Faktencheck

Doch, brennende Elektroautos können gelöscht werden

In den sozialen Medien wird behauptet, man könne den Brand eines Elektroautos nicht löschen. Stattdessen müsse die Batterie „über Tage kontrolliert ausbrennen“. Das stimmt so nicht.

von Till Eckert

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Hier ist ein regulärer Kleinwagen zu sehen, aber auch brennende Elektroautos werden von der Feuerwehr normal mit Wasser gelöscht. (Symbolfoto: Reinhard Thrainer / Pixabay)
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Größtenteils falsch. Brennende Elektrofahrzeuge werden von der Feuerwehr ganz normal mit Wasser gelöscht – die Akkus jedoch stellen eine Herausforderung dar.

Eine Facebook-Nutzerin teilte am 20. Juli die Aufnahme eines brennenden Autos mit dem Schriftzug: „Den Brand eines Elektroautos kann man nicht löschen. Die Batterie muss über Tage kontrolliert ausbrennen.” Dazu schrieb die Nutzerin: „Das ist also ‘klimaneutral’. Aha.“

Facebook-Beitrag mit der Behauptung. (Screenshot: CORRECTIV)

Auf Facebook wurde der Beitrag bisher fast 18.000 Mal geteilt. Auch auf Twitter ist das Bild – ein Standbild eines Videos aus einem Beitrag von SWR Aktuell über den Brand eines Tesla 2018 in der Schweiz – mit der Schrift und demselben Kommentar zu finden. Hier wurde die Behauptung über 200 Mal retweetet. CORRECTIV hat sie überprüft.

Grundsätzlich besteht bei Lithium-Ionen-Batterien die Gefahr einer „explosionsartigen Zündung“

Über das grundsätzliche Gefahrenpotenzial durch Lithium-Ionen-Batterien informiert das Umweltbundesamt CORRECTIV auf Anfrage per Mail: „Die Lithium-Ionen-Batterien, die derzeit zum Großteil im Bereich der Elektromobilität eingesetzt werden, sind nach unserer Kenntnis Batteriesysteme mit Nickel-Mangan-Kobalt- und Nickel-Kobalt-Aluminium-Anode (LNMC und LNCA). Lithium ist ein hochreaktives Metall.“ Das Material solle daher nicht mit Wasser in Berührung kommen, „da es sonst zu heftigen Reaktionen bis hin zu Bränden oder Explosionen kommen kann“. 

Die Batterien sollten laut Umweltbundesamt auch keiner zu großen Hitze ausgesetzt sein oder geöffnet werden. Es drohe die Gefahr einer explosionsartigen Zündung.

Informationen des Umweltbundesamts zu Lithium-Ionen-Batterien per E-Mail. (Screenshot: CORRECTIV)

Das allerdings gilt für den Normalzustand, also verbaute Batterien, die nicht bereits in Flammen stehen. Für Fragen zur optimalen Brandbekämpfung und die Dauer des Löschvorgangs verweist das Umweltbundesamt an den Deutschen Feuerwehrverband.

Feuerwehrverband: Brand von Elektroautos ist wie jeder andere zu behandeln

Die Behauptung aus dem Facebook-Beitrag, man könne Elektroautos nicht löschen, entstammt offenbar einem Artikel der Hessenschau vom 9. Februar 2019. Dort wird Andreas Ruhs, Abteilungsleiter für Vorbeugung und Planung bei der Frankfurter Feuerwehr, zitiert, der sagt: „Eigentlich kann man es (das Elektroauto) nicht löschen.“ Und: „Es muss kontrolliert abbrennen oder ausbrennen.“ 

Carsten-Michael Pix vom Deutschen Feuerwehrverband schreibt CORRECTIV jedoch per Mail: „Die Behauptung ist so nicht richtig.“ Pix verweist auf ein Video des Verbands, in dem die Problematik behandelt wird: 

Christian Emrich, Feuerwehrmann und Koordinator für Fachempfehlungen zum Thema Lithium-Ionen-Batterien, berichtet darin, wie der Brand eines solchen Akkus zu bekämpfen ist: „Die Feuerwehr sollte ganz normal vorgehen. Wir nutzen unser Hauptlöschmittel Wasser, um einen hohen und schnellen Kühleffekt innerhalb des Akkus zu erzeugen und die Prozessgeschwindigkeit zu reduzieren.“ Aufgrund des entstehenden Rauches und Gases werde die normale persönliche Schutzausrüstung und Atemschutz genutzt, wie auch bei Bränden mit Kunststoffbeteiligung. „Es ist keine besondere Schutzausrüstung notwendig. Die aktuellen Standards sind ausreichend“, sagt der Fachmann. Man benötige allerdings mehr Wasser, weil lange gekühlt werden müsse.

In einem gemeinsamen Empfehlungsschreiben des Deutschen Feuerwehrverbandes und verschiedener Forschungseinrichtungen von Mai 2018 (PDF, Seite 3) steht: „Im Brandfall sind Elektrofahrzeuge mit Wasser zu löschen. Löschmittelzusätze können verwendet werden. (…) Um Rückzündungen zu vermeiden, ist der Batteriebereich ausreichend lange mit Wasser bis zur Übergabe an den Abschleppdienst zu kühlen.“

Aus einem Empfehlungsschreiben des Deutschen Feuerwehrverbands. (Screenshot: CORRECTIV)

Ruhs von der Feuerwehr Frankfurt bestätigt seine Aussage in der Hessenschau gegenüber CORRECTIV noch einmal am Telefon, differenziert aber: „Natürlich ist der Hauptbrand, das Fahrzeug, genauso wie sonst auch zu löschen. Nur stellt der Akku eine Herausforderung dar, weil man zwar kühlen, aber nicht hundertprozentig sicherstellen kann, dass die Brandgefahr in den Zellen, in denen chemische Reaktionen stattfinden, beseitigt ist.“ Dafür müsste das Fahrzeug laut Ruhs in ein Wasserbad getaucht werden, das auf einer Autobahn nicht mal eben zur Verfügung stehe. 

Innerhalb der Feuerwehren werde über dieses Thema viel diskutiert, es kursierten viele unterschiedliche Meinungen. Grundsätzlich stimmt Ruhs mit der Einschätzung des Feuerwehrverbands überein, dass Elektrofahrzeuge sehr wohl gelöscht werden können – nur sei der Aufwand eben ein ganz anderer. Neue Technologien, die Wasser mit sehr hohem Druck durch die Spritzschläuche befördern könnten, könnten das laut Ruhs allerdings erheblich vereinfachen.