An diese Menschen richtet sich die Plakatkampagne „Returning from Germany“
Eine Plakatkampagne des Innenministeriums, die für eine Rückkehr von Deutschland ins Ausland wirbt, wird im Netz diskutiert. Eine Facebook-Nutzerin behauptet, die Werbung richte sich vor allem an deutschstämmige Aussiedler. Das stimmt nicht.
„Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!“, steht auf den Plakaten, die aktuell in vielen Städten hängen und im Netz für Diskussionen sorgen. Das Innenministerium bewirbt damit die Möglichkeit, für eine Rückkehr ins Heimatland finanzielle Unterstützung zu bekommen.
Bei Facebook postete eine Nutzerin am 17.November das Foto eines dieser Plakate auf Russisch und schrieb dazu: „Die Bundesregierung wirbt in deutschen Städten auf russisch für die Rückkehr nach Russland! Gemeint damit sind hauptsächlich deutschstämmige Aussiedler.“ Weiter schreibt sie „Kleiner gedanklicher Anstoß: In arabischer oder türkischer Sprache druckt die Bundesregierung (CDU/CSU, SPD unterstützt von Grünen, Linkspartei und FDP) solche Flächenanzeigen nicht so großflächig, oder?“. Stimmt das?
Plakat auf sieben Sprachen
Wer bei Twitter nach dem Hashtag #returningfromgermany sucht, findet Fotos des Plakates auf verschiedenen Sprachen.
Auf Nachfrage teilt das Innenministerium zu der Kampagne mit: „Die Plakate werden in sieben Sprachen verwendet: Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch, Russisch, Paschtu und Farsi.“
Plakate in türkischer Schrift gibt es also tatsächlich nicht, auf Arabisch aber schon. Die beworbene Förderung zur Rückkehr können aber auch Türken nutzen.
An wen richtet sich die Kampagne?
Staatsangehörige folgender Länder können die finanzielle Unterstützung für Kosten wie Miete, Bau- und Renovierungsarbeiten bis Ende des Jahres beantragen:
Afghanistan, Ägypten, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Äthiopien, Bangladesch, Benin, Burkina Faso, China, Côte d’Ivoire, Demokratische Republik Kongo, Eritrea, Gambia, Georgien, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Indien, Irak, Iran, Kamerun, Kenia, Libanon, Libyen, Mali, Marokko, Mongolei, Niger, Nigeria, Pakistan, Palästinensische Autonomiegebiete, Russische Föderation, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Sudan, Sri Lanka, Syrien, Tadschikistan, Togo, Türkei, Tunesien, Ukraine und Vietnam.
Das Innenministerium schreibt dazu: „Die Informationsangebote richten sich in erster Linie an ausreisepflichtige Menschen und Menschen mit geringer Bleibeperspektive. Derzeit gibt es in Deutschland über 235.000 ausreisepflichtige Personen aus ganz unterschiedlichen Herkunftsländern.“
Mit der Kampagne sollen also „ausreisepflichtige“ Menschen angesprochen werden. Dazu zählen unterschiedliche Gruppen. Das können Ausländer sein, deren Aufenthaltstitel abgelaufen ist oder deren Asylantrag abgelehnt wurde. 176.000 Ausreisepflichtige besitzen jedoch eine Duldung, schreibt der WDR in einem Faktencheck.
Geduldete dürfen trotz abgelehntem Asylantrag temporär in Deutschland bleiben. Gründe können unter anderem sein: fehlender Übernahmebereitschaft des Heimatstaates, drohende Folter im Heimatland, Passlosigkeit, Transportunfähigkeit durch Krankheit, Mutterschutzzeiten. Teilweise leben Geduldete jahrelang mit diesem Status in Deutschland.
An wen richten sich die russischen Plakate?
Das schreibt das Innenministerium auf Nachfrage von CORRECTIV: „Mit den Plakaten in russischer Sprache sollen alle ausreisepflichtigen Personen angesprochen werden, die der russischen Sprache mächtig sind. Das betrifft insbesondere auch alle Ausreisepflichtigen aus der Russischen Föderation, von denen z.Zt. über 11.500 Personen ausreisepflichtig sind.“
Die Facebooknutzerin behauptete, die Kampagne richte sich vor allem an deutschstämmige Aussiedler. Das stimmt nicht. Denn mit der Anerkennung als Spätaussiedler erhalten Zugewanderte automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Damit haben sie einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland. Und an diese Personen ist die Aktion laut Innenministerium nicht gerichtet. Deutsche Staatsangehörige könnten keine finanzielle Hilfe beantragen, um nach Russland zurückzugehen.
„Die Programme richten sich nicht an Menschen, die rechtmäßig in Deutschland leben. Ihr rechtmäßiger Aufenthalt wird nicht in Frage gestellt“, so das Innenministerium.
Kritik an der Aktion
Die Plakataktion sorgt für viel Kritik. Der Europaabgeordnete der Grünen Sven Giegold twitterte dazu: „menschliche Schicksale werden wie Autos, Girokonten oder Handyverträge behandelt. Rückkehr ist keine Ware!“ Bernd Mesovic, Leiter der Rechtsabteilung von Pro Asyl, kritisierte die Plakatkampagne im Gespräch mit bento ebenfalls. „Die Gestaltung ist geschmacklos“, sagte er. „Das Angebot wirkt wie Sommer- und Winterschlussverkauf zusammen.“