
Zur Zeit rumpelt es heftig im rechtsvölkischen Lager, auch in dieser Woche wieder. Im Mittelpunkt stehen der „Echte Männer sind rechts“-AfD-Politiker Maximilian Krah und der völkische Ideologe Martin Sellner. Sie zerfetzen sich über ein mittlerweile bekanntes Konzept: „Remigration“.
Als wäre die Idee nicht schon klar genug beschrieben, postete Krah auf seinem Kanal den Videoausschnitt Sellners, über den auch wir wiederholt berichtet hatten. Sellner sagt dort kurz nach dem Potsdam-Treffen ganz offen, dass seiner Meinung nach „fünf bis sechs Millionen“ Deutsche mit migrantischem Hintergrund für eine „Remigrationspolitik möglicherweise infrage“ kämen. Weil sie sich nicht „assimilieren wollen, können und daher dauerhaft auch nicht in das Land passen“.
Darin bestätigt er das, was wir über das Potsdam-Treffen berichtet hatten und was immer noch einige Trolle als „Lüge“ verstanden wissen wollen: Ihm geht es auch um Staatsbürger. Die Enthüllung des Potsdam-Treffens war der Beginn der öffentlichen Debatte über das Konzept „Remigration“ und den Einfluss auf die AfD. Die mediale und öffentliche Wahrnehmung damals war also mehr als verständlich.
Seitdem mäandert die AfD um diesen Begriff, nutzt ihn, streicht ihn, verharmlost ihn, einige AfDler fordern öffentlich „millionenfache“ Remigration.
Warum ist das jetzt wichtig?
Spannend ist, was mehrere Gerichte seitdem gefolgert haben: Genau dieses Konzept sei verfassungsfeindlich. Gerade erst wurde in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (für Interessierte Seite 18) deutlich, dass es für die Frage, ob eine Partei verfassungsfeindliche Konzepte umsetzen wolle, nicht allein darauf ankommen muss, ob das im Parteiprogramm steht. Sondern es kann sich auch darin zeigen, ob Anhänger und Parteiorgane solche Inhalte fordern und wiederholen.
Das Konzept der „Remigration“ würde damit auch im Mittelpunkt um ein mögliches Verbotsverfahren stehen. Das ahnen einige in der AfD und versuchen sich mit Distanz. Nur genau das ist der Knackpunkt für eine Partei, deren Identität immer wieder auf die Idee eines „homogenen Volkes“ zurückfällt. Und die daraus auch ihre ganze finanzpolitische Agenda zieht: Geld wäre da, wenn Millionen aus dem Land verschwinden.
Wir werden das weiter beobachten.
Ihnen möchte ich ausdrücklich einen Blick auf unsere Rubrik „Die Woche bei CORRECTIV“ empfehlen. Ob zu den Fensterstürzen in Russland, zu den Netzwerken von Jens Spahn, dem Missbrauch im Sport oder zu Sprachuntersuchungen in Kitas, auf die meine Kollegin Miriam Lenz im CORRECTIV.Inside am Ende dieses SPOTLIGHT einen Blick wirft: Wir waren diese Woche in sehr unterschiedlichen und relevanten Bereichen unterwegs und hoffen, dass Sie durch unsere Veröffentlichungen einen besseren Einblick in die jeweiligen Themen erhalten.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende, angeregt und bereichert durch unsere Empfehlungen der Woche!
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr
Aufstrebende Neonazis in der Lausitz
Sie sind laut, radikal und gewaltbereit: In der Lausitz wächst eine neue Generation junger Rechtsextremer heran. Besonders gefährdet sind alle, die sich nicht einschüchtern lassen. Jo Goll und Sebastian Schiller zeigen in ihrer Reportage anhand von Cottbus und Spremberg, wie die Zivilgesellschaft unter Druck gerät – und wie junge Neonazis versuchen, das Land zu verändern.
Jung.Rechts.Radikal – Neonazis in der Lausitz (ardmediathek, Video)
Irma aus Srebrenica
Srebrenica, Juli 1995: Ein Vater reicht seine kleine Tochter einer Krankenschwester – kurz bevor man ihn verschleppt. Christine Schmitz bringt das Mädchen in Sicherheit, verliert es jedoch aus den Augen. Jahrzehntelang fragt sie sich, was aus ihr wurde. Dann erreicht sie eine E-Mail, in der sich eine Frau namens Irma vorstellt. Die bewegende Geschichte, die sich um den Genozid von Srebrenica, mit mehr als 8000 ermordeten Bosniaken abgespielt hat, erzählt der Dokupodcast „Irma. Das Kind aus Srebrenica“ der Zeit.
Irma. Das Kind aus Srebrenica (zeit.de, Podcast)
Deutsche Rechtsextreme kämpfen gegen Putin
Im Ukraine-Krieg kämpfen auch deutsche Neonazis gegen Putin – etwa im „Deutschen Freiwilligenkorps“. Ein bemerkenswerter Widerspruch: Während ein Teil der Szene Putin verehrt, ziehen andere in den Kampf gegen Russlands Regime, um „Putins Neo-Bolschewismus“ zu bekämpfen. Neben diesem ideologischen Chaos kommt eine brisante Frage auf: Was geschieht mit den kampferprobten Neonazis, wenn sie nach Deutschland zurückkehren?
Deutsche Rechtsextreme kämpfen offenbar in Ukraine (t-online.de)
Die Jägerin aus der CDU
CDU-Politikerin Saskia Ludwig brachte mit ihrer Kampagne gegen die Verfassungsrichter-Kandidatin Brosius-Gersdorf eine Debatte ins Rollen – doch nun steht ihre eigene Doktorarbeit unter Plagiatsverdacht. Während sich die Vorwürfe gegen Brosius-Gersdorf zerschlagen, bekommt Ludwigs Konfrontationskurs neue Brüche. Eine Geschichte über Machtkämpfe, Ideologie und eine gescheiterte Richterwahl.
Das Gesicht der Kampagne gegen SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf (sueddeutsche.de)
Toxische Klinik-Kultur
„Im OP sind nur Männer erwünscht“ – so berichten Ärztinnen von ihren Erfahrungen in deutschen Kliniken. Nach dem Bericht der Zeit über die Neurochirurgin Kara Krajewski meldeten sich viele Betroffene: Chefs, die ihre Mitarbeiterinnen mobbten, herabsetzten oder aus dem Beruf drängten – weil sie Mütter wurden oder sich nicht fügten. Fünf Betroffene schildern nun ihre Erlebnisse. Ein Blick in eine Klinik-Kultur, geprägt von Sexismus und Machtmissbrauch.
„Es vergeht kaum eine OP ohne affige Anspielungen auf Sex“ (zeit.de, €)
Novum auf dem Pharmamarkt
Erstmals nutzt ein Pharmakonzern ein neues Gesetz, um mit Krankenkassen einen geheimen Rabatt für ein Medikament auszuhandeln. Nach Informationen von NDR, WDR und SZ geht es dabei um das Diabetes-Mittel Mounjaro von Eli Lilly.
Pharmakonzern will erstmals Geheimpreis vereinbaren (tagesschau.de)

CORRECTIV Inside
Mehr Jungen als Mädchen haben bereits vor der Einschulung Sprachprobleme. Das zeigt eine Auswertung der Schuleingangsuntersuchungen in zwölf Bundesländern für sieben Jahre, die wir diese Woche veröffentlicht haben. Woran dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern liegt, ist bisher kaum erforscht.
Was unsere Analyse außerdem zeigt: In allen Bundesländern liegt der Anteil von Kindern insgesamt, die Sprachprobleme haben, zwischen knapp 19 Prozent und knapp 37 Prozent. Die Bundesländer testen in den Untersuchungen vor der Schule unterschiedlich, deshalb kann man nicht einfach sagen, dass in dem einen Bundesland mehr Kinder Sprachprobleme haben als in dem anderen.
Aber ob es je nach Test ein Fünftel oder ein Drittel der Kinder ist – wenn so viele Kinder nicht richtig sprechen können, bevor sie in die Grundschule kommen, dann haben wir als Gesellschaft ein Problem. Sprache ist der Schlüssel für Bildung und für Lebenschancen.
Wenn wir wollen, dass alle Kinder in unserem Land einen guten Start in die Schule und damit in ihr späteres Leben haben, dann muss jetzt massiv in Kitas und die Sprachförderung dort investiert werden. Denn die Krise unseres Bildungssystems fängt nicht in der Schule an, sondern in Kitas. Sie sind ein zentraler Ort des Lernens und wir brauchen exzellente Fachkräfte dort, die unter guten Bedingungen arbeiten können.

Die Woche bei CORRECTIV

Netzwerk mit Nebenwirkungen: Jens Spahn und der Milliardär
Tech-Milliardär Christian Angermayer hat zum Teil über Firmen knapp 300.000 Euro an die CDU gespendet. Er gilt als Trump-nah und soll gut mit Jens Spahn verdrahtet sein. Als Investor hat er offenbar indirekt von einem millionenschweren Covid-Arznei-Deal der Bundesregierung profitiert. Teil 1 einer Serie über die Netzwerke des CDU-Fraktionschefs Spahn.
correctiv.org
Medien und Medizinsoftware: Der Profiteur von Spahns Politik
Das Rechtsaußen-Medium Nius vertritt oft rechtskonservative Positionen, genau wie die Politik von Spahn. Finanziert wird das Portal von IT-Millionär und Frank Gotthardt – der im Kontakt zu Spahn stand und dessen Firmennetzwerk stark von den gesundheitspolitischen Weichenstellungen profitierte. Teil 2 einer Serie über die Netzwerke des CDU-Fraktionschefs Spahn.
correctiv.org
Plötzliche Todesfälle in Russland: Wenn das System das Leben nimmt
Fensterstürze, Herzversagen und Schusswunden: Seit der Invasion in die Ukraine sind mehr als ein Dutzend russischer Top-Manager unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Der angebliche Suizid des Ex-Verkehrsministers Roman Starowoit vor zwei Wochen ist nur der vorläufige Schlusspunkt einer Serie. CORRECTIV liefert einen Überblick mit Zeitleiste.
correctiv.org
Mehr Sprachprobleme bei Jungen: Pädagogische Konzepte fehlen
Mehr Jungen als Mädchen haben vor der Einschulung Sprachprobleme. Das zeigt eine exklusive Auswertung der Schuleingangsuntersuchungen von CORRECTIV. Was die Gründe für diese unterschiedlichen Ergebnisse sind, ist bisher kaum erforscht.
correctiv.org
Nacktbehandlungen durch Spielerberater? Staatsanwaltschaft sucht Betroffene
Sexualisierte Übergriffe im Fußball: Nach Enthüllungen zu Vorwürfen gegen den Spielerberater N. sucht die Staatsanwaltschaft München nach möglichen Zeugen, während sich sechs weitere Betroffene bei CORRECTIV melden.
correctiv.org
Demolition Atlas Europe gestartet: CORRECTIV recherchiert europaweit zum massenhaften Abriss
Jedes Jahr werden in Europa hunderttausende Gebäude abgerissen. In Kooperation mit internationalen Medien decken wir die ökologischen, sozialen und kulturellen Folgen auf.
correctiv.org
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Martin Böhmer und Finn Schöneck.
CORRECTIV ist spendenfinanziert
CORRECTIV ist das erste spendenfinanzierte Medium in Deutschland. Als vielfach ausgezeichnete Redaktion stehen wir für investigativen Journalismus. Wir lösen öffentliche Debatten aus, arbeiten mit Bürgerinnen und Bürgern an unseren Recherchen und fördern die Gesellschaft mit unseren Bildungsprogrammen.