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Autor Bild Anette Dowideit

es ging hoch her, es ging lange, es war emotional. Am Ende hat der Bundestag vor einigen Minuten GEGEN den Gesetzentwurf für schärfere Migrationspolitik gestimmt. Das Abstimmungsergebnis war mit Spannung erwartet worden – weil CDU-Chef Friedrich Merz es damit schon wieder auf eine Mehrheit dank Stimmen der AfD angelegt hatte. Mehr dazu im Thema des Tages.

Das andere wichtige Thema derzeit im Bundestag: die Diskussion um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren. Wir von CORRECTIV waren gestern dabei. Hier lesen Sie die Analyse unserer Verbotsverfahren-Reporterin Marie Bröckling.

Thema des Tages: Antrag: abgelehnt!

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Bundestagswahl-Spezial: BSW im Wahlprogramm-Check von Salon5

Leserfrage der Woche: Was ist die Doomsday Clock?

Faktencheck: Angebliches Video von AfD-Unterstützern

Gute Sache(n): Rechtliche Fragen zum Fünf-Punkte-Plan • So können Sie die Direktkandidierenden direkt fragen • Unverständliche Wahlprogramme

CORRECTIV-Werkbank: Unsere Merz-Recherche führt zu großen Emotionen

Grafik des Tages: CDU-Anhänger: AfD-Stimmen sind kein Problem

Worum ging es noch mal in dem Gesetzentwurf?
Geflüchteten mit „eingeschränktem Schutzstatus“ sollte es laut Entwurf nicht mehr möglich sein, ihre Familie nach Deutschland nachzuholen. Eingeschränkter Schutzstatus ist eigentlich kein offizieller Begriff – betroffen gewesen wären auch Kriegsflüchtlinge, etwa aus Syrien oder Afghanistan. 

Wie abgestimmt wurde:

338 Ja-Stimmen
350 Nein-Stimmen
5 Enthaltungen

Überraschend dabei ist, dass CDU/CSU, FDP, BSW und AfD zuvor ihre Zustimmung angekündigt hatten und so eigentlich eine Mehrheit gehabt hätten. Es müssen sich also einige Politikerinnen und Politiker dieser Fraktionen umentschieden haben.

Wie die einzelnen Abgeordneten abgestimmt haben, war bis zu unserem Redaktionsschluss allerdings noch nicht bekannt. Wenn Sie nachlesen mögen, was an diesem aufregenden politischen Tag alles im Bundestag passiert ist, empfehle ich Ihnen den Live-Ticker der Kolleginnen und Kollegen des Spiegel.

Wie ausgerechnet die FDP-Fraktion sich heute (zunächst) gegen Merz stellte:

Sie kündigte kurz vor der Bundestagssitzung am Vormittag an, sie wolle heute keine Abstimmung im Parlament. Stattdessen solle der CDU-Antrag noch mal in den Innenausschuss – also die zuständige Arbeitsgruppe im Bundestag – zurückgeschickt werden. 

FDP-Fraktionschef Christian Dürr begründete das so: Die FDP finde die Inhalte des Gesetzentwurfs zwar richtig. Aber sie wolle durch diese Extra-Runde dafür sorgen, dass sich eine „Mehrheit in der demokratischen Mitte“ des Bundestags finde. Also, im Klartext, ohne die AfD. 

Das allerdings war, wie gesagt, am Vormittag. Danach wurde die Sitzung auf Antrag der CDU-Fraktion unterbrochen, im Hinterzimmer verhandelten die Fraktionschefs mehrere Stunden lang, dann wurde weiter im Plenum debattiert. 

37 Tage in Abschiebehaft 
Ali Shreteh hat keine Straftat begangen – trotzdem wurde der 21-jährige Syrer kurz vor seiner Abschiebung nach Kroatien inhaftiert. Eine Praxis, die traumatisierend ist – und immer häufiger stattfindet.
taz.de

Lokal: Wieso Thüringer die AfD gewählt haben 
Zwei Drittel der Menschen in Thüringen haben bei den Wahlen im vergangenen Jahr der AfD ihre Stimme aus politischer Überzeugung gegeben. Laut einer neuen Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena spielen andere Faktoren eine kleinere Rolle.
mdr.de

Symbolbild Leserfrage der Woche

„Könnt ihr eure Leserinnen und Leser über die Doomsday Clock informieren?“

In der deutschen Sprache wird mit der Redewendung „Es ist fünf vor zwölf!“ umschrieben, dass es allerhöchste Zeit ist etwas zu tun, bevor es zu spät ist. Normalerweise ist der Ausdruck „Morgen ist auch noch ein Tag“ die perfekte Antwort darauf. Der kann bei der Weltuntergangsuhr, der Doomsday Clock, allerdings nicht so einfach angewendet werden. Steht sie auf 12 Uhr Mitternacht, hat die menschliche Zivilisation ihr Ende erreicht.

Zumindest ist das die Auffassung der Wissenschaftler und Forscher vom Magazin Bulletin of the Atomic Scientists. Das wurde 1945 von Albert Einstein und anderen Wissenschaftlern des Manhattan-Projekts gegründet, nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Ursprünglich, um über die Gefahren des damals noch neuen nuklearen Zeitalters aufzuklären. Heute gehören auch Klimawandel, Technologien und biologische Waffen zu den Themen.

Die Weltuntergangsuhr steht auf 89 Sekunden vor Mitternacht. (Foto: Bulletin of the Atomic Scientists)

Die erste Doomsday Clock wurde im Jahr 1947 auf 7 Minuten vor Mitternacht gestellt, kurz vor Beginn des Kalten Kriegs. 1953, sechs Jahre später, rückt sie auf 2 Minuten vor 12 Uhr vor, weil die USA und Sowjetunion erste Wasserstoffbomben testen. 1991 – der Kalte Krieg ist vorbei, es wird abgerüstet, die Mauer ist gefallen – waren es nur 17 Minuten vor Mitternacht. Der beste Zeigerstand bislang. 

(Quelle: Stephan Wallocha / EPD-Bild / Picture Alliance)

So geht’s auch
Ab sofort haben Wählerinnen und Wähler auf abgeordnetenwatch.de die Möglichkeit, alle Direktkandidat:innen zur Wahl kennenzulernen und direkt zu befragen. Auf dem Wahlportal stehen mehr als 2.500 Kandidierende aus 299 Wahlkreisen für den öffentlichen Austausch zur Verfügung.
abgeordnetenwatch.de

Fundstück
Verstehen Sie alles, was in den Wahlprogrammen steht? Unsere Jugendredaktion Salon5 testet, wie verständlich Wahlprogramme wirklich sind. Übrigens: Forscher der Universität Hoheim haben die aktuellen Wahlprogramme analysiert. Ihr Ergebnis: Die Programme sind zwar kürzer geworden, aber immer noch unverständlich geschrieben.
instagram.com


Aber dafür Worte der AfD-Politikern Beatrix von Storch zu zitieren, um die es bei dem genannten Urteil ging, das muss man wollen. Auch Medien wie Nius und Russia Today arbeiteten sich an der Recherche ab; beide behaupteten, das Kanzleramt finanziere die „Aktivisten“ von Correctiv, damit sie – also wir – Merz im Wahlkampf mit Propaganda aus dem Feld schießen. Das alles wäre weniger gruselig, wenn nicht auch aus dem Pressebüro des CDU-Kanzlerkandidatens Merz eine E-Mail kam, die unseren Bericht als „Kampagnentext“ bezeichnete. 

Aber wie stehen die Wahlberechtigten dazu? Dem aktuellen ZDF-Politbarometer zufolge ist das Stimmungsbild insgesamt relativ ausgeglichen, wie Sie in unserer Grafik des Tages sehen können. 47 Prozent finden es gut, dass die Union für ihren Antrag AfD-Stimmen akzeptiert, 48 Prozent nicht. Anders sieht es unter den Anhängern von CDU und CSU aus. Nur 28 Prozent sind nicht von dem Weg, den ihre Partei gegangen ist, angetan. 66 Prozent halten die Stoßrichtung für richtig. 
zdf.de

Hinweis: Das Politbarometer ist zwar repräsentativ, allerdings wurden die Teilnehmenden vor der Abstimmung am Mittwoch befragt.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers, Till Eckert