
Liebe Leserinnen und Leser,
die Union und die SPD haben gestern einen Entwurf in den Bundestag eingebracht, um das Grundgesetz zu ändern: Die Schuldenbremse soll gelockert werden, um höhere Rüstungsausgaben zu ermöglichen, plus ein Sondervermögen für Infrastrukturmaßnahmen. Außerdem sollen die Bundesländer einen größeren Spielraum bekommen, um neue Schulden aufzunehmen.
Im Thema des Tages erklären wir, warum eine Grundgesetzänderung eine so viel größere Sache ist als eine gewöhnliche Gesetzesanpassung – und wie wahrscheinlich es ist, dass die Änderungen kommen.
Außerdem im SPOTLIGHT: In der „Werkbank“ zeigen wir, wie hart der Kampf für Frauen in anderen Ländern für ihre Freiheitsrechte ausgetragen werden muss.
Und für die heutige Grafik des Tages hat unser Datenjournalist Max Donheiser eine Auswertung gemacht, die zu unserem Rechercheschwerpunkt „Trump-Einfluss auf Deutschland“ gehört: Er zeigt, wie oft Elon Musk in den letzten Wochen über Deutschland getwittert hat – was wiederum demonstriert, wie sehr wir von der anderen Seite des großen Teichs derzeit in den Blick genommen werden.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende! Und empfehle Ihnen auch die Lektüre unserer beiden heute veröffentlichten Recherchen, siehe: „Tag auf einen Blick“. Schreiben Sie mir, was Sie bewegt: anette.dowideit@correctiv.org
Thema des Tages: Bauarbeiten am Grundgesetz
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Über eine Million Tote an der Front in der Ukraine?
CORRECTIV-Werkbank: Frauen im Exil berichten von Erfahrungen in ihrem Heimatland
Grafik des Tages: Wie viel Elon Musk über Deutschland twittert
Union und SPD wollen das Grundgesetz ein wenig ändern und haben ihren entsprechenden Antrag gestern in den Bundestag eingebracht, wo am kommenden Dienstag darüber abgestimmt wird.
Es gibt auch noch weitere Anträge anderer Fraktionen zu Grundgesetzänderungen. Auch sie werden bei der Sondersitzung am Dienstag Thema sein: Die Grünen haben ihrerseits einen Vorschlag eingereicht, um die Verteidigungsausgaben deutlich zu steigern. Und die FDP will das bestehende „Sondervermögen Bundeswehr“ um weitere 200 Milliarden Euro aufstocken.
Warum ist eine Grundgesetzänderung so besonders?
Das dröselt unsere Jugendredaktion Salon5 hier auf: In der Verfassung, die bei uns Grundgesetz heißt, legt ein Staat die Regeln für das Zusammenleben im Land fest. Alle anderen Gesetze müssen mit diesen verfassungsmäßig festgelegten Regeln übereinstimmen. Deshalb hat eine Grundgesetzänderung weitreichende Folgen, die über den reinen Grundgesetztext weit hinausgehen. Andere Gesetze, die sich darauf beziehen, müssen dann unter Umständen auch umgeschrieben werden.
Übrigens: Der Name „Salon5“ bezieht sich auch auf unser Grundgesetz, und zwar auf Artikel 5. Das ist jener Artikel in unserer Verfassung, der Meinungs- und Pressefreiheit sichert.
Wie kann das Grundgesetz geändert werden?
Es braucht dazu, anders als bei anderen Gesetzen, eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Dies soll verhindern, dass eine Regierungskoalition relativ einfach unsere grundlegenden Rechte ändern könnte.
Es gibt aber auch Artikel im Grundgesetz, die niemals geändert werden können – um den Kern unserer Verfassung nicht zu gefährden. Was genau mit dieser sogenannten Ewigkeitsklausel geschützt ist, können Sie hier nachlesen.
Wie wahrscheinlich ist es, dass es nächste Woche zu den Änderungsvorschlägen von Union und SPD kommt?
Sehr wahrscheinlich. Zwar hat die FDP eindeutig klargestellt, dass sie nicht zustimmen. Doch haben sich Union, SPD und Grüne in den Verhandlungen über das Schuldenpaket auf einen Kompromiss in der Nachtsitzung verständigt. Mit ihnen gemeinsam würde die Zweidrittelmehrheit erreicht. Worauf sich die drei Fraktionen geeinigt haben, wird hier gut erklärt.
Waffenruhe: Selenskyj sieht „Manipulation“ durch Putin
Die Ereignisse zu einer möglichen Waffenruhe in der Ukraine überschlagen sich. Das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin äußerte sich jetzt erstmals zum Thema. Die Frankfurter Rundschau berichtet in einem Liveblog:
fr.de
BSW scheitert mit Anträgen auf Neuauszählung der Bundestagswahl
Bei der Bundestagswahl verpasste das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 4,972 Prozent knapp den Einzug in den Bundestag. Die Partei wollte anschließend eine Neuauszählung juristisch erzwingen – ohne Erfolg.
zeit.de
AfD-Abgeordneter bei Mercedes: Mitarbeiter beschweren sich
Der AfD-Landtagsabgeordnete Miguel Klauß erlangte mit einem „Abschiebekalender“ zweifelhafte Bekanntheit. Innerhalb seiner Partei gilt er als Hardliner. Neben seinem Mandat ist er bei Mercedes in Sindelfingen als Einkäufer beschäftigt. Unter den Mitarbeitern regt sich Widerstand: Sein Verhalten passe nicht zu den Leitlinien des Unternehmens.
correctiv.org
Wie in der Schweiz Stimmung mit Gratisblättern gemacht wirdMit Gratisblättern können rechte Unternehmer, darunter Christoph Blocher und andere führende SVP-Mitglieder, mehr als jeden vierten Schweizer erreichen. CORRECTIV in der Schweiz hat die Zeitungen analysiert. Das Ergebnis: Viel PR und Meinungsmache, getarnt als Journalismus.
correctiv.org

Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer behaupten, der Krieg in der Ukraine habe über eine Million Tote an der Front gefordert. Belege für diese Zahl gibt es nicht; Schätzungen von Fachleuten liegen darunter.
correctiv.org
Endlich verständlich
Wie funktioniert eigentlich das Business der Rapper? Darüber hat unsere Jugendredaktion Salon5 im Podcast mit dem Rap-Musiker Dein Couseng gesprochen. Es geht auch darum, wie sich die Rap-Szene mit der Zeit verändert hat und wie junge Künstler anfangen können.
spotify.com
So geht’s auch
Morgen will der Bundestag darüber entscheiden, ob das Grundgesetz geändert wird, damit in Rüstung und Infrastruktur investiert werden kann. Und was ist mit Investitionen in Klimaschutz? SPD, Union und Grüne haben sich vorab darauf geeinigt, dass 100 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds fließen – doppelt so viel, wie die Union zunächst eingeplant hatte.
tagesspiegel.de
Fundstück
Haben Sie schon mal von dem Mann gehört, der ein ganzes Flugzeug gegessen hat? Das stimmt tatsächlich: Michel Lotito, auch genannt „Der Allesfresser“ hatte ein besonderes Talent. Sein Magen konnte Metall verdauen.
stern.de
Als überwiegend weibliches Team möchten wir bei CORRECTIV.Exile die Kämpfe sichtbar machen, die unsere Freundinnen, Kolleginnen und Frauen aus Exil-Ländern täglich führen. Sie leisten dort Widerstand gegen Grausamkeiten und patriarchale Unterdrückungsmechanismen. Wir fragten unsere exilierten Kolleginnen, was es für sie bedeutete, eine Frau in ihrem Heimatland zu sein.
Kurz nach dem 8. März (Weltfrauentag) wollen wir daran erinnern, dass es Länder gibt, in denen feministischer Aktivismus als gefährlicher Extremismus gilt: In Russland etwa leben Frauen in einer Gesellschaft der Unterdrückung, in der Widerstand nie ohne Konsequenzen möglich ist. Frauen werden verhaftet oder ihnen werden Strafen auferlegt, weil sie sich gegen den Krieg äußern, vor Kriegsdenkmälern tanzen oder an falschen Orten Kaffee kochen. Die Künstlerin Lyudmila Razumova wurde wegen in Einzelhaft gebracht, nachdem sie eine Putin-kritische Botschafte an eine Wand sprayte. Es sind Geschichten von Aufständen im Kleinen, die von einem anhaltenden Kampf um Unabhängigkeit trotz gewaltsamer Realitäten zeugen.
Auch in der Türkei herrschen strukturelle Benachteiligung von Frauen unter dem Deckmantel rechtlicher Schutzgesetze. Geschlechterbasierte Gewalt ist allgegenwärtig, Femizide passieren alarmierend häufig. Die Festnahme von nahezu 200 Frauen, die am 8. März protestierten, verdeutlicht den anhaltenden Kampf gegen systematische Unterdrückung. Nach dem Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention stagnierte die Frauenrepräsentation im Parlament bei lediglich 17,4 Prozent, während die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern weiterhin viele Frauen in Niedriglohnjobs festhält.
Afghanistan stellt vielleicht den extremsten Fall dar, da die Taliban im Grunde jegliche Frauenrechte einschränken. Unter ihren repressiven Gesetzen sind Bildung und Bewegungsfreiheit Luxusgüter für marginalisierte Gruppen geworden, die Frauen verwehrt bleiben. Das führt zu einem Zustand der „Geschlechterapartheid“. Die Schauspielerin Meryl Streep trifft es mit dem Spruch: „Katzen haben mehr Freiheit als Frauen in Afghanistan“. Trotz dieser Herausforderungen schaffen es afghanische Frauen, geheime, selbstinitiierte Bildungsnetzwerke aufzubauen und immer wieder gegen die Unterdrückung in allen Lebensbereichen zu protestieren.
In Belarus schränkt der staatlich sanktionierte Glaube an traditionelle Geschlechterrollen die beruflichen Möglichkeiten von Frauen ein und verstummt den feministischen Aktivismus. Dennoch klären Frauen wie Darya Afanasyeva selbst im Gefängnis unterdrückte Menschen über ihre Rechte auf. Sie zeigen, dass kein Staat sie zum Schweigen bringen kann.
Trotz dieser düsteren Realitäten in zahlreichen Ländern beweist dieser Widerstand die Kraft von Frauen in diesen und vielen weiteren Regionen. Trotz oder gerade angesichts der Unterdrückung bewahren sie sich ihre Identität – und kämpfen für ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen.

Elon Musk hat uns fest im Blick: Wer den Eindruck hatte, dass der Milliardär und Trump-Vertraute Deutschland seit Monaten trollt, liegt richtig – das zeigt eine Datenanalyse seiner Posts auf X (ehemals Twitter) zwischen Januar 2020 und Februar 2025. Mithilfe des Recherchetools Junkipedia haben wir Beiträge erfasst und gezählt, in denen die Namen europäischer Länder auftauchen.
Deutschland erscheint auf der Liste der häufigsten Nennungen an zweiter Stelle – zwischen der Ukraine und Russland. Vor allem in der Zeit des Wahlkampfes nahmen Musks Tweets mit Deutschland-Bezug rapide zu. Auch in Großbritannien mischte er sich in die Innenpolitik ein und warf der Regierung vor, Vergewaltigungsfälle minderjähriger Mädchen zu vertuschen.
Unsere Analyse ist nicht vollständig und umfasst nur die Tweets, in denen die Namen der Staaten stehen. In einigen Fällen nennt Musk nur bestimmte Parteien oder Politiker oder verwendet Symbole. Dennoch belegt die Analyse eine auffällige Fixierung des reichsten Mannes der Welt auf Deutschland.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Jule Scharun
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