Katrin Göring-Eckardt wollte die finanziellen Mittel für Flüchtlinge im Jahr 2015 verdoppeln, nicht 2019
Ein Bild zitiert die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt mit den Worten „Wir müssen die Mittel für Flüchtlinge verdoppeln“. Das Zitat ist nicht aktuell, sondern stammt aus dem Jahr 2015. Wir erläutern den Kontext.
Ein Facebook-Beitrag der Seite „Ein Prozent für unser Land“ zeigt eine Karikatur der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt. Sie wird dort mit den Worten „Wir müssen die Mittel für Flüchtlinge verdoppeln“ zitiert.
Das Zitat stammt aus dem Jahr 2015
Das Zitat ist echt. Es stammt von April 2015. Göring-Eckardt sagte der Zeitung RP-Online in einem Interview: „Die Kommunen brauchen bei der Flüchtlingshilfe dringend mehr Unterstützung des Bundes – das heißt mindestens eine Verdoppelung der bisherigen 500 Millionen Euro pro Jahr.“ Ihre Aussage basiert darauf, dass sie eine Prognose der Bundesregierung von 300.000 neuen Flüchtlingen im Jahr 2015, über die die Bild berichtete, für zu niedrig gegriffen hielt: „Deutschland sollte eher mit 500.000 neuen Flüchtlingen kalkulieren“, so Göring-Eckardt. Gemeint ist hier die Summe aus Asyl-Erstanträgen und -Folgeanträgen.
2015 wurden mehr Asylanträge gestellt, als die Bundesregierung angenommen hatte
Tatsächlich wurden 2015 insgesamt 476.649 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) gestellt (PDF, Seite 6). Göring-Eckardts Schätzung von 500.000 neuen Flüchtlingen lag also ein wenig zu hoch, die ursprüngliche Annahme der Bundesregierung aber sehr viel niedriger. Im Mai 2015 korrigierte die Bundesregierung die Prognose auf 450.000 (PDF).
Göring-Eckardts Aussage bezog sich auf Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen
Aus dem Interview geht außerdem hervor, dass Göring-Eckardt nicht forderte, die gesamten Ausgaben für Geflüchtete zu verdoppeln, sondern die Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen.
Die Gesamtausgaben für Asyl sind laut dem Bundesministerium der Finanzen deutlich höher. 2017 waren es 21,22 Milliarden Euro. Darin ist beispielsweise auch die Bekämpfung der Fluchtursachen enthalten. Auch die Entlastung der Länder und Kommunen ist darin enthalten, 2017 wurden dafür 6,56 Milliarden Euro ausgegeben.
Ein Pressereferent des Bundesfinanzministeriums teilte CORRECTIV per E-Mail mit: „Die flüchtlingsbezogenen Belastungen des Bundeshaushalts werden erst seit 2016 erhoben, so dass weitergehende flüchtlingsbezogene Belastungen im Jahr 2015 nicht beziffert werden können.”
Tatsächlich wurde Ende 2015 beschlossen, den Ländern und Kommunen mehr Mittel für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen. Am 29. September 2015 wurde der Entwurf zum sogenannten Entlastungsbeschleunigungsgesetz vorgelegt. „Für das Jahr 2015 hat der Bund die Länder mit Blick auf ihre asyl- und flüchtlingsbedingten Ausgaben (…) pauschal um 2 Milliarden Euro entlastet”, heißt es im Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag zur Beteiligung des Bundes an den Flüchtlings- und Integrationskosten sowie der Mittelverwendung durch die Länder von 2018. Länder und Kommunen haben also letztlich viermal so viele Mittel erhalten wie die 500.000 Millionen Euro, die veranschlagt waren, als Göring-Eckardt das Interview gab.
Das Bild stammt von einer Seite, die Stimmung gegen die Grünen macht
Der Text neben dem Bild verweist auf die Internetseite wir-sind-gruen.com – eine Internetseite ohne Impressum, die die Grünen als „linksextreme, antideutsche, volksverräterische Partei“ bezeichnet und Kommentare von Grünen-Mitgliedern auflistet. Das Bild mit dem Zitat Göring-Eckardts befindet sich auch auf der Instagram-Präsenz der Internetseite.