Nein, Vögel in Nordwales fielen nicht „wegen einer 5G-Anlage“ tot vom Himmel
In einem zehntausendfach geteilten Artikel wird behauptet, in Nordwales seien hunderte Vögel wegen einer 5G-Anlage vom Himmel gefallen. In der Region gibt es aber gar kein 5G. Das Ermittlungsteam geht von einer anderen Ursache aus.
Immer häufiger sehen wir Behauptungen darüber, dass der neue Mobilfunkstandard 5G am Tod von Tieren Schuld sein soll. So sollen laut eines viralen Youtube-Videos im kalifornischen Sierra Madre wegen zweier 5G-Masten angeblich Bienen gestorben sein – in der Stadt gibt es aber gar kein 5G, wie wir recherchierten.
Eine ähnliche Behauptung zirkuliert seit dem 15. Dezember 2019 im Netz: In einem Artikel des Blogs Legitim.ch wird behauptet, auf der nordwalisischen Insel Anglesey seien hunderte Vögel wegen einer 5G-Anlage tot vom Himmel gefallen, dort seien „Tests“ von Vodafone durchgeführt worden. Den Fall gibt es zwar, aber auch hier gilt: In der Region gibt es kein 5G. Das bestätigte uns Rob Taylor, Leiter des North Wales Rural Crime Teams, einer Polizeieinheit, die den Fall ermittelt, per E-Mail.
Das zeigt auch ein Blick auf die Webseite „Ookla“, die den 5G-Ausbau nach eigenen Angaben anhand „verifizierter öffentlicher Quellen“ verfolgt. Demnach gibt es in Nordwales 5G nur in Llandudno, einem mit dem Auto etwa 50 Minuten von dem betreffenden Ort auf Anglesey entfernen Ort.
Zudem sagte ein Sprecher von Vodafone der Tageszeitung Daily Post im Dezember 2019: „Wir können bestätigen, dass es in der Gegend um Bodedern [der angrenzende Ort, Anm.] kein Vodafone-5G gibt und auch keine Tests durchgeführt wurden.“
Ermittlungsteam: Flugmanöver des Vogelschwarms könnte Ursache sein
Dass die Vögel auf Anglesey wegen 5G starben, kann demnach ausgeschlossen werden, weil es dort keines gibt. Zudem gibt es bisher keine Belege dafür, dass die Strahlung Tieren gefährlich werden könnte. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums antwortete uns in dem Zusammenhang für den Faktencheck über die Bienen in Sierra Madre: „Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf eine Gefährdung von Tieren und Pflanzen durch hochfrequente elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte.“
Aber was ist die Ursache für den Fall in Anglesey? Die zuständige Polizeieinheit berichtet über den Ermittlungsfortschritt auf ihrem verifizierten Twitter-Account. Am 16. Januar veröffentlichte sie mehrere Tweets zu dem Fall.
Sicher ist demnach: Am Dienstag, 10. Dezember 2019 starben laut Polizei mindestens 200 Stare auf einer Straße nahe Bodedern auf Anglesey. Einige hätten noch gelebt, als sie gefunden wurden, seien aber schwach und flugunfähig gewesen, bevor sie starben.
Das Ermittlungsteam und Mitarbeiter der Animal Plant and Health Agency entfernten laut Polizei 35 Vögel und brachten sie zu einer Untersuchung. „Alle untersuchten Vögel hatten ein schweres inneres Trauma durch den Aufprall“, schreibt die Polizei. Dies spreche dafür, dass die Vögel durch den Aufprall auf die Straße gestorben sind: Es sei sehr wahrscheinlich, dass der Schwarm in der Luft ein Ausweichmanöver vollzog, da möglicherweise ein Raubvogel hinter der Gruppe her war. Die Polizei geht davon aus, dass einige nicht rechtzeitig hochziehen konnten und auf den Boden aufschlugen.
Die Polizei schreibt außerdem: „Bitte bedenken Sie, dass die vollständige Toxikologie noch nicht vorliegt, so dass eine endgültige Theorie nicht bestätigt werden kann, aber wir sind uns über die Gründe und die Ursache der Todesfälle der Vögel ziemlich sicher.“
5G ist ein Thema der Desinformation
CORRECTIV.Faktencheck beobachtet schon länger, dass mit dem Thema 5G Stimmung im Netz gemacht wird. Für einen Hintergrund-Bericht haben wir uns mit der Forschungslage beschäftigt. Zusammengefasst: Es ist zum jetzigen Zeitpunkt weder abschätz- noch belegbar, welche Strahlenbelastung durch die neue Mobilfunktechnologie auf Menschen und Tiere wirken könnte. Zudem ist nicht belegt, ob sie gesundheitliche Schäden verursachen könnte. Um sichere Aussagen dazu treffen zu können, müsste die Strahlenbelastung nach dem Ausbau gemessen und erforscht werden.