
Liebe Leserinnen und Leser,
es war eines der großen Vorhaben der alten Bundesregierung: Ein Teil unseres gesetzlichen Rentenvermögens sollte künftig am Kapitalmarkt angelegt werden. Nur so, hieß es, lasse sich künftig noch sicherstellen, dass die Rente sicher ist.
Jetzt aber hat die neue Bundesregierung das Großprojekt einkassiert – das zeigt unser heute veröffentlichter Text von Reporterin Elena Kolb, die für uns das Thema verfolgt. Wie soll es jetzt weitergehen? Heute Thema des Tages.
Dazu haben wir heute auch eine Umfrage für Sie vorbereitet: Wie sorgen Sie fürs Alter vor? Machen Sie mit, per Klick hier oder aufs Bild:

Auch später in dieser Woche wird es bei uns schwerpunktmäßig um Altersvorsorge gehen – und darum, wie und ob sich Nachhaltigkeit und Geldanlage überhaupt vereinbaren lassen.
Außerdem im SPOTLIGHT: In der Rubrik „Gemeinsam aufgedeckt“ geben wir ein Update, was die großen Beratungsfirmen auf unsere Frage antworteten: Versuchen sie gerade schon hinter den Kulissen, sich Aufträge zu sichern?
Ich hoffe, Sie sind gut in die Woche gestartet. Schreiben Sie mir gern, was Sie sonst noch umtreibt: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Adios, Aktienrente!
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Blue Origin: Wie viel CO2 verursachte Katy Perrys Weltraumflug?
CORRECTIV-Werkbank: Betrügerische Anzeigen im Netz
Grafik des Tages: Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien
Gemeinsam aufgedeckt: Berater: Infrastruktur noch kein Thema
Offiziell hieß das Großprojekt: Generationenkapital. Die damaligen Bundesminister Christian Lindner (Finanzen, FDP) und Hubertus Heil (SPD) hatten es gemeinsam eingefädelt.

Der Plan war, dieses Jahr die ersten zwölf Milliarden Euro aus der gesetzlichen Rente am Kapitalmarkt anzulegen, dies immer weiter auszubauen – und so die Lücke zu stopfen, die uns als Volkswirtschaft Sorge bereitet: dass immer weniger Junge, Erwerbstätige immer mehr Alte versorgen müssen. Andere Länder machen das längst.
Was unsere aktuelle Veröffentlichung zeigt:
Bei der neuen Bundesregierung aus Union und SPD ist keine Rede mehr von den Plänen. Im Koalitionsvertrag wird die Aktienrente mit keinem Wort erwähnt.
Wir haben beim federführenden Finanzministerium nachgefragt, was denn nun mit der Aktienrente ist. Die Antwort:
„Ein Vorhaben analog zum Generationenkapital ist unseres Erachtens nach nicht geplant.“
Pressestelle
Bundesfinanzministerium
Wenn man Behördendeutsch zwischen den Zeilen lesen kann, klingt das doch arg nach: Na dankeschön, all der Aufwand umsonst.
Was die Bundesregierung stattdessen plant:
Im Koalitionsvertrag steht als Plan die sogenannte Frühstart-Rente. Für Kinder ab sechs Jahren will die Regierung bis zu deren 18. Lebensjahr monatlich zehn Euro anlegen.
Was Experten davon halten:
Wenig. Wir haben einen Rentenspezialisten beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung dazu befragt. Er sagt, das sei ein „Schaufenster-Projekt, das keine echten Probleme löst“.
Denn über dieses Instrument würde voraussichtlich viel zu wenig Geld angelegt, um die riesigen Probleme des gesetzlichen Rentensystems lösen zu können.
Arbeitsministerin Bas möchte SPD-Chefin werden
Im Juni soll die Wahl der neuen Parteivorsitzenden bei den Sozialdemokraten stattfinden. Die Arbeitsministerin Bärbel Bas möchte SPD-Co-Vorsitzende werden, laut der Nachrichtenagentur Reuters wird Bas vom Vorstand und vom Präsidium der Partei bei Ihrem Vorhaben unterstützt.
tagesschau.de
Selenskyj will Putin am Donnerstag in der Türkei treffen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bereit erklärt, den Kremlchef Wladimir Putin in der Türkei persönlich zu treffen. Seine Bedingung ist eine Waffenruhe, „um die notwendige Grundlage für die Diplomatie zu schaffen“, so Selenskyj.
fr.de
Göttingen: Hunderte demonstrieren gegen Rechtsextremismus und für ein AfD-Verbot
In Göttingen und vielen weiteren Städten in Deutschland demonstrieren Hunderte Menschen für ein AfD- Verbotsverfahren. Das Netzwerk „Zusammen gegen Rechts“ hat zu den Demonstrationen aufgerufen, nachdem der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft hatte.
hessenschau.de /goettinger-tagesblatt.de
Recherche: Rechter Influencer hinter „Clownwelt“ enttarnt
Unter dem Namen „Clownie“ hetzt der rechte Influencer gegen Politiker, queere Personen, Frauen oder den Öffentlich Rechtlichen Rundfunk. Seine wahre Identität offenbart nun Jan Böhmermann in seiner TV-Sendung „ZDF-Magazin Royale“, diese Enttarnung stößt vor allem auf Seiten der Rechten auf Kritik.
ksta.de

Faktencheck

Blue Origin schickte Mitte April die Popsängerin Katy Perry und fünf weitere Frauen ins All. Im Anschluss verbreiten sich Behauptungen zum CO2-Fußabdruck der „New Shepard“-Rakete, auch Ricarda Lang teilte eine solche. Was über die Umweltauswirkungen des Weltraum-Ausflugs bekannt ist.
correctiv.org
Endlich verständlich
Zu wenig Kritik an der humanitären Lage im Gazastreifen – oder endlich jemand, der sich noch deutlicher an die Seite Israels stellt? Die Bewertungen zur ersten Reise des neuen Außenministers Johann Wadephul (CDU) gehen auseinander. Wie sich der neue Außenminister von seiner Amtsvorgängerin unter anderem im Hinblick auf Nahost unterscheidet, thematisieren hier die Welt und die taz.
welt.de / taz.de
So geht’s auch
13 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr: Kaffee, Bananen und andere Produkte mit Fair Trade-Siegel erzielten 2024 einen Rekordumsatz von 2,9 Milliarden Euro.
fr.de
Fundstück
Unsere Jugendredaktion Salon5 feiert den fünften Geburtstag. Jugendreporterinnen Aylin und Romance sprechen zu diesem Anlass über ihre Lieblingsmomente bei der Salon5. Was die beiden außerhalb von journalistischen Techniken gelernt haben und warum die Redaktion ein ganz besonderer Ort für sie ist, hören Sie im Podcast.
Salon5 (Instagram)
Mitte April informiert uns eine Leserin über eine dubiose Werbeanzeige. Alice Weidel soll gesagt haben: „Sie können anfangen, 30.000 Euro pro Monat zu verdienen oder einfach vorbeigehen”. Dahinter steckt Betrug, wie die Leserin bereits weiß. Denn: Sie hat zuvor durch einen ähnlichen Scam rund 10.000 Euro verloren, erzählt sie.
Mein Anlass für eine Recherche: Ich gebe „Alice Weidel” in der Werbebibliothek von Instagram und Facebook ein und sehe gleich mehrere Anzeigen, die nach derselben Masche funktionieren. Sie locken Nutzer auf eine Fake-Seite mit dem Logo von Medien wie Bild oder der Tagesschau. Dort verrät angeblich eine Politikerin oder ein Promi wie Alice Weidel, Elon Musk oder Peter Maffay ein Geheimnis, mit dem man Geld verdienen könne. Doch wer investiert, verliert.
Immer wieder erreichen unsere Faktencheck-Redaktion Hinweise auf solche betrügerischen Anzeigen. Mal kursieren sie auf Facebook oder Instagram, mal auf X, Youtube oder gar auf Nachrichtenseiten. Mehrfach haben sich Betroffene bei uns gemeldet, die dadurch Geld verloren haben.
Die Frage ist: Warum tauchen solche Anzeigen immer wieder auf, obwohl die Masche doch bekannt ist? Die Hintergründe habe ich in diesem Text erklärt. Haben Sie Erfahrungen mit gefälschten Werbeanzeigen gemacht? Schicken Sie Hinweise gerne an: faktencheck@correctiv.org

Das Vertrauen in die öffentlich-rechtlichen Medien ist leicht gestiegen, 61 Prozent schätzen sie einer Studie von Infratest Dimap zufolge als vertrauenswürdig ein (plus fünf Prozentpunkte im Vergleich zu 2023). Schlüsselt man nach Parteien auf, zeigen sich jedoch große Unterschiede. Besonders Wählerinnen und Wähler von AfD und BSW stehen ARD und Co. skeptisch gegenüber. Ebenfalls spannend: Junge Menschen informieren sich überwiegend über soziale Netzwerke – gleichzeitig halten sie diese Kanäle für wenig vertrauenswürdig.
presse.wdr.de
Als regelmäßige Leserinnen und Leser unserer „Gemeinsam aufgedeckt“-Recherche erinnern Sie sich sicher, dass wir uns seit ein paar Wochen dazu umhören: Sind momentan schon Beraterfirmen auf Pirsch? Umgarnen sie bereits das Bundesfinanzministerium – in der Hoffnung, hier einen lukrativen Auftrag zu bekommen? Also: Bieten sie dem Ministerium an, es gegen Gebühr dabei zu beraten, wie die 500 Milliarden Euro Infrastruktur-Sondervermögen verteilt werden?
Wir haben mittlerweile mit zwei großen Beratungsfirmen gesprochen. Also solchen, die nicht nur klassische Unternehmensberatung anbieten, sondern auch die Bundesregierung gegen Geld beraten. Das nämlich ist ein wachsender Geschäftszweig für diese Branche.
Unserer neuen Bundesregierung ist allerdings aufgefallen, dass die Ausgaben für externe Berater in der Vergangenheit ziemlich aus dem Ruder gelaufen sind. Deshalb steht im Koalitionsvertrag unter dem Stichwort „Haushaltskonsolidierung“, dass diese Ausgaben reduziert werden sollen.
Und tatsächlich: Jene Berater, mit denen wir gesprochen haben, sagen: Sie rechnen sich hier erstmal keine großen Chancen auf Aufträge aus. Der Grund: Die Regierung müsse ja gar nicht dabei beraten werden, wohin sie das Geld stecken will, der Bedarf sei ja klar: Deutsche Bahn, Straßen und Brücken, Schulen etc.
Und wie das Geld aufgeteilt werden sollte, das hätten schon genügend Wirtschaftsforscher ausgerechnet. Vor allem wird immer wieder auf diese aktuelle Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln verwiesen. Darin stehen Empfehlungen, welcher Anteil des Geldes wohin fließen sollte. Schönheitsfehler: Darin steht, für die Sanierung des Landes würden 600 Milliarden Euro gebraucht – also 100 Milliarden mehr als derzeit veranschlagt.
Mit welchen Beratungsfirmen wir konkret gesprochen haben, dürfen wir hier übrigens nicht schreiben, denn: Sie haben nur unter der Bedingung mit uns gesprochen, dass dies „im Hintergrund“ geschieht – Journalistensprache für: Niemand darf mit seinem Namen zitiert werden.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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