
Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.
Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen. Oder doch?
In Wohnheimen in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad und in Peschawar warten laut Bundesinnenministerium derzeit etwa 1.850 Menschen aus Afghanistan darauf, dass die Bundesrepublik ihnen Visa für die Einreise nach Deutschland erteilt. Die Ampel-Koalition hatte ihnen dies nach dem Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan in Aussicht gestellt, um sie vor der Willkürherrschaft der Taliban zu schützen. Die Betroffenen sollten nach Pakistan reisen und dort die Erledigung der Einreiseformalitäten abwarten. Doch nun stecken sie fest – denn die Regierung Merz hat das Aufnahmeprogramm im Zuge ihrer Verschärfung der Migrationspolitik ausgesetzt. Ist das in Ordnung? Oder haben die Afghanen angesichts des Versprechens der Vorgängerregierung einen Rechtsanspruch auf Aufnahme in Deutschland? Mehr dazu im Thema des Tages.
Außerdem möchte ich Ihnen den neuen Faktencheck meiner Kollegin Sara Pichireddu empfehlen. Sie hat sich einer Behauptung gewidmet, die derzeit im Internet kursiert: Flüchtende Muslime suchen demnach ausschließlich in nicht-muslimischen Ländern Schutz. Aber stimmt das?
Ich vertrete heute meine Kollegin Anette Dowideit und wünsche Ihnen eine informative und inspirierende Lektüre!
Thema des Tages: Afghanen warten auf Visa für Deutschland
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Doch, muslimische Flüchtlinge suchen auch in muslimischen Ländern Asyl
CORRECTIV-Werkbank: Warum wir anderen wieder mehr zuhören sollten
Grafik des Tages: Die meisten Menschen in Deutschland lehnen Rechtsextremismus ab
In Islamabad und in Peschawar – rund 5.000 Kilometer entfernt von den Debatten des politischen Berlin – sitzen rund 1.850 Frauen, Männer und Kinder aus Afghanistan, die sich auf das Versprechen verließen, in Deutschland aufgenommen zu werden. Nun stehen sie vor dem Nichts. Denn die Bundesregierung will ihnen, trotz der früheren Versprechungen, keine Visa erteilen.
Wer verstehen will, wie es so weit kommen konnte, muss einen Blick zurück werfen – in den August 2021. Die westlichen Alliierten verließen das von Krieg und Bürgerkrieg geschundene Afghanistan damals nach dem „Krieg gegen den Terror“ und einem jahrelangen Hilfseinsatz fluchtartig.
Die Bundesrepublik plagte angesichts des planlosen Rückzugs ein schlechtes Gewissen – und die Ampel-Koalition legte ein „Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan“ auf: Zusätzlich zu den Afghaninnen und Afghanen, die deutsche Organisationen als Ortskräfte unterstützt hatten, sollten auch Menschen nach Deutschland kommen dürfen, die fürchten mussten, von den Taliban verfolgt zu werden. In Pakistan sollten sie auf ihre Weiterreise nach Deutschland warten. Ausgewählt wurden sie von Nichtregierungsorganisationen. Wie das Auswärtige Amt CORRECTIV mitteilte, kamen in den vergangenen Jahren durch die verschiedenen Aufnahmeprogramme insgesamt mehr als 33.000 gefährdete Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland.
An dem Bundesaufnahmeprogramm regte sich Kritik. Denn die Regierung nannte weder die Namen der NGOs, noch konnten die Verantwortlichen vermitteln, nach welchen Kriterien die Menschen ausgewählt wurden.
Die Regierung Merz, getrieben vom Versprechen einer schärferen Migrationspolitik, stoppte die Programme. Das Problem: Die ausgewählten Personen waren in Erwartung einer Weiterreise nach Deutschland schon nach Pakistan gefahren – und dort sitzen viele immer noch. Einige hundert haben Kanzler Merz nun einen Brief geschrieben. Die Bundesrepublik müsse sich an ihre Zusage halten. Die Rückkehr nach Afghanistan würde „für viele von uns brutal und gewaltsam enden“, schreiben sie.
Wie also ist das mit Versprechen? Muss man sie nicht einhalten? Oder kann es veränderte Umstände geben, die es rechtfertigen, Zusagen zu kassieren? Und: Wie verbindlich waren die Versprechen?
In der Rechtsprechung zeichnet sich eine Linie ab
Die bisherige Rechtsprechung ist nicht einheitlich. Aber es zeichnet sich doch eine Linie ab: Afghaninnen und Afghanen, denen eine Aufnahme nach dem Verfahren für sogenannte Ortskräfte in Aussicht gestellt wurde, haben demnach schlechte Karten. Teilnehmende des „Bundesaufnahmeprogramms“ haben die Einreise nach Deutschland dagegen mehrfach erfolgreich eingeklagt. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, allein seit Mitte September seien aufgrund richterlicher Entscheidungen mehr als 100 Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland gekommen.
Sollten die Gerichte bei ihrer Linie bleiben, könnten weitere Teilnehmende des Aufnahmeprogramms –aus dem Auswärtigen Amt heißt es, in Pakistan seien es insgesamt noch rund 1.000 – Einreisevisa einklagen. Die Merz-Regierung müsste dann erklären, wie diese Einreisen zur Migrationswende passen. Die Bundesregierung versichert daher zwar einerseits pflichtschuldig, rechtsverbindliche Zusagen einzuhalten. Andererseits suchen die Verantwortlichen nach Wegen, das Thema vom Tisch zu bekommen. Innenministerium und Auswärtiges Amt verweisen auf Anfrage von CORRECTIV auf Sicherheitsüberprüfungen. Den Wartenden, die nicht im „Bundesaufnahmeprogramm“, sondern aufgrund anderer Programme auf Einreise hoffen, stellte das Ministerium mehrere Tausend Euro in Aussicht – wenn sie auf ihren Einreisewunsch verzichten.
Der Jurist Max Kolter, Redakteur des Fachmagazins Legal Tribune Online (LTO), hat die Rechtslage analysiert. Auf Anfrage von CORRECTIV sagte der Fachjournalist, die Bundesrepublik sei aufgrund der jüngsten Rechtsprechung verpflichtet, die Menschen aus dem „Bundesaufnahmeprogramm“ aufzunehmen. Die Verantwortlichen wollten das aber offenbar nicht akzeptieren.
„Die Regierung sucht stattdessen immer kreativere Wege, um den Betroffenen die Einreise zu verwehren. Erst hieß es, die Zusagen seien nicht rechtsverbindlich. Nachdem die Gerichte das anders bewerteten, versucht die Regierung in einigen Fällen, den Betroffenen das Schutzbedürfnis abzusprechen. Teil der Strategie könnte sein, die Verfahren so weit in die Länge zu ziehen, bis die Betroffenen aus Pakistan ausgewiesen werden und in Afghanistan schlicht nicht mehr auffindbar sind.“
Max Kolter
Jurist
Viel Zeit für eine Lösung bleibt nicht mehr. Denn auch Pakistan will die Afghaninnen und Afghanen loswerden. Ende des Jahres sollen sie zurück in ihre Heimat geschickt werden: zu den Taliban nach Afghanistan. Mich würde Ihre Meinung interessieren: Sollte Deutschland den Betroffenen die Einreise ermöglichen? Oder sollten Kanzler Merz, Innenminister Dobrindt und Außenminister Wadephul die Migrationswende auch im Fall der in Pakistan aufhältigen Afghaninnen und Afghanen durchziehen? Schreiben Sie mir gerne unter: ulrich.kraetzer@correctiv.org
Cyberkriminelle agieren zunehmend aus außenpolitischen oder militärischen Motiven
Die Bedrohung durch Cyberangriffe in Deutschland bleibt hoch. Hacker hätten es besonders auf die öffentliche Verwaltung abgesehen, warnt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.
tagesschau.de
Israels Parlament stimmt in erster Lesung für Gesetz zur Todesstrafe
Israels Parlament stimmte in der ersten Lesung zur Gesetzeserhebung der Todesstrafe, mit 39 Stimmen dafür und 16 Stimmen dagegen. Um den Entwurf endgültig zu verabschieden, muss in drei Lesungen über das Gesetz abgestimmt werden.
deutschlandfunk.de
Lokal: Dortmunder setzt Kopfgelder auf deutsche Politiker aus
Ein Dortmunder soll im Darknet zu Anschlägen auf deutsche Politiker wie Olaf Scholz oder Angela Merkel aufgerufen haben. Zudem soll der Mann um Spenden in Form von Kryptowährung gebeten haben, um Kopfgelder zu finanzieren. Die Polizei nahm den 49-Jährigen bereits am gestrigen Abend fest.
ruhrnachrichten.de / zeit.de
Recherche: Das sadistische Online-Netzwerk
Ein internationales Online-Netzwerk, es nennt sich „764“, soll Kinder und Jugendliche angestiftet haben, sich selbst zu verletzen oder sogar sich selbst zu töten. Auch Missbrauch steht im Raum. Die internationale kriminelle Gruppe ist in den USA als Terror-Organisation eingestuft. Nun laufen auch in Baden-Württemberg deswegen Ermittlungen.
zvw.de

Faktencheck

Ein Sharepic mit der Behauptung, weltweit flüchteten Muslime ausschließlich in nicht-muslimische Länder, wird aktuell in den Sozialen Netzwerken verbreitet. Die Angaben sind falsch und die Beiträge spielen auf bekannte rechtsextreme Narrative an.
correctiv.org
Endlich verständlich
Der Nord-Aralsee erholt sich: Das Gewässer und der Wasserstand bauen sich teilweise wieder auf, die Fläche und der Fischbestand wachsen und der Salzgehalt sinkt. Unter anderem forscht das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) daran. Der Nord-Aralsee liegt großteils in Kasachstan. In den 60ern führten menschliche Eingriffe dazu, dass das Gewässer zu fast 90 Prozent austrocknete. Das zerstörte das Ökosystem und brachte den Fischbestand zum Erliegen. 2005 wurde der Kokaral-Damm gebaut, um den See zu retten.
igb-berlin.de / wissenschaft.de (€)
So geht’s auch
Außerhalb der eigenen Familie haben verschiedene Generationen meistens wenig Kontakt miteinander. Deshalb treffen im Zuge der neuen Podcastfolge unserer Jugendredaktion Salon5 der Jugendreporter Titus (19) und Ingrid (89) aufeinander. Sie sprechen über Vorurteile, Missverständnisse und darüber, wie jüngere und ältere Menschen die Welt sehen. Dabei zeigt sich: In mancher Hinsicht sind sie sich ähnlicher als gedacht.
Spotify
Fundstück
In nur einem halben Jahr soll China Solaranlagen mit einer Spitzenleistung von 212 Gigawatt Leistung zugebaut haben – doppelt so viel wie Deutschland im vergangenen Vierteljahrhundert. Dazu kamen neue Windparks mit einer Kapazität von 51 Gigawatt. Die Anlagen dürften helfen, den wachsenden Stromhunger für Rechenzentren und Künstliche Intelligenz zu stillen – gleichzeitig verschafft sich China damit einen Vorteil im globalen Technologie- und Klimawettlauf.
spiegel.de (€), heise.de
Wann haben Sie das letzte Mal mit jemandem gesprochen, der offenkundig ganz anders ist als Sie? Und versucht zu verstehen, was die andere Person sagen will, woher sie kommt, warum sie so denkt?
Wie ich darauf komme: Vergangenes Wochenende war ich auf der BEYOND NEWS-Konferenz in Hamburg. Dort diskutierten wir, rund 150 Journalistinnen und Journalisten, über Haltung, Verantwortung – und Selbstreflexion in der Gesellschaft. Darüber, ob es uns „Journos“ gelingt, wirklich alle Menschen zu erreichen. Oder ob wir längst in unsere eigenen Spiegel sprechen? Ein paar Fragen habe ich von dort mitgebracht und möchte jetzt gerne mit Ihnen gemeinsam reflektieren:
Wir Menschen bewegen uns gerne in vertrauten Kreisen, hören vor allem das, was uns bestätigt – und verlieren schnell das Interesse an allem, was anders klingt oder fremd ist. Das passiert vor allem dann, wenn wir in sozialen, kulturellen, ökonomischen Blasen leben. Das hat mit unreflektiertem Klassismus zu tun, mit Privilegien, Echokammern und Filterblasen. Das Problem daran: Meiden wir das Fremde und „Andere“, geht uns Begegnung verloren. Und wenn dann jeder nur noch seine eigene Wahrheit pflegt und sich im vertrauten Meinungskreis spiegelt, verliert Demokratie ihr Fundament: den Dialog.
Wie lässt sich das ändern? Mein Vorschlag: Indem wir wieder neugierig werden. Rausgehen und mit Menschen reden, nicht über sie. Fragen stellen, zuhören, das Fremde suchen. Das ist unsere Aufgabe als Journalisten, aber auch als Bürgerinnen und Bürger einer Demokratie.
Was wäre Ihr Vorschlag? Und: Fühlen Sie sich von den Medien aktuell gesehen und angesprochen? Was fehlt, was funktioniert? Und wie gefällt Ihnen ganz speziell der SPOTLIGHT in dieser Hinsicht – oder was können wir besser machen? Wir freuen uns über Ihren Eindruck und Ihr Feedback. Schreiben Sie mir gerne: samira.joy.frauwallner@correctiv.org.

Die repräsentativen „Mitte-Studien“ der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung geben alle zwei Jahre Auskunft über die Verbreitung, Entwicklung und Hintergründe rechtsextremer, menschenfeindlicher und antidemokratischer Einstellungen in Deutschland. Für die Ausgabe in diesem Jahr wurden Menschen unter anderem gefragt, wie sie zu Rechtsextremismus stehen. Hier zur Studie.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Jule Scharun, Ulrich Kraetzer, Rose Mintzer-Sweeney
CORRECTIV ist spendenfinanziert
CORRECTIV ist das erste spendenfinanzierte Medium in Deutschland. Nur mit Ihrer Hilfe decken wir geheime Pläne auf, stoppen Propaganda-Kampagnen und bringen Fakten zurück in den Alltag. Machen Sie mit bei unserer großen Spendenaktion gegen Demokratiefeinde. Investieren Sie in die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie!


