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Europawahl 2024: Analyse offenbart wie wenig Youtube, Tiktok, X und Co. gegen Desinformation unternehmen

Vor der Europawahl 2024 haben Redaktionen aus ganz Europa, darunter auch CORRECTIV.Faktencheck, eine Faktencheck-Datenbank aufgebaut. Die spanische Faktencheck-Redaktion Maldita hat diese Daten genutzt, um den Umgang der großen Social-Media-Konzerne mit Desinformation zu analysieren – mit ernüchternden Ergebnissen.

von Florian Löffler

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Gehen die Social-Media-Konzerne ausreichend gegen Desinformation vor? Eine europaweite Analyse rund um die Europawahl 2024 liefert ein ernüchterndes Ergebnis (Symbolbild: Sebastian Willnow / Picture Alliance / DPA)

Falschbehauptungen verbreiten sich häufig über Ländergrenzen hinweg. Deshalb haben wir im Rahmen des European Fact-Checking Standards Network (EFCSN) gemeinsam mit mehr als 40 Faktencheck-Redaktionen die erste öffentliche EU-weite Faktencheck-Datenbank zur Europawahl gestartet: Elections24Check.  Die Datenbank ermöglicht erstmals einen gesamteuropäischen Blick auf die Desinformationsflut zu einer Europawahl. In diesem Rahmen hat die spanische Faktencheck-Organisation Maldita nun analysiert, wie die einzelnen Plattformen mit den von Faktencheck-Redaktionen geprüften Falschbehauptungen umgehen.

Maldita warf einen Blick auf Youtube, X, Tiktok, Instagram und Facebook, die alle als „very large online platforms“ im Rahmen des Digital Services Act (dem Gesetz über digitale Dienste der EU) dazu verpflichtet sind, „angemessene, verhältnismäßige und effektive Maßnahmen“ gegen Desinformation zu ergreifen. Die Faktencheck-Organisation untersuchte mehr als 1.300 Beiträge, zu denen die Mitglieder des EFCSN zwischen Februar und dem 6. Juni 2024 Faktenchecks veröffentlichten.

Das Ergebnis: Bei 45 Prozent der untersuchten Beiträge wurden von den Plattformen keine Maßnahmen unternommen; beim Blick auf die einzelnen Plattformen zeigen sich zudem maßgebliche Unterschiede.

Youtube unternimmt kaum etwas gegen Videos, die Desinformation zur Europawahl verbreiten

In 75 Prozent der Fälle hat Youtube laut der Analyse von Maldita nichts gegen Videos mit Desinformations-Inhalt unternommen. Und falls doch, wurde in 80 Prozent der Fälle lediglich eine allgemeine Information eingeblendet, aber nicht näher auf die konkreten Falschbehauptungen eingegangen.

Die meisten viralen Fakes verbreiteten sich auf X

Auch auf X zeichnet sich ein ernüchterndes Bild: In 70 Prozent der Fälle unternahm die Plattform nichts gegen Falschbehauptungen, die bereits von Faktencheck-Organisationen geprüft wurden. Lediglich in 15 Prozent der Fälle gab es einen Hinweis über sogenannte Community Notes. Zudem verbreiteten sich 18 der 20 viralsten Falschbehauptungen der Analyse auf X.

TikTok im Bezug auf das Vorgehen gegen Desinformation weiter intransparent

TikTok reagierte in 40 Prozent der Fälle. Jedoch ist auch hier das konkrete  Vorgehen problematisch: TikTok belegte die Desinformationsinhalte demnach meist nicht mit einem Hinweis zur Aufklärung, sondern löscht die Beiträge einfach – in 32 Prozent der Fälle. Nachvollziehbarkeit oder Aufklärung für Nutzerinnen und Nutzer gibt es so nicht.

Facebook und Instagram reagierten auf Großteil der Desinformation im Rahmen von Kooperation mit Faktencheck-Organisationen

Metas Plattformen Facebook und Instagram schneiden in der Analyse am besten ab: So unternahm Instagram in 70 Prozent und Facebook in 88 Prozent der Fälle etwas gegen die von Faktenchecker-Redaktionen geprüften Beiträge. Ein Großteil davon geschah durch Warnhinweise, mit denen Faktencheck-Redaktionen die von ihnen geprüften Beiträge selbst versehen. Dahinter steckt das Third Party Fact-Checking Program von Meta, von dem auch CORRECTIV teil ist. Wer den Warnhinweisen folgt, landet bei Faktenchecks, die über die Falschbehauptung aufklären. Mehr Informationen dazu finden Sie hier. Die im Vergleich hohe Prozentzahl muss daher im Kontext der Kooperation und den untersuchten Datensatz – ausschließlich bereits geprüfte Falschmeldungen – betrachtet werden.

Die gesamte Analyse von Maldita finden Sie hier. Zudem veröffentlicht das EFCSN regelmäßig Berichte über das Vorgehen der Social-Media-Konzerne im Rahmen des DSA.