Angriffe auf die Faktencheck-Redaktion von CORRECTIV
Hassnachrichten, Beleidigungen und Drohungen: Wie wir angegriffen werden und wie wir uns gemeinsam dagegen wehren können
„Prostituierte der Lügenmedien“. „Lügenmediennutte“. „Berufslügnerin“. Solche Beschimpfungen müssen wir uns im Faktencheck-Team fast täglich anhören, weil wir Falschmeldungen öffentlich Fakten gegenüberstellen. Besonders unsere Redakteurinnen werden nicht nur in privaten Nachrichten, sondern auch öffentlich beschimpft. Reichweitenstarke Blogs veröffentlichen ihre Namen, teilweise mit Foto, und präsentieren sie der Leserschaft als Feindbild. Aus Beleidigung werden schnell Drohungen.
Dann erhält unsere Redaktion E-Mails und Facebook-Nachrichten wie: „Ihr widerliches Gesindel, Eure Tage sind gezählt“ und „Ihr gehört ins Gulag“. Einige schreiben sogar ihre Adresse drunter. Andere nutzen die Anonymität, um uns einschüchtern zu wollen.
Wie die Männerstimme, die wiederholt anonym in der Redaktion anrief und einer unserer Redakteurinnen mit Vergewaltigung drohte: „Damit sie auch mal in den Genuss der Beglücker kommt. So wie andere Frauen durch die Goldstücke, die da so zu uns kommen“.
Viele Redaktionen erhalten Hassnachrichten und Drohungen, auch die Faktenchecker von CORRECTIV. Das liegt an unserer Arbeit: Wir durchsuchen das Netz systematisch nach Falschmeldungen, die wir dann in Faktencheck-Artikeln richtig stellen. Die Themen sind oft kontrovers. Die Hassnachrichten folgen in Wellen. An manchen Tagen bleibt es still, an anderen ist das Postfach voll.
Wollen wir gegen die Drohungen und Beleidigungen juristisch vorgehen, scheitert das oft daran, dass die Betreiber von Webseiten im Ausland sitzen oder nicht zu ermitteln sind. Polizei und Gerichte helfen in diesen Fällen nicht weiter. Und seit dem Urteil des Landgerichts Berlin, das Beleidigungen von Renate Künast wie „Drecks Fotze“ als zulässige Meinungsäußerung bezeichnete, fragen wir uns, inwieweit es überhaupt Sinn ergibt, gegen solche Beleidigungen zu klagen.
Aber jeder Hasskommentar, jeder verachtende Artikel über uns, ist auch ein Zeichen, dass wir etwas erreichen. Wir ertragen diese Beleidigungen und Bedrohungen, weil wir daran glauben, dass gesellschaftlicher Dialog nur auf Basis von Fakten und Aufklärung funktionieren kann. Hetze gegen Geflüchtete und Ausländer, das Leugnen des Klimawandels, das sind nur zwei der Themen, über die Webseiten und Blogs gezielt Desinformation verbreiten. Die Faktencheck-Redaktion von CORRECTIV recherchiert, was stimmt und was nicht. Und wir sind damit sehr erfolgreich.
Für die Seiten, die Falschmeldungen und Desinformation verbreiten, ist unsere Arbeit unterdessen zu einer enormen Bedrohung geworden. Wenn wir Beiträge einer Webseite mehrfach als falsch einstufen, sinkt die Reichweite der Seiten bei Facebook. Weil Facebook einer der wichtigsten Verbreitungskanäle für Populisten, Verschwörungstheoretiker, Impfleugner, Reichsbürger und Desinformanten ist, verlieren sie deutlich an Lesern.
Fakten zu checken, heißt auch, den Wellen von Hass zu trotzen. Da, wo sich unsere Gesellschaft gespalten gegenübersteht, wo Menschen nicht mehr miteinander reden, versuchen wir es mit Dialog. Wir liefern transparente Belege, damit sich jeder ein eigenes Bild machen kann. Und verbreiten unsere Faktenchecks, dort wo die Lügen geteilt werden: bei Facebook, auf Instagram und Twitter. Das wird von vielen als Bedrohung wahrgenommen. Was darauf folgt, sind die beschriebenen persönlichen Angriffe. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern, weil diese Arbeit wichtig für unser demokratisches Miteinander ist.
Wir machen weiter!