Faktencheck

Kein vermehrter Widerstand gegen Essener Beamte

Übergriffe auf Polizeibeamte sorgen für Unruhe. Nun kommt raus, das Landeskriminalamt NRW hat in einer offiziellen Stellungnahme der Landesregierung mit falschen Zahlen gearbeitet, als es um die Übergriffe auf Beamte in Essen ging.

von Bastian Schlange

© Polizei von da ho unter Lizenz CC BY-NC 2.0

Immer wieder gab es in den vergangenen Monaten Übergriffe gegenüber Polizeibeamten in Essen: Vor allem Auseinandersetzungen mit Libanesen-Clans brachten die Beamten der Ruhrmetropole in Bedrängnis. Im September stellte daraufhin der FDP-Landtagsabgeordnete Ralf Witzel eine Kleine Anfrage an die Landesregierung, wollte wissen, wie sich die Zahl der Angriffe im aktuellen Jahr tatsächlich entwickelt hat.

Die Antwort des Innenministeriums vom 17. Oktober passte in die aktuelle Stimmung: Übergriffe in der Dortmunder Nordstadt, Diskussionen über No-Go-Areas, die tödlichen Schüsse eines Reichsbürgers auf einen Beamten und dann ein Anstieg von rund 33 Prozent auf insgesamt 385 Übergriffe gegenüber Vollstreckungsbeamten in Essen.

Allein die Zahlen des Deliktes „Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte“ seien demnach von 221 Fällen im Jahr 2015 auf 318 Fälle in den ersten neun Monaten 2016 angestiegen. Dramatisch.

Nun kommt allerdings heraus, diese Angabe des Innenministeriums stimmt nicht. Das Innenministerium hat sich auf Angaben des Landeskriminalamtes verlassen. Und das Landeskriminalamt hat die Zahlen des Jahrgangs 2015 und die der ersten drei Quartale 2016 vertauscht. Was für Aufregung und vermehrte Berichterstattung in den NRW-Medien geführt hatte, war nichts als ein Zahlendreher.

„Natürlich ist ein leichter Anstieg über die Jahre zu verzeichnen“, sagt ein Sprecher der Polizei Essen. „Aber kein sprunghafter, wie in den vergangenen Tagen berichtet.“ Vermutlich werde sich die Zahl der Übergriffe 2016 auf dem Level der vergangenen Jahres einpendeln.


Unsere Wertung: drei von fünf Pinocchios für das Innenministerium von Ralf Jäger (SPD)


Mit Pinocchios bewerten wir den Wahrheitsgehalt einer offiziellen Aussage. Fünf Pinocchios stehen für das Maximum einer bewusste Falschmeldung. Ein Pinocchio bezeichnet eine leichtgewichtige Falschmeldung, die Menschen versehentlich in die Irre leitet. Drei Pinocchios stehen für eine grobe unwahre Aussage, die mehr oder weniger fahrlässig über offizielle Kanäle oder in Interviews wiederholt verbreitet wurde.