
Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.
Liebe Leserinnen und Leser,
Bürgergeldempfänger, Migranten – beide Gruppen bekommen „zu viel vom Staat“. Das könnte man zumindest glauben, wenn man so manchem Politiker zuhört. Stimmung gegen jene zu machen, denen es am schlechtesten geht, scheint mittlerweile hoffähig. Welches Kalkül steckt dahinter? Darum geht es im Thema des Tages.
Auch die heutige Grafik des Tages dreht sich um dieses Thema: Darin zeigen wir, wie viele Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger einen Teil dieses Geldes nutzen müssen, um Miete zu zahlen.
Im „Tag auf einen Blick“ geht es heute unter anderem um Friedrich Merz und dessen kleinen Gipfel – vor dem großen Gipfel Trump/Putin in Alaska. Apropos Alaska: In der „Werkbank“ ordnet unsere neue Kollegin Jenna Kunze ein, was dort Ende der Woche los sein wird. Kunze ist Amerikanerin, lebte zuletzt in Alaska – und ist nun im Zuge des „Burns Fellowships“ für zwei Monate in der Berliner CORRECTIV-Redaktion zu Gast.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend! Und schreiben Sie mir gern: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Immer schön nach unten treten
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
CORRECTIV.Faktenforum: Intensivere Farben, aber keine Manipulation der Wetterkarten
CORRECTIV-Werkbank: Warum sich Trump und Putin in Alaska treffen
Grafik des Tages: Eine Obergrenze fürs Wohnen beim Bürgergeld? Die gibt es längst
Wenn man dieser Tage die Nachrichten liest, kann man leicht glauben, wir hätten in Deutschland vor allem zwei Probleme: die Migranten und die Bürgergeldempfänger.
- Berichtet wird dieser Tage zum Beispiel über die Forderung von Bundeskanzler Friedrich Merz, Bürgergeldempfänger sollen demnächst zwangsweise umziehen müssen, um die Sozialkassen weniger stark zu belasten.
- Dann ist da das Sommerloch-Thema der rechtsgerichteten Medienblase: Sie fordern, dass es künftig keine Merkblätter zur Beantragung von Bürgergeld mehr auf Arabisch geben soll. Denn, so die Argumentation: Sonst könnte es Geflüchteten womöglich zu leicht gemacht werden, die Leistung zu beantragen.
- Unterdessen zeigen neue Statistiken, dass die Zahl der Abschiebungen zugenommen hat – und dass allein in der ersten Jahreshälfte 1.300 Kinder und Jugendliche diese Härte des deutschen Rechtsstaats spürten.
- Und in Berlin fordert der Chef des dortigen Jobcenters „härtere Maßnahmen“ gegen Terminschwänzer.

Es wird sprachlich aufgerüstet: gegen eine vermeintliche Bedrohung durch übelmeinende Gestalten, die unsere Sozialsysteme ausnehmen wollen.
Wie kam es dazu, dass in der Politik, in einigen Medien und in Sozialen Netzwerken diese Ängste und dieser unterschwellige Hass geschürt werden?
How it started:
Um die Absurdität dieser Entwicklung zu zeigen, greife ich heute mal ganz weit in die Vergangenheit zurück:
Am 18. Mai 1848 trafen sich in der Frankfurter Paulskirche Abgeordnete verschiedener politischer Richtungen – um gemeinsam eine freiheitliche Verfassung für einen geeinten deutschen Staat zu schaffen. Die Versammlung in der Paulskirche gilt als Symbol der ersten deutschen Demokratiebewegung.
Einer, der dort sprach, war Wilhelm Grimm (ja, der von Grimms Märchen). Er sagte:
„Deutscher Boden duldet keine Knechtschaft. Fremde Unfreie macht er frei.“
Wilhelm Grimm
Rede von 1848, Frankfurter Paulskirche
Das war damals Konsens. Unsere Demokratie fußt auf dem Grundgedanken, dass es in unserem Land niemandem schlecht gehen soll. Dass wir nicht nach unten treten wollen – sondern jene, die hilfesuchend zu uns kommen, nach oben ziehen.
How it’s going:
Nach unten zu treten, also in Richtung der Migranten und Bürgergeldempfänger, erscheint offenbar vielen Akteuren in der Politik und einigen Medien als ein angemessenes Mittel, um Wählerstimmen zu erringen. Oder, im Fall von Medien, um Abos zu verkaufen. Hass und Hetze als Geschäftsmodell.
Dass dies funktioniert, damit beschäftigen sich Wissenschaftler seit Jahren: Besitzstandswahrung, erklärt etwa ein Soziologe in diesem lesenswerten Interview, sei ein starker Trigger: Wer Angst hat, seinen eigenen Lebensstandard einschränken zu müssen, dem falle das Teilen schwerer.
Und genau darauf setzen die Populisten:
Ängste schürt man am besten, indem man wirksame Feindbilder erschafft.
„Die Faulen“, die uns auf der Tasche liegen und so vermeintlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Standorts Deutschland belasten. Oder „die Einschleicher“, die in Wahrheit gar nicht aus Not zu uns kämen, sondern nur, weil es in Deutschland so viel komfortabler sei als im Heimatland.
Wie dieses Geschäft der Populisten aus Politik und Medien mit Hass und Hetze genau funktioniert, hat die Hans-Böckler-Stiftung in dieser Übersicht gut zusammengefasst.
Sie gibt auch eine Empfehlung, wie man der Hetze gegen die ökonomisch Schwächsten begegnen kann – zumindest dann, wenn man im Internet darauf stößt: „Nicht mit Empörung reagieren, sondern rechtsextreme Diskurse im Netz lieber ironisch kontern.“
Und im „echten“ Leben, außerhalb des Internets? Antworten auf reale gesellschaftliche Probleme formulieren, rät die Stiftung. Also eine Aufgabe für die Politik.
Merz beruft Online-Gipfel mit Trump und Selenskyj ein
Bundeskanzler Friedrich Merz plant am kommenden Mittwoch eine Videokonferenz mit dem US-Präsidenten Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Das Gespräch soll als Vorbereitung möglicher Friedensverhandlungen für das Gipfeltreffen am Freitag zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dienen.
tagesschau.de
Hungertod in belagerter Stadt im Sudan
Im Sudan belagert die RSF-Miliz die Stadt Faschir seit 2024. Die Uno berichtet nun von mehr als 60 Hungertoten, die meisten von ihnen sind Frauen und Kinder. Der Grund: Die Menschen in Faschir sind vollständig von Hilfslieferungen abgeschnitten.
spiegel.de
Lokal: Neonazis greifen junge Journalisten in Berlin an
Die Berliner Polizei ermittelt gegen zwölf Neonazis, die zwei junge Journalisten mit Schlägen und Tritten angegriffen haben sollen. Zuvor hatten die Täter an einem rechtsextremen Aufmarsch gegen den Christopher Street Day teilgenommen. Laut einer der Geschädigten erfolgte die Tat nicht zufällig, sondern gezielt.
taz.de
Recherche: OSZE-Mitarbeiter soll Informationen an Russland weitergeleitet haben
Nach einer Recherche des SRF-Investigativ hat ein ehemaliger Mitarbeiter des schweizerischen Verteidigungsdepartements VBS Informationen an Russland weitergeleitet. Die Militärjustiz habe nun Ermittlungen eingeleitet
srf.ch

CORRECTIV.Faktenforum

Bild: ARD-Mediathek, Screenshot: CORRECTIV.Faktenforum
Die Tagesschau stelle durch die Farbgebung ihrer Wetterkarten ähnliche Temperaturen im Jahr 2025 heißer dar als noch 2005, heißt es auf X. Teilweise wird bewusste Manipulation unterstellt. Die gezeigten Wetterkarten sind echt, aber der Vorwurf der Manipulation ist unbegründet. Die Farben wurden aus technischen Gründen angepasst, um Kontraste und Lesbarkeit zu verbessern.
faktenforum.org
Endlich verständlich
In Lettland, Litauen und Estland wächst die Sorge vor einem möglichen Angriff Russlands. Im Gegensatz zur Ukraine sind die baltischen Staaten zwar NATO-Mitglieder. Und die NATO folgt dem Prinzip: Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle. Dennoch halten Geheimdienste einen russischen Angriff in den kommenden Jahren nicht für ausgeschlossen. Den Hintergrund und welche Maßnahmen die baltischen Staaten deshalb ergreifen, erklärt unsere Jugendredaktion Salon5.
instagram.com
So geht’s auch
Den Klimawandel per Handy erkennbar machen: Daran arbeiten gerade Forschende der Technischen Hochschule Mannheim. Sie messen an verschiedenen Orten in der Stadt und übertragen die digitalen Daten so, dass sie in der echten Umgebung per App sichtbar werden. So sollen Nutzer die unsichtbaren Folgen des Klimawandels wortwörtlich sehen können.
tagesschau.de
Fundstück
Viel Drama um wenig? Influencer auf Instagram machen ihrer Folgschaft gerade ein wenig Panik, indem sie vor einer neuen Funktion der App warnen: „Location Sharing“ – also ein realer, vermeintlich öffentlich einsehbarer Standort, den jede und jeder preisgeben kann. Dabei ist bislang klar: Für wen der Standort sichtbar ist und für wen nicht, entscheidet (noch) jeder Nutzer der Plattform selbst. Und: Bislang ist die Standortfreigabe nur in den USA zum Einsatz gekommen. Wir in Deutschland sind bisher also nicht von der neuen Funktion „betroffen“.
derstandard.at
Am kommenden Freitag wird US-Präsident Trump den russischen Machthaber Putin in Alaska empfangen, um ein Friedensabkommen zur Beendigung des Krieges Russlands in der Ukraine auszuhandeln. Das Weiße Haus hat den Ort des Treffens noch nicht bestätigt, aber frühere diplomatische Besuche und erste Berichte deuten auf Anchorage hin – die größte Stadt Alaskas, in der 40 Prozent der Bevölkerung des Bundesstaates leben.
Am Montag gab die zuständige Bundesbehörde bekannt, dass der Luftraum um Anchorage am kommenden Freitag aufgrund von VIP-Reisen in der Stadt gesperrt wird.
Dabei hat insbesondere das Hotel „Captain Cook“ eine lange Tradition als Gastgeber für ausländische Würdenträger. Das liegt unter anderem darin begründet, dass sein inzwischen verstorbener Besitzer früher Kabinettsmitglied unter Präsident Nixon war. „Wenn ein Präsident kommt, wird er hier übernachten“, sagte mir der Geschäftsführer des Hotels letztes Jahr.
Aber warum Alaska? Lokale Politiker verweisen auf die Geschichte des Bundesstaates und seine strategisch günstige geopolitische Lage. Die USA kauften das Gebiet, das heute Alaska ist, 1867 von Russland. Seitdem ist es ein wichtiger Standort für die militärische Verteidigung.
„Alaska ist der strategisch wichtigste Ort der Welt, an der Schnittstelle zwischen Nordamerika und Asien, mit der Arktis im Norden und dem Pazifik im Süden“, schrieb Alaskas Gouverneur Mike Dunleavy online. „Da Russland und Alaska nur drei Kilometer voneinander entfernt sind, spielt kein anderer Ort eine wichtigere Rolle für unsere nationale Verteidigung, unsere Energiesicherheit und unsere Führungsrolle in der Arktis.“
Die US-Senatorin Lisa Murkowski schrieb online, dass sie zwar „Putin und seinem Regime gegenüber misstrauisch“ sei, das Treffen jedoch „eine weitere Gelegenheit für die Arktis sei, als Ort zu dienen, an dem sich die Staats- und Regierungschefs der Welt versammeln, um bedeutende Vereinbarungen zu treffen“.

Kanzler Merz forderte kürzlich, die Wohnkosten beim Bürgergeld zu deckeln. Doch eine Regelung wie diese gibt es längst. Denn die Ämter erstatten nur das Geld für „angemessene“ Kosten der Unterkunft. Wo genau diese Grenze liegt, regeln die Kommunen. Wer darüber liegt, muss selbst zahlen – und zwar aus dem Geld, das der Regelsatz zur Verfügung stellt. Im Jahr 2024 war das etwa bei jedem achten Haushalt mit Bürgergeldbezug der Fall. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, die der Spiegel ausgewertet hat.
spiegel.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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