Migration

Rhein-Neckar-Kreis: Nein, Asylbewerber fahren nicht kostenlos mit Bus und Bahn – das Geld wird ihnen von den Sozialleistungen abgezogen

Über Whatsapp und Facebook wird ein internes Schreiben der Rhein-Neckar-Bahn verbreitet, laut dem Asylbewerber den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen dürfen. Das Bild ist echt, aber die Schlussfolgerung aus dem Kontext gerissen.

von Till Eckert

collage schreiben diebahn
Dieses interne Schreiben von der Rhein-Neckar-Bahn wird über Whatsapp und Facebook verbreitet. Es ist echt. (Screenshot: CORRECTIV)
Bewertung
Größtenteils falsch
Über diese Bewertung
Größtenteils falsch. Die Sachleistung wird von den Sozialleistungen der Asylbewerber abgezogen. Zudem gilt die Berechtigung nicht für das gesamte Tarifgebiet.

Das Bild eines Schreibens, offenbar eine Weisung für Mitarbeitende der Rhein-Neckar-Bahn, verbreitet sich derzeit im Netz. Darauf zu lesen ist, dass Asylbewerber die Verkehrsmittel des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar kostenlos nutzen können, wenn sie bestimmte Nachweise für ihren Aufenthaltsstatus vorweisen können.

Das Schreiben in einem Facebook-Post vom 17. November. (Screenshot: CORRECTIV)

„Kostenloser ÖPVN – nur nicht unsere Rentner“, steht als Kommentar über dem Schreiben, offenbar nachträglich hinzugefügt. Mehrere Leser haben uns das Foto geschickt, nachdem sie es über Whatsapp erhalten haben. Es wird zudem auf Facebook verbreitet, ein Beitrag vom 17. November wurde bisher mehr als 790 Mal geteilt. 

In einem Artikel der Seite Anonymous News wird behauptet, Asylbewerber würden „komplett kostenfrei“ im Geltungsbereich des Verkehrsverbunds fahren, es handele sich um „neu eingerichtete Vorzüge“ (mehr als 2.000 Mal auf Facebook geteilt). Auf Journalistenwatch wird ebenfalls behauptet, Asylbewerber würden „völlig umsonst“ im Einzugsgebiet des Verkehrsbunds fahren (mehr als 1.200 Mal auf Facebook geteilt).   

Wir haben dazu bei der Pressestelle des Verkehrsbunds angefragt.

Verkehrsverbund: Es handelt sich um Teil der Sachleistungen, die dafür an anderer Stelle gekürzt werden

Durch die Überschrift im Bild wird suggeriert, dass es sich um eine Zusatzleistung für Asylbewerber im Kreis handele und diese dadurch besser gestellt würden als Rentner, die nicht kostenlos fahren, sondern für eine Monatskarte 44,40 Euro bezahlen

Doch auch die Asylbewerber und Flüchtlinge nutzen nicht kostenlos den ÖPNV. Der Verkehrsbund schreibt in einer Pressemitteilung an CORRECTIV, dass die veröffentlichte interne „Weisung 357 / 2019“ zwar echt sei, aber später korrigiert worden sei – die Asylbewerber dürften nur in dem jeweiligen Stadt- oder Landkreis kostenlos mit Bus und Bahn fahren, in dem ihre Erstaufnahmeeinrichtung liegt. Wenn sie die Unterkunft wechseln, verlieren sie demnach diese Berechtigung. In der ersten Version des Schreibens habe dieser Hinweis gefehlt. Die Pressemitteilung ist jetzt auch online abrufbar.

Zudem handele es sich nicht um eine zusätzliche Leistung, sondern eine Sachleistung, „die den Betroffenen von den gewährten Sozialleistungen bzw. vom sogenannten Taschengeld abgezogen und nicht in bar ausgezahlt wird“. Das Land Baden-Württemberg zahle dem Verkehrsbund dafür einen Ausgleichsbetrag. 

Aus der E-Mail des Verkehrsbundes Rhein-Neckar an CORRECTIV. (Screenshot: CORRECTIV)

Laut eines Faktenchecks der Rhein-Neckar-Zeitung ist das außerdem keine neue Regelung: Sie gelte seit 2016 und werde in Sozialen Netzwerken seitdem fälschlich immer wieder so dargestellt, „als bekämen Asylbewerber einen Freifahrtschein“. Dass die Regelung seit 2016 gilt, wurde uns durch eine Sprecherin des zuständigen Regierungspräsidiums in Karlsruhe noch einmal telefonisch bestätigt.