Nordrhein-Westfalen wollte geheim halten, in welche Firmen das Land seine Geldanlagen steckt.
CORRECTIV musste mehrfach auf das Presserecht pochen. Erst dann legte das Finanzministerium in Düsseldorf seine Investitionen offen. Nicht nur, dass die Kohlekraftwerke in NRW europaweit die meisten umweltschädlichen Gase in die Luft pusten – man hat über die Pensionsfonds auch 81 Millionen Euro in Klimasünder investiert.
Dies geht aus den Unterlagen über zwei Pensionsfonds hervor, die CORRECTIV exklusiv vorliegen. Die beiden Fonds heißen „Versorgungsfonds“ und „Versorgungsrücklage“. Das Düsseldorfer Finanzministerium beantwortete über Wochen fünf Anfragen nur lückenhaft. Die Begründung: Das Anlageverhalten des Landes solle nicht erkennbar werden, weil dem „Land beim Auftreten am Markt Schaden“ entstehen könnte. Erst als CORRECTIV mehrfach auf das Presserecht auf Auskunft pochte, übersandte das SPD-geführte Ministerium eine Liste der Unternehmen, in die es in den vergangenen Jahren für die künftigen Beamtenpensionen angelegt hatte.
In diese Firmen hat NRW seine Beamtenpensionen investiert:
Darunter finden sich Unternehmen, die besonders viel klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre pusten. Insgesamt hat Nordrhein-Westfalen rund 81 Millionen Euro in Firmen investiert, die mit Kohle, Öl und Gas ihr Geld verdienen und damit den Klimazielen der Bundesregierung zuwider laufen. Auch von der Tabak — und Alkoholindustrie möchte das Land als Anleger profitieren: Gut 19 Millionen Euro gingen an Firmen wie Carlsberg, Heineken und Philipp Morris. Die Summen sind vergleichsweise gering. Aber sie widersprechen den klimapolitischen und gesellschaftlichen Zielen, zu denen sich die Landesregierung verpflichtet hat.
In keine dieser Entscheidungen des Finanzministeriums hatten Bürger bisher Einblick. Abgeordnete durften zwar im Landtag in die Akten gucken, sie wurden aber angewiesen, die Informationen „vertraulich“ zu behandeln. Dabei kann eine Offenlegung nach Ansicht von Experten dem Land keineswegs schaden — der norwegische Staatsfonds, mit rund 700 Milliarden Euro deutlich größer als der nordrhein-westfälische, geht mit seinen Anlagen seit Jahren sehr transparent um.
„Wir müssen aufhören, die Klimakrise mit unserem Geld weiter zu befeuern“, sagt der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Martin-Sebastian Abel. Dabei liegt in NRW mit Münster die bundesweit erste Stadt, die sich zum „devestment“ bekannt hat. Aktivisten von der Bürgerinitiative „Fossil Free“ hatten im vergangenen Jahr die Stadt zum Ausstieg aus klimaschädlichen Investitionen für ihre Beamten bewegt.
Inzwischen gibt es rund 23 Fossil Free-Gruppen in Deutschland, alleine sechs davon in Nordrhein-Westfalen. Auch deshalb hat die rot-grüne Mehrheit im Düsseldorfer Parlament schon vor einigen Monaten das Finanzministerium dazu aufgefordert, ökologische Kriterien für den Pensionsfonds zu suchen. Ab dem Jahr 2018 an sollen die Beamtenpensionen sozialer und klimagerechter angelegt werden. Offenbar eine schwierige Aufgabe: Um die Klimaschädlichkeit wurde am meisten gestritten.
Im bevölkerungsreichsten Bundesland wird die Zahl der Beamten in Pension von derzeit 150 000 auf 165 000 bis zum Jahr 2025 ansteigen. Aber wer sollte die künftigen Pensionen erwirtschaften? Sollten die Pharmakonzerne mehr Geld erhalten oder etwa Agrarkonzerne, die in großem Stil landwirtschaftliche Flächen in Afrika aufkaufen? Fragen, auf die NRW noch immer eine Antwort sucht. Den Katalog an fairen Geldanlagen gibt es daher bis heute nicht.
Für NRW ist diese Abkehr von der Kohle beim Pensionsfonds ein widersprüchlicher Akt: Noch immer emittieren in dem Bundesland Kohlekraftwerke europaweit die meisten umweltschädlichen Gase. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft setzt sich dafür ein, die heimische Kohle weiter zu unterstützen.