charlie Yuxley. Unsere Recherchen zeigen aber auch: Einige der von den deutschen Webseiten verbreiteten Informationen sind falsch.

Welche Personengruppen können die Geldkarten erhalten?

Dobbs von der UNHCR Griechenland teilte uns per E-Mail mit, dass die Prepaid-Karten ausschließlich für Flüchtlinge und Asylbewerber ausgestellt würden. Die Karten werden monatlich mit einem bestimmten Geldbetrag aufgeladen – dazu später mehr.

Welche Personengruppen die Geldkarten erhalten können, sei streng geregelt: Ausschließlich registrierte Asylbewerber, deren Antrag noch anhängig ist, sowie Drittstaatsangehörige mit polizeilichen Führungszeugnissen, die sich legal in Griechenland aufhalten, sind dazu berechtigt. Voraussetzung sei auch ein Mindestalter von 18 Jahren und Erwerbslosigkeit.

Warum die UNHCR Flüchtlingen diese Form der Bargeldhilfe bereitstellt, erklärt ein YouTube-Video der UNHCR Griechenland. So sollen Flüchtlinge unter anderem die Chance bekommen, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen, mit Einheimischen in Kontakt kommen, und zur lokalen Wirtschaft beitragen.

Wo können die Geldkarten benutzt werden?

Verwenden könne man die Karten bloß in dem Land, in dem sie ausgestellt wurden. „In einigen Fällen, beispielsweise in Mexiko, können sie nur bei bestimmten Banken verwendet werden“, erklärte Yaxley, Sprecher der UNHCR für Asien und Europa. „Die an Flüchtlinge und Asylbewerber in Griechenland ausgestellten Karten können also nur in Griechenland verwendet werden“, bestätigte auch Dobbs von der UNHCR Griechenland.

Die Behauptung, Flüchtende könnten sich mit den Karten ihren „Weg durch Europa“ finanzieren, ist somit falsch.

Welcher Betrag befindet sich auf den Geldkarten?

Der Betrag, den ein Haushalt erhält, sei dabei abhängig von der Familiengröße. In Griechenland liege der Betrag beispielsweise zwischen 90 Euro und 150 Euro für eine Einzelperson pro Monat. Eine Familie von sieben oder mehr Personen könne bei Selbstversorgung bis zu 550 Euro erhalten. Die Barleistung soll den Grundbedarf an beispielsweise Kleidung, Transport und Schulbedarf decken, teilte uns Dobbs von der UNHCR Griechenland mit.

Das zeigt auch diese Grafik aus einer Studie der UNHCR Griechenland:

Diese Tabelle der UNHCR Griechenland zeigt, welcher Geldbetrag einer bestimmten Anzahl von Personen zusteht. (Grafik von der UNHCR Griechenland, Screenshot von Correctiv)

Im Rahmen des vom UNHCR durchgeführten Programms in Griechenland haben seit April 2017 mehr als 80.000 Berechtigte mindestens einmal Geld erhalten. Im September 2018 erhielten fast 55.000 Flüchtlinge oder Asylbewerber eine Bargeldhilfe.

Weltweit wurden bis September mehr als zwei Millionen Menschen mit Bargeld unterstützt, so Yuxley. In Form von Kartenzahlungen, mobiler Konten und direkter Bargeldhilfe.

Sind die Geldkarten personalisiert?

Auf den Fotos auf der Webseite der UNHCR scheint es, als seien die Prepaid-Karten nicht personalisiert – dem ist wirklich so. „Die Karten sind in der Tat nicht personalisiert. Sie sind durch eine eindeutige Kennung mit unserer Datenbank verbunden, zeigen aber keine persönlichen Daten“, teilte uns Dobbs von der UNHCR Griechenland mit.

Die UNHCR und ihre Partner würden jedoch monatliche Zertifizierungsprüfungen durchführen, um festzustellen, ob sich Personen an derselben Adresse aufhalten oder das Land verlassen haben. In solchen Fällen würden die Karteninhaber von der Liste der Begünstigten gestrichen, die Geldzahlungen sofort eingestellt und die Karte gesperrt.

Finanziert George Soros das Projekt?

Eine Verbindung des US-Amerikaners George Soros zum Projekt der UNHCR gebe es nicht. „Herr Soros und seine Organisationen sind in keiner Weise an dem von der UNHCR in Griechenland durchgeführten Hilfsprogramm beteiligt“, so Dobbs. In Griechenland würden die Karten im Rahmen des ESTIA-Programms (Emergency Support To Integration & Accommodation) bereitgestellt. Die Finanzierung kommt von der Europäischen Kommission.

In anderen Ländern werden die Programme aus Mitteln der UNHCR finanziert. Weder George Soros noch mit ihm verbundene Organisationen würden die UNHCR Mastercards unterstützen, erklärte Yuxley.