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Im Clinch mit dem Betriebsrat

Die Antikorruptions-Organisation steckt in einer tiefen Krise. Die Transparenzhüter müssen sparen und umstrukturieren. Gleichzeitig kämpft TI vor dem Berliner Arbeitsgericht gegen den eigenen Betriebsrat, der einen Wirtschaftsausschuss gründen will. Die Streitigkeiten haben jetzt zu Änderungen an der Spitze geführt.

von Frederik Richter

Intransparency International: die Organisation lässt sich bei ihren Geschäften nicht gerne auf die Finger sehen.© Ivo Mayr

Die Recherche erscheint gleichzeitig bei unseren Kooperationspartnern Badische Zeitung, Donau-Kurier, Münchner Merkur, Der Tagesspiegel, die tageszeitung, Stuttgarter Zeitung, Oberbayrisches Volksblatt.

Transparency International (TI) sieht sich gern als Speerspitze im weltweiten Kampf gegen Bestechung, gegen korrupte Eliten, die ihre Reichtümer in Scheinfirmen und Steuerparadiesen verstecken. Doch intern geht es bei TI weniger fein zu. Die Organisation macht selbst Geschäfte mit korrupten Konzernen, wie CORRECTIV im vergangenen Jahr aufgedeckt hat und verbucht Einnahmen in seinen Geschäftsberichten so, dass die Geldflüsse für Außenstehende kaum nachvollziehbar sind.

Wie schwer sich TI im Umgang mit dem eigenen Personal tut, zeigt auch ein aktueller Prozess vor dem Berliner Arbeitsgericht. TI strukturiert derzeit das weltweite Sekretariat mit Sitz in Berlin um. Das Sekretariat ist das Nervenzentrum der Organisation. Es unterstützt die nationalen Verbände in ihrer Arbeit. Doch im Laufe der Zeit haben sich an der Spitze erstaunlich viele teure Manager angesiedelt rund um den südafrikanischen Geschäftsführer Cobus de Swardt, der fast zehn Jahre an der Spitze stand. Diese Woche wurde de Swardt nach CORRECTIV-Informationen von einem Teil seiner Aufgaben entbunden. 

Um Kosten zu senken, hat TI die Hierarchien geändert und Personal abgebaut. Die Betriebsräte wollten in dieser Situation die Rechte der Arbeitnehmer stärken und einen sogenannten Wirtschaftsausschuss gründen. Ein solcher Ausschuss kann zum Beispiel stärker Einsicht in die Finanzen der Organisation verlangen. Das Management von TI versucht bis heute, diese Gründung zu verhindern und ging dafür sogar vor Gericht.

Transparency will Tendenzbetrieb sein

Um zu verstehen, wie die TI-Spitze dabei vorging, muss man in die Details des Arbeitsrechts in Deutschland eintauchen. Im Streit mit dem Betriebsrat zog TI vor das Arbeitsgericht Berlin, um sich selber zu einem sogenannten politischen Tendenzbetrieb zu erklären. Ein Tendenzbetrieb ist eine Organisation oder ein Unternehmen, das besondere gesellschaftliche Aufgaben erfüllt oder das politisch aktiv ist. Kirchen oder Medien zum Beispiel sind auch Tendenzbetriebe.

Die Mitarbeiter in Tendenzbetrieben genießen bei Kündigungen weniger Schutz als in normalen Betrieben. Tendenzbetriebe können vereinfacht gesagt Arbeitnehmer wegen ihrer politischen Gesinnung kündigen. Ein weiterer Vorteil eines Tendenzbetriebs aus Sicht des Arbeitgebers ist, dass seine Betriebsräte keinen Wirtschaftsausschuss gründen können. Das Arbeitsgericht Berlin jedoch urteilte im Juli, dass TI kein Tendenzbetrieb sei und folgte damit den Argumenten des Betriebsrats. Gegen dieses Urteil hat TI nach Angaben einer Gerichtssprecherin wiederum Beschwerde eingelegt.

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Transparency-Geschäftsführer Cobus de Swardt hat diese Woche einen Teil seiner Aufgaben verloren.

In der Transparency-Zentrale ist das Klima zwischen dem Management und den Betriebsräten inzwischen vergiftet. Offenbar um die Situation zu entschärfen, hat es jetzt personelle Konsequenzen gegeben. Eine Sprecherin von TI bestätigte gegenüber correctiv.org, dass jetzt vorläufig Lucas Olo Fernandes als zweiter Geschäftsführer die Umstrukturierungen verantwortet. Fernandes, der aus Äquatorial-Guinea stammt, war bisher bei TI für die Region Zentralafrika zuständig.

Bei den internen Streitigkeiten geht es offenbar auch um teure Zweitwohnsitze, die sich einige Führungskräfte außerhalb Deutschlands geleistet haben sollen, wie aktuelle und ehemalige Transparency-Mitarbeiter sagen. Transparency bestätigte gegenüber CORRECTIV die Zahlungen, machte zu ihrer Höhe aber keine Angaben.

In einer Sitzung mit dem Betriebsrat Anfang November soll TI weitere Entlassungen angekündigt haben. Das Klima in der Organisation ist inzwischen so schlecht, dass einige Angestellte glauben, TI wolle sogar mit Hilfe weiterer Entlassungen einen Wirtschaftsausschuss verhindern. Denn einen solchen Ausschuss dürfen Betriebsräte nur dann gründen, wenn ihr Unternehmen mehr als 100 Angestellte beschäftigt. Im Sommer arbeiteten noch mehr als 150 Leute bei TI.

In einer Stellungnahme gegenüber CORRECTIV begründete TI die Klage vor dem Berliner Arbeitsgericht damit, dass man den rechtlichen Status der Organisation grundsätzlich habe klären wollen. Der Wirtschaftsausschuss des Betriebsrats könne unberührt von dem Rechtsstreit seiner Arbeit nachgehen. Der Betriebsrat lehnte eine Antwort unter Verweis auf aktuelle Verhandlungen mit dem Management ab.

Derzeit wirkt TI durch die Auseinandersetzungen um Entlassungen und Kostensenkungen wie gelähmt. Im Urteil des Berliner Arbeitsgerichts kann man auch lesen, dass nach Ansicht des Betriebsrats das Sekretariat in Berlin nur als Verwaltungsapparat diene, während die wirkliche Arbeit in den Landesverbänden vor Ort stattfinde. Auch die Umsetzung des im vergangenen Jahr beschlossenen Fünf-Jahres-Plans finde kaum statt.

Außerdem muss Transparency sparen. Im vergangenen Jahr hat die Organisation noch 27 Millionen Euro eingenommen. Doch dem Vernehmen nach soll für das kommende Jahr ein Loch von mehreren Millionen Euro im Etat klaffen. Grund für das Loch ist vor allem, dass die britische Regierung ihre Zuwendungen für das internationale Sekretariat reduziert hat. Über die genaue Höhe des Defizits machte TI keine Angaben.

All das ist viel Gesprächsstoff für die Delegierten aus aller Welt, die vom 1. Dezember an zur weltweiten Antikorruptionskonferenz IACC zusammen treffen. Diese alle zwei Jahre stattfindende Konferenz verkauft Transparency auch an solche Regierungen, die damit ihren angeschlagenen Ruf reinwaschen wollen.

Für die Konferenz am 1. Dezember hat Transparency dafür einen besonders passenden Ort gewählt – die Steueroase Panama.

Wir haben weitere Missstände bei Transparency International recherchiert, Ihr findet sie hier: 

Versteckspiele – Das zweifelhafte Finanzgebaren von Transparency International

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