Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Justus von Daniels

Die Recherche hat das ganze Land bewegt und politische Folgen gehabt. Just in dieser Woche musste nun ein Gericht in Hamburg nochmal verhandeln, weil zwei Teilnehmer des Potsdam-Treffens immer noch gegen den Text klagen. Das Gericht deutete unmissverständlich an, dass die Klage wohl abgewiesen wird – im Dezember soll die Entscheidung fallen. Zu durchsichtig ist der Versuch, mit solchen Verfahren immer wieder Nebelkerzen zu zünden. 

Denn sie greifen gar nicht die Tatsachen an, über die wir berichtet haben, nicht die zitierten Stellen, bei denen es um „maßgeschneiderte Gesetze“ ging, die auch „nicht-assimilierte Staatsbürger“ betreffen, die aus dem Land sollen, ein „Jahrzehnteprojekt“, wie es hieß. 

Stattdessen wurden drei Satzteile herausgegriffen, mit denen die beiden Teilnehmer und deren Anwälte eine Erzählung in die Welt setzen wollen, dass doch alles viel harmloser war. Es geht den Klägern nicht wirklich um das Recht, sondern darum „eine Gegenerzählung in die Welt zu setzen“, wie es einer von ihnen selbst in einem Interview gesagt hat. Und einige Medien steigen tatsächlich auf die Taktik ein. Eine klare Einordnung dazu haben wir gestern hier veröffentlicht.

Die Debatte um „Remigration“ ist dagegen der zentrale Kern, um den es geht – das völkische Denken ist selbst anderen Rechtsaußen-Parteien in Europa zu viel, in der AfD ist es aber weiterhin verbreitet

Dieser SPOTLIGHT kommt heute übrigens aus Malaysia. In Kuala Lumpur findet gerade die größte internationale Konferenz für Journalismus mit rund 1.500 Journalistinnen und Journalisten aus allen Kontinenten statt. Und auch CORRECTIV ist mit einer kleinen Gruppe da. Denn wir dürfen hier einige Projekte vorstellen, wie wir mit Menschen gemeinsam recherchieren und neue Formate entwickeln, um besser miteinander in den Austausch zu kommen. 

Es freut uns natürlich sehr, wenn unsere Ansätze auch von Medien in anderen Ländern genutzt werden können. Auch dort, wo Kolleginnen und Kollegen mit autoritären Strukturen zu kämpfen haben – ein Thema, das auf der Konferenz leider auch präsent ist.

Im CORRECTIV.Inside gibt Ihnen meine Kollegin Lilith Grull einen Einblick, wie europäische (darunter auch deutsche) Firmen über Jahre Maschinen lieferten, die auch in der russischen Rüstungsindustrie eingesetzt werden können.

Ihnen wünsche ich ein erholsames Wochenende, natürlich auch mit unseren Empfehlungen der Woche!

Herzlich,

Scheich Mansour und das Morden im Sudan
Im Sudan ereignen sich derzeit schlimmste Gräueltaten. Unterstützt werden die Massaker durch die Vereinigten Arabischen Emirate um den Scheich Mansour bin Zayed. Er ist Eigentümer des erfolgreichen englischen Fußballclubs Manchester City. So richtig scheint das jedoch niemanden zu interessieren.
Geld für City, Waffen für den Terror (11freunde.de, €)

Gefälschte Studien
Stockholm, Juni 2025: Hinter verschlossenen Türen diskutieren rund dreißig Forscher, Wissenschaftsfunktionäre und Verlagsvertreter an der Schwedischen Akademie der Wissenschaften über Betrug in der Forschung. Wo sonst die Nobelpreise vergeben werden, suchen sie nach einer gemeinsamen Lösung für ein drängendes Problem: die massenhafte Fälschung wissenschaftlicher Studien. Wie diese Entwicklung sogar Leben gefährden kann, schreibt Anja Reiter in der Zeit.
Das Papier nicht wert (zeit.de, €)

Drohnen gegen Migranten
Die EU-Kommission will die Außengrenzen der Europäischen Union mit einer umfassenden Drohnenabwehr schützen. Diese soll nicht nur russische Drohnen abwehren, sondern auch Migranten an den Außengrenzen stoppen. Hauptnutznießer ist die Rüstungsindustrie, während die Menschenrechte darunter leiden.
Drohnenverteidigung soll Menschen an Grenzen abwehren (netzpolitik.org)


Wir, von CORRECTIV.Europe, haben zusammen mit dem freien Journalisten Dylan Carter und der Platform Tools of War fast eine Million russische Importdaten ausgewertet. Sie stammen aus den Jahren 2019 bis März 2022. Das Ergebnis: Mehr als 28.000 Lieferungen gingen nach Russland, allesamt mit hoher Wahrscheinlichkeit Dual-Use-Güter. Also Produkte, die nicht nur zivil, sondern auch militärisch genutzt werden können. Allein aus Deutschland waren es 9.273 Lieferungen. Die Maschinen sind für eine lange Nutzung gebaut. Sie produzieren also potenziell bis heute in der Rüstungsindustrie für Putins Krieg.

Auch nach Beginn des Krieges liefen solche Exporte weiter. Das zeigt nicht nur unsere Recherche. Ein aktueller Fall in Tübingen bestätigt das. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat am Tag unserer Veröffentlichung gemeldet, dass ein 55-Jähriger aus der Region festgenommen wurde. Er soll noch bis 2024 Werkzeugmaschinen im Wert von rund 1,7 Millionen Euro nach Russland geliefert haben. Die Exporte liefen demnach über Drittländer, um Sanktionen zu umgehen.

Doch das Thema betrifft nicht nur Tübingen. Es spielt im Lokalen in ganz Europa eine Rolle. Deshalb haben wir unseren Zoll-Datensatz mit dem CORRECTIV.Europe-Netzwerk geteilt – mit Lokaljournalisten und selbständigen Reporterinnen in ganz Europa. Für uns ist die Recherche noch nicht abgeschlossen.

Collage: CORRECTIV, Foto: Michael Kappeler / picture alliance

„Weißes Gold“: Verscharrt statt recycelt
Krumme Geschäfte mit Abfall sind so lukrativ wie Drogendeals – nur leichter zu verschleiern. Eine Recherche von CORRECTIV.Europe zeigt, wie zwei Firmen aus Deutschland und Tschechien offenbar seit Jahren hunderttausende Tonnen Bauschutt kurz hinter der Grenze verschwinden lassen.  
correctiv.org

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Max Bernhard, Leonie Jax, Miriam Lenz, Pia Siber und Finn Schöneck.