Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser, 

wann ist ein Gruß ein Hitlergruß? Spätestens seit Elon Musks wirrem Auftritt bei der Trump-Vereidigung im Januar ist klar: So mancher mit nationalistischem Einschlag nutzt bewusst den sich hier auftuenden Interpretationsspielraum und will es nachher so nicht gemeint haben.

In diesem Zusammenhang ist auch unsere heute erschienene Story zu sehen. Es ging damit los, dass unserer Jugendredaktion Salon5 auffiel: Wenn man ein bestimmtes Wort bei Instagram eingibt, wird ein ziemlich zweifelhaftes Emoji angezeigt. Wir begannen, zu recherchieren. 

Unsere Recherche führt jetzt dazu, dass das Bundesinnenministerium ein ernstes Wörtchen mit dem Konzern reden will. Mehr im Thema des Tages.

Auch eine weitere CORRECTIV-Recherchen zeigt Wirkung: In Gelsenkirchen muss die Stadtverwaltung deutlich transparenter über ihre Finanzlage berichten, als sie das bisher getan hat – weil wir geklagt haben. Darum geht’s heute in „Ganz Persönlich“.

Und heute gibt es das neueste Video-Interview aus der Reihe „Im Gespräch mit CORRECTIV“ – zum Thema Rechtsruck und „Nie wieder“.

Das Adventskalender-Lesergedicht kommt diesmal von Marianne T., und auch darin kommt ein Tech-Konzern vor:

Drei Kugeln trafen den Weihnachtsmann

Drei Kugeln trafen den Weihnachtsmann.
Die erste hing schon am Weihnachtsbaum dran,
als der Weihnachtsmann ihm beim Schmücken der Äste
für‘s Wichtigste seiner dienstlichen Feste
versehentlich einen Rempler gab.

Da fiel die Kugel auf ihn herab,
wo sie an seiner Stirn zerschellte
und einen Schmiss in den Schädel dellte.

Die zweite, virtuelle Kugel
war eine Eilbotschaft über Google:
Dass Peace on Earth eine Heuchelei
und der Weihnachtsmann ein Betrüger sei.

Sie stiftete weltweit großen Schaden.
sein Kerngeschäft ging weitgehend baden.
Der Weihnachtsmann träumte von einer Pension
im Vorruhestand. Die Welt lachte Hohn.

Die dritte, finale Kugel war
gewidmet einer Wildschweinschar,
die in dem Garten marodierte,
durch den auch der Weihnachtsmann marschierte.

Dem Jäger tut die Sache leid.
Er sorgt sich um die Weihnachtszeit.
Doch taugt er selbst als Stellvertreter?
Und ’n neuen Profi findet man später?

Ich glaub nicht mehr an den Weihnachtsmann.
Jetzt müssen wir endlich selber ran.
Oder wie woll’n wir Menschen die Kurve kriegen
aus all der Gewalt, dem Dreck, dem Lügen?

Kein Frieden, kein Tierwohl, kein Klimaschutz,
die Meere randvoll Müll und Schmutz,
die Zukunft der Kinder in größter Not –
die Weihnachtsbotschaft ist mausetot.

Jetzt halten wir alle den Atem an.
Gibt’s Hoffnung ohne Weihnachtsmann?


Danke für all die schönen Gedichte! Wenn Sie auch mal gern im SPOTLIGHT auftauchen möchten, schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Ist es ein Hitlergruß?

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: So verzerrten Influencer im Sommer die Sicht auf UN-Hilfslieferungen für Gaza

Gute Sache(n): Kabinett billigt Gesetzentwurf zum härteren Vorgehen gegen Scheinvaterschaften • Promis setzen sich für die Rechte afghanische Ortskräfte ein • Autistische Künstlerin gewinnt erstmals renommierten Turner-Preis

CORRECTIV ganz persönlich: Rechercheerfolg – Gelsenkirchen muss Finanzloch offenlegen

Grafik des Tages: Wohnkosten treiben Millionen in die Armutsfalle

Für sich genommen denkt man bei diesem Männchen vielleicht nicht gleich, dass es einen Hitlergruß zeigt – aber in Verbindung mit dem Suchbegriff „Sieg“ eben doch.

Darum geht es in unserer heute veröffentlichten Story von Jacob Jargon (Redakteur bei unserer Jugendredaktion Salon5) und unserem Nachrichtenchef Ulrich Kraetzer.

Rechtsextremisten nutzen Emojis als Codes für ihre Propaganda. Der Screenshot wurde auf Tiktok aufgenommen.

Die dahinterstehende Frage:
Ist der Meta-Konzern, der Instagram betreibt, dafür verantwortlich? Muss er es unterbinden?

Für diese Frage gibt es zwei Gründe:
Erstens: Die Tech-Konzerne argumentieren in solchen Fällen (auch diesem): Sie könnten nichts dafür. Sondern die Internetnutzer würden mit ihren Suchanfragen den Algorithmus auf so etwas hin trainieren.

Zweitens: Extremisten nutzen häufig solche Codes oder Chiffren, um Nazi-Sprech und andere Widerlichkeiten niedlich zu verpacken.

Weitere Beispiele dafür:

  • Wenn Rechtsextremisten zwei Blitz-Symbole posten, wollen sie nicht vor einem Unwetter warnen. Sie nutzen die Symbole als Code für die SS-Trupps der Nationalsozialisten. 
  • Ein Vampir-Emoji wird zum Code für die antisemitische Erzählung „blutsaugender“ Juden. 
  • Islamisten nutzen das Symbol einer schwarzen Flagge als Chiffre für die Terrormiliz „Islamischer Staat“.


Was macht Meta jetzt also dagegen?
Erstmal nichts. Der Konzern schreibt uns:

„Die vorgeschlagenen Emojis basieren auf den Emojis, die bei der Suche mit den jeweiligen Wörtern oder Phrasen am häufigsten verwendet werden, sodass Nutzern die relevantesten Vorschläge angezeigt werden.“
Eine Kommunikationsagentur
im Auftrag von Meta

Und die Behörden?
Zuständig ist vor allem die EU-Kommission. Das maßgebliche Gesetz ist hier der „Digital Services Act“. Darin steht, dass Plattform-Betreiber das Risiko minimieren müssen, dass illegale Inhalte bei ihnen verbreitet werden. Und dass dabei auch die gesellschaftlichen Debatten berücksichtigt werden müssen.

Wir haben die EU-Kommission gefragt: Ist das Männchen mit dem ausgestreckten Arm in diesem Zusammenhang ein Verstoß gegen das Gesetz? Sie hat darauf nicht geantwortet. Stattdessen schreibt sie nur schwammig, dass sie derzeit das „System zur Meldung rechtswidriger Inhalte überprüfe“.

Anders das Bundesinnenministerium:
Wir waren selbst überrascht, dass Dobrindts Behörde so entschieden auf unsere Fragen geantwortet hat, nämlich:

„Die Verknüpfung des hitlergrußartigen Winke-Emojis mit dem Wort ‚Sieg‘ ist aus Sicht des Bundesinnenministeriums abzulehnen. Sie kann vor dem Hintergrund der Assoziationen, die mit ‚Sieg Heil‘-Rufen verbunden sind und die durch den konkreten Gebrauch dieser Art von Emojis in der rechtsextremistischen Szene verstärkt werden, als Verharmlosung des Nationalsozialismus, seiner Vernichtungspolitik, seiner Eroberungskriege und der Verherrlichung davon interpretiert werden.“
Sprecher
Bundesinnenministerium

Und weiter: Man sei dazu mit Meta „in Kontakt“.

Der größere Zusammenhang:
Meta ist einer der US-Tech-Riesen, die gut mit US-Präsident Trump können. Und Trump legt sich gerade enorm ins Zeug, um die Macht dieser Riesen in Europa auch weiterhin zu sichern. 

Siehe: die neue „nationale Sicherheitsstrategie“, in der Trumps Regierung behauptet, in Europa sei die Meinungsfreiheit bedroht. Genau solche Dinge wie das mit dem Sieg-Emoji fallen nämlich darunter. Ist das Meinungsfreiheit? Laut Trump wahrscheinlich schon.

Ob in diesem und anderen Fällen die EU-Kommission durchgreift, ist mittlerweile also keine rein rechtliche Frage mehr – sondern hat viel größere Implikationen: 

Dänemark stuft die USA als Bedrohung ein 
Seit rund einer Woche liegt die neue Sicherheitsstrategie der USA vor. Nun spricht das erste Nato-Land eine Sicherheitswarnung aus. Der dänische Geheimdeienst urteilt: Auf die USA sei kein Verlass mehr.
tagesspiegel.de (€)/ t-online.de 

Venezuela empört über Stürmung von Öltanker durch US-Soldaten 
Nach dem Einsatz des US-Militärs vor der Küste Venezuelas äußert die venezolanische Regierung scharfe Kritik gegen das US-amikeranische Vorgehen. Das  Außenministerium in Caracas erklärte, es sei „ein dreister Raubüberfall und ein Akt internationaler Piraterie.“ Die US-Regierung begründete den Einsatz damit, dass der Öltanker ein Teil eines illegalen Netzwerkes gewesen sei. 
deutschlandfunk.de

Diese Personen verbreiteten von Juli bis September 2025 Videos vom Grenzübergang Kerem Shalom im Süden Gazas. Darin zeigen sie einen verzerrten Blick auf Hilfslieferungen, die nach Gaza kommen. Von links oben: Noa Cochva, Xaviaer DuRousseau, David Rebel, Ex-Regierungssprecher Israels Eylon Levy, Jeremy Abramson, Marwan Jaber. (Quelle: Instagram; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Quelle: Instagram; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck

So geht’s auch
Die Bundesrepublik hat ihre Zusage zur Aufnahme von Afghaninnen und Afghanen widerrufen. Die 640 Betroffenen halten sich derzeit in Pakistan auf. Ihnen werde in den nächsten Tagen mitgeteilt, „dass kein politisches Interesse an ihrer Aufnahme mehr vorliegt“, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums. Die Ampel-Koalition hatte den Frauen und Männern nach der Machtübernahme der Taliban Schutz in Deutschland zugesagt. Die derzeitige CDU-SPD-Koalition  beschloss aber, die Aufnahmeprogramme zu beenden. Zuletzt gelangten etliche Teilnehmer der Programme aufgrund erfolgreicher Klagen dennoch nach Deutschland. Medien- und Kulturschaffende, darunter der frühere heute-Moderator Claus Kleber und die Schauspielerin Iris Berben, rufen nun zu Spenden auf, um weitere Klagen zu ermöglichen.
kabulluftbruecke.de

Fundstück
Die Britin Nnena Kalu wurde als erste autistische Künstlerin mit dem renommierten Turner-Preis ausgezeichnet. Ihre hängenden Skulpturen aus verschiedensten Materialien und ihre großformatigen Zeichnungen schreiben somit Geschichte. Einige Kritiker monierten, dass Kalu wegen ihrer Person nominiert worden war und nicht etwa wegen ihren Kunstwerken. Andere Kunstkritiker lobten die Arbeit der Künstlerin und betonten, Kalu sei eine „würdige Gewinnerin“. 
tagesschau.de


Uff – ich habe sofort ein Foto davon an meine Frau geschickt. Aber mein kurzer Schrecken hat sich gelohnt, denn unsere Klage hatte Erfolg: Wir haben die Gelsenkirchener Stadtverwaltung gezwungen, ein riesengroßes Haushaltsloch offenzulegen. 

Im Etat der Stadtverwaltung fehlen in diesem Jahr fast 84 Millionen Euro. Das bedeutet, dass im nächsten Jahr ordentlich gespart werden muss. Das geht vielen Kommunen in Deutschland so. Aber gerade für meine Heimatstadt Gelsenkirchen ist das eine schlimme Nachricht. Die Stadt liegt ohnehin schon wirtschaftlich am Boden. Die AfD hat bei der Kommunalwahl genauso viele Sitze im Stadtrat geholt wie die SPD. 

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt, Ulrich Kraetzer und Jule Scharun.