Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

hat sie wirklich „Bullshit“ gesagt? Ja, hat sie. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) nutzte gestern bei der Landeskonferenz der Jusos (der Jugendorganisation ihrer Partei) in NRW diesen Kraftausdruck, um eine Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu kommentieren. Dieser hatte erneut gesagt, wir könnten uns den Sozialstaat in dieser Form nicht mehr leisten.

Über den Stil kann man streiten. Wichtiger ist aber: Hat sie inhaltlich Recht? Darum geht es im Thema des Tages.

Außerdem im SPOTLIGHT: Unsere Reporterin Samira Joy Frauwallner ist dem Hinweis einer Leserin nachgegangen. Sie hatte uns gefragt, weshalb die Bundeswehr kürzlich einen millionenschweren Auftrag an die CompuGroup vergeben hat – jene Firma, deren Gründer das rechte Krawall-Portal Nius finanziert.

Im Thema des Tages brauchen wir heute wieder Ihre Hilfe: Unterstützen Sie uns mit Ihren Fragen dabei, ein Interview vorzubereiten – Thema: Wie sozial ist die CDU?

Thema des Tages: Bullshit!

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

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Letzterer macht sich bereits seit Wochen dafür stark, den Sozialstaat zusammen zu schrumpfen. Also grob gesprochen: das Geld zu reduzieren, das wir als Solidargemeinschaft ausgeben, um jene zu unterstützen, denen es weniger gut geht als uns. Merz betont in Interviews immer wieder, Deutschland könne sich diese Unterstützung nicht mehr leisten. 

Jetzt ist der Fachfrau in seinem Kabinett der Kragen geplatzt. Bullshit, also Unsinn, sagte sie gestern Abend vor ihren jungen Zuhörern in Gelsenkirchen.

Fand einen Kraftausdruck für Merz-Aussage: Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas. Quelle: picture alliance / SZ Photo | Mike Schmidt

Was Merz als Argument anführt:
Er hatte zuletzt mehrfach in Interviews gesagt, der Sozialstaat sei in seiner jetzigen Form nicht mehr finanzierbar. Zuletzt beim NRW-Landesparteitag der CDU am vergangenen Wochenende:

„Wir können uns dieses System, das wir heute so haben, einfach nicht mehr leisten. (…) Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse.“
Friedrich Merz
Bundeskanzler

Was dran ist:
Die Antwort darauf hatte unser kluger Kollege Sebastian Haupt – der Politikwissenschaftler ist und unsere Rubrik „Grafik des Tages“ verantwortet – schon vergangene Woche gegeben

Die sogenannte Sozialleistungsquote Deutschlands zeigt: Merz‘ Aussage, die Ausgaben würden immer mehr, stimmt nicht. Diese Sozialleistungsquote beziffert den Anteil aller Sozialausgaben – etwa für Bürgergeld, Kranken- oder Pflegeversicherung – an unserer gesamten Wirtschaftsleistung. 

Die Quote ist seit vielen Jahren relativ stabil. Nur in den Corona-Jahren war es anders, weil damals Firmen deutlich weniger Umsatz und Gewinn erzielten, während die Sozialausgaben gleich hoch blieben. 

Auch der Anteil unserer Ausgaben fürs Bürgergeld – früher ALG 2 –  ist unter dem Strich seit Jahren in etwa gleich hoch.

Sind Merz’ Aussagen also falsch?
Falsch ist also die Behauptung, die Ausgaben für den Sozialstaat würden immer weiter steigen.

Wenn aber Merz und andere finden, unsere konstanten Sozialstaatsausgaben seien zu hoch, dann kann man das nicht mit faktisch richtig oder falsch bewerten – sondern es ist eine Frage der politischen Haltung: 

Will man dafür sorgen, dass jene, die gesund und leistungsfähig sind und sich im Job sehr anstrengen, möglichst viel davon selbst behalten können? Oder will man mehr umverteilen und jene bedenken, die sich vielleicht ebenso anstrengen, aber trotzdem wirtschaftlich nicht so erfolgreich sind? 

Beide Ansichten sind legitime demokratische Haltungen. Nicht fair ist, die Lage darzustellen, als ob das „Wir können es uns nicht mehr leisten“ ein Fakt sei.

Mit wem wir darüber nun sprechen:
Mit Karl-Josef Laumann – dem Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit von Nordrhein-Westfalen. Laumann ist CDUler. Er war lange Vorsitzender des Arbeitnehmerflügels in der Partei, ist überzeugter Christ, kommt aus einer Landwirtsfamilie und ist 68 Jahre alt.

Afghanen schreiben offenen Brief an Bundesregierung
210 Afghanen haben einen offenen Brief an die deutsche Bundesregierung verfasst. In diesem fordern sie die Bundesregierung zum Handeln auf, da ihnen noch unter der Ampelkoalition Zuflucht versprochen wurde. Sie wurden allerdings aus Pakistan nach Afghanistan abgeschoben. Dreißig Familien legten indes bereits Klage gegen das Auswärtige Amt ein. 
spiegel.de(€)/zeit.de  

Lokal: AfD-Chemnitz wegen interner Streitigkeiten in zwei Fraktionen aufgeteilt  
Die Stadtverwaltung Chemnitz teilt mit, dass es in Zukunft zwei AfD-Fraktionen im Stadtrat geben wird. Durch interne Streitigkeiten hatte sich die alte AfD-Fraktion in Chemnitz aufgespalten.
freiepresse.de(€)/zeit.de  

CompuGroup bekam Millionen-Euro-Auftrag von der Bundeswehr – weshalb das kaum jemand mitbekam 
Ein sicherheitsrelevanter Auftrag über bis zu 75 Millionen Euro: Die Bundeswehr schloss im Juli 2025 einen Deal mit der CompuGroup ab. CGM soll die medizinische Infrastruktur der Bundeswehr modernisieren. Der Vertrag hat eine Laufzeit von bis zu sieben Jahren. Bisher berichteten darüber aber wenige Medien – und das hat einen Grund.
correctiv.org

(Quelle: Telegram; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

So geht’s auch
Südaustralien sagt „Adieu“ zu Plastikfischen. Der Bundesstaat Südaustralien führt ein Verbot der kleinen Kunststofffische ein, die in der Sushibranche als Sojasaucen-Behälter genutzt werden. Das soll Einwegplastik reduzieren – und steht im Rahmen eines größeren Gesetzes, das seit dem ersten September in Kraft getreten ist. 
watson.de

Fundstück
Haben Sie gemerkt, dass der Inhalt der Milka-Packung geschrumpft ist? Die Verbraucherzentrale in Hamburg schon. Darum klagt sie jetzt gegen den Milka-Hersteller Mondelez. Der Vorwurf der Verbraucherzentrale lautet Irreführung, da der Hinweis auf die neue Füllmenge zu klein sei. 
swr.de


Freiwillige Mitglieder des Faktenforums sind digital zusammengekommen, um seine Behauptung zu überprüfen. In einem Live-Faktencheck recherchierten sie, unterstützt von Redakteurinnen wie mir, und kamen zu dem Ergebnis: Die Grafik ist manipuliert, die Zahlen erfunden. 

Die Community fand schnell die Original-Grafik und aktuelle Studien sowohl für die USA, als auch für Deutschland, die völlig andere Zahlen zeigen. Wir konfrontierten Krah – wenige Stunden später war der X-Beitrag verschwunden. Ein Sprecher schrieb, man habe ihn wegen „Fehlertoleranzen“ gelöscht.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt und Jule Scharun.