Pressefreiheit

CORRECTIV setzt sich gegen Bundesrechnungshof durch: Bundesbehörde ist zur Auskunft gezwungen

CORRECTIV hat vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig gegen den Bundesrechnungshof gewonnen. Die Bundesbehörde muss Auskunft geben zu den Prüfergebnissen im Bundeskanzleramt, im Ministerium für Verkehr und digitaler Infrastruktur, im Ministerium für Wirtschaft und Energie sowie im Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. 

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Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes muss der Bundesrechnungshof erklären, welche Fälle überprüft wurden und was jeweils bemängelt wurde. CORRECTIV hat seit 2014 für mehr Transparenz des Bundesrechnungshofs gekämpft und durch die Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht geklagt. 

„Ein ermutigender Sieg der Pressefreiheit“

Für den Vorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV, Frank Überall, hat das Urteil eine große Wirkung. „Das ist ein ermutigender Sieg der Pressefreiheit über die kleinkarierte Geheimhaltungs-Taktik einer Bundesbehörde. Ich gratuliere CORRECTIV zu diesem Erfolg. Gleichwohl ist es für ein demokratisches Land eine Schande, dass hier überhaupt Gerichte bemüht werden mussten. Die neue Bundesregierung muss deshalb endlich ein Presseauskunftsrecht auf Bundesebene etablieren.“

David Schraven, Publisher von CORRECTIV sagt: „Wir sind froh, dass sich der Bundesrechnungshof nicht seiner Auskunftspflicht entziehen kann. Die Mühe hat sich am Ende gelohnt.“

Auf Basis des nun erstrittenen Urteils können alle Medien in Deutschland in Zukunft Einblick nehmen in die Ergebnisse aller Prüfungen des Bundesrechnungshofes in allen Bundesbehörden.  

Der Bundesrechnungshof verweigerte gegenüber CORRECTIV die Auskunft

Die ursprüngliche Frage von CORRECTIV von Dezember 2014 war einfach: „Ich bitte Sie um eine Übersendung einer einfachen, vollständigen Liste, aus der hervorgeht, was und wer genau, wann in den genannten Behörden geprüft wurde.“ 

Wir wollten die Anzahl der Untersuchungen erfahren und die jeweiligen Prüftitel. Die Vermutung war, dass die Aufstellungen, die der Bundesrechnungshof auf seiner Webseite veröffentlicht, nicht alle Prüfungen der Behörden erfassen. Bei der Anfrage haben wir uns auf das Presserecht bezogen.

Der Bundesrechnungshof verweigerte die Auskunft und begründete die Intransparenz damit, dass durch das Wissen um abgeschlossene Prüfungen die Arbeit der Behörde gefährdet werden könne. Zudem hatte der Bundestag im Jahr 2013 auf Betreiben des Bundesrechnungshofs in einer nächtlichen Abstimmung beschlossen, in der Bundeshaushaltsordnung (BHO) einen Paragrafen einzufügen, der Bürgern die Einsicht in Unterlagen aus Prüfverfahren des Bundesrechnungshofes möglichst verweigern soll. Dem Bundesrechnungshof wurde lediglich die Option eingeräumt, Einsicht in Ergebnisse abgeschlossener Prüfungen zu gewähren. Das kann der Bundesrechnungshof machen, muss es aber nicht. Er hat einen Ermessensspielraum, den er seither sehr restriktiv auslegt,  um die „Effektivität der externen Finanzkontrolle“ nicht zu gefährden. CORRECTIV gegenüber verweigerte der Bundesrechnungshof die Auskunft. 

Dagegen hatte CORRECTIV und mit den Anwälten der Kanzlei Partsch & Partner Rechtsanwälte argumentiert, der Auskunftsanspruch der Presse leite sich direkt aus dem Grundgesetz ab, wenn es um Fragen an Bundesbehörden gehe. Ohne Recherchefreiheit sei keine Pressefreiheit gewährleistet. Aus diesem Grund müsse der Bundesrechnungshof zur Auskunft verpflichtet werden.

Nun urteilte das Bundesverwaltungsgericht nach fast sieben Jahren Rechtsstreit, der Ermessensspielraum des Bundesrechnungshofs zur Auskunftserteilung gegenüber Pressevertretern liege „bei Null“. Die Behörde hat keinen Spielraum, der Presse gegenüber Transparenz zu verweigern. Lediglich in begründeten Ausnahmefällen, die von einem Gericht überprüft werden müssten, dürfe die Behörde vereinzelt Auskünfte verweigern. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision des Bundesrechnungshofes nun zurück und gab den Fall an das Oberverwaltungsgericht Münster zur Neuentscheidung. Das Gericht muss nun sein Urteil abändern und zugunsten von CORRECTIV entscheiden.