Mafia

Apuliens Pate

Am Freitag haben Ermittler rund um den Münchner Hauptbahnhof Patrizio P. festgenommen. Der Mafioso war vor einem Jahr untergetaucht und lebte unter falscher Identität in Deutschland - wo er wahrscheinlich Mafia-Geld wusch.

von Margherita Bettoni

Der Mafioso wurde rund um dem Hauptbahnhof festgenommen.

© München Hauptbahnhof von Jaan-Cornelius K. unter Lizenz CC BY-SA 2.0

Ein Jahr lang war Patrizio P. auf der Flucht, ehe er am Freitag in München verhaftet wurde. Der 44-Jährige wird beschuldigt, Mitglied der Sacra Corona Unita zu sein, der Mafia aus Apulien, dem „Absatz“ des italienischen Stiefels. 

Der Mann trug einen falschen rumänischen Pass bei sich, als er kurz vor 13 Uhr von der Polizei in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs angehalten wurde. Für seine Festnahme hat das LKA eng mit den italienischen Carabinieri gearbeitet. 

Clan wollte Drogengeschäfte in Deutschland führen

Patrizio P. ist Mitglied einer wichtigen Mafia-Familie, die über die apulische Stadt Squinzano herrscht. Sie kontrollierte, mindestens zwischen 2008 und 2012, nicht nur den dortigen Drogenhandel, sondern auch die Lokalpolitik. Der Kronzeuge Ercole P. hatte Squinzano als einen Ort bezeichnet, in dem die Bürger die Mafia für eine Art Wohlfahrtsgesellschaft halten, weil sie glaubten, der Clan P. wolle nur das Beste für ihre Stadt.

Im November 2014 hatte die italienische Polizei im Rahmen der Operation „Vortice-Déjà Vu“ 26 Menschen festgenommen – darunter neben Clan-Mitglieder auch die Präsidentin des Kommunalrates, den Ex-Bürgermeister und den ehemaligen Polizeichef von Squinzano. Patrizio P. und seinem Bruder Antonio aber war die Flucht gelangen. Seitdem fahndeten italienische Ermittler mit einem EU-Haftbefehl nach den Gebrüdern P. Durch die damalige Razzia waren auch Pläne des Clans bekannt geworden, ihr Drogengeschäft unter anderem nach Deutschland auszuweiten. 

Auch die italienische Finanzpolizei fahndete nach Patrizio und Antonio P. Die Ermittlungen der Operation „White Butcher“ hatten gezeigt, dass der Clan auch mithilfe der ‘Ndrangheta, der Mafia aus Kalabrien, Drogen aus Kolumbien schmuggelte. 

In Deutschland untergetaucht

Bereits im Mai war Patrizios Bruder Antonio an der Grenze zwischen Ungarn und Rumänien festgenommen worden. Er trug ebenso falsche Dokumenten bei sich – und 25.000 Euro Bargeld. 

Patrizio P. hielt sich hingegen in Deutschland auf. Zuerst vermuteten die Ermittler, er würde sich in Rehinland-Pfalz verstecken, doch dann konzentrierten sich die Ermittlungen auf Bayern. In der Nähe von München hatte der Mafioso eine Geliebte, die er regelmäßig besuchte. Außerdem gehen italienische Ermittler davon aus, dass der Boss in Deutschland Schwarzgeld waschen wollte. 

Patrizio P. sitzt derzeit in München im Gefängnis. Italien hat seine Auslieferung beantragt. Ihm werden dort unter anderem Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung, illegales Glücksspiel, internationaler Rauschgifthandel, Wucher und Erpressung vorgeworfen. 

Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz, die das Auslieferungsverfahren bearbeitet, teilte auf Anfrage von CORRECTIV mit, dass die Auslieferung von Patrizio P. bereits am Montag bewilligt wurde, nachdem der Verhaftete sich mit einer vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hatte.