Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser, 

als ich gestern am späten Abend noch einmal aufs Handy schaute, war in den Sozialen Netzwerken die Empörung mal wieder groß. Diesmal aber, fand ich, zurecht: Bei der Antrittsfeier für Donald Trump hatte kurz zuvor Milliardär und X-Chef Elon Musk eine Rede gehalten, dabei hatte er wie aufgeputscht gewirkt. Und dann machte er diese Geste. Am besten schauen Sie einmal selbst, damit Sie wissen, wovon die Rede ist.

Heute überboten sich die deutschen Nachrichtenseiten gegenseitig in vorsichtigen Versuchen, den ausgestreckten rechten Arm zu interpretieren: Die Zeit schrieb von einem „vermeintlichen Hitlergruß“, T-Online von einer „irritierenden Geste“. Bei der Süddeutschen Zeitung erkannte man eine „Geste, die an einen Hitlergruß erinnert“ und beim Bayerischen Rundfunk eine „Hitlergruß-ähnliche Geste“.

Dass die deutschen Medien so vorsichtig sind, mag damit zusammenhängen: Wenn man auf Musks eigener Plattform X schreibt, was man sieht (einen ziemlich eindeutigen Hitlergruß), dann bekommt man von den Leuten, die sich dort immer noch tummeln, ordentlich eins übergebraten. Auch ich bekam wieder mal jede Menge Hass- und Hetz-Kommentare ab, als ich dort den Video-Schnipsel teilte.

Aus diesem Anlass heute Thema des Tages: Braucht irgendwer noch X, oder kann das weg? Und die Frage an Sie, die Schwarm-Intelligenz: Soll ich meinen Account noch behalten oder löschen? Schreiben Sie mir Ihre Meinung: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Musks Hitlergruß-ähnliche“ Geste

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

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CORRECTIV-Werkbank: AfD-Politiker nutzen Sahra Wagenknecht als Werbefigur

Grafik des Tages: So viele Milliardäre gibt es in Deutschland

Wobei: Musk selbst erklärte jetzt, es sei gar kein Hitlergruß gewesen. Hier ein Screenshot (Quelle CNN/X):

Wir schauen uns aus diesem Anlass an, wie es um X in Deutschland steht:

Wie viele Leute sind noch auf der Plattform?
In den letzten paar Jahren kursierte diese Zahl: Nur rund zwei Prozent der Deutschen würden täglich das Netzwerk X nutzen. Die Zahl stammt aus der ARD-ZDF-Onlinestudie 2020 und ist hier nachzulesen (Seite 466). Aber wie viele Nutzer gibt es heute noch, nachdem sich Musk immer weiter radikalisiert hat?

Genau weiß man das nicht, weil X selbst keine Zahlen herausgibt und seit Ende 2022 (kurz nach der Übernahme durch Elon Musk) keine deutschen Ansprechpartner für Medienanfragen mehr hat. Vielleicht erinnern Sie sich: Eine Zeit lang kam als Antwort auf E-Mails von Journalisten automatisch ein Kackhaufen-Emoji zurück. 

Wir vom SPOTLIGHT-Team haben deshalb selbst mal zusammengetragen, welche neueren Infos man über die Nutzerzahlen findet. Laut einer Untersuchung der US-Tech-Marktforschungsfirma Edison soll in den USA die Nutzung von X im vergangenen Jahr um ein Drittel zurückgegangen sein. Für Deutschland finden sich keine vergleichbaren Schätzungen, sondern lediglich eine Umfrage des Verbandes Bitkom, laut der jeder Dritte seinen Account „irgendwann bald mal“ kündigen wolle. 

In den Transparenzberichten, die X nach EU-Recht vorlegen muss, sieht es derweil anders aus. Demnach soll die Zahl der deutschen User sogar inzwischen gestiegen sein: von 16,3 Millionen Nutzern im Monatsdurchschnitt Ende 2023 auf 16,9 Millionen im Oktober 2024.

Wer sich zuletzt alles abgemeldet hat:
Vor zwei Tagen verließ etwa der Hessische Rundfunk die Plattform, vor vier Tagen erklärte das Bundesumweltministerium, seinen Account vorerst ruhen zu lassen, ein paar Tage zuvor hatten rund 60 deutsche Hochschulen ihr X-Aus angekündigt.

Wir von CORRECTIV haben unseren zentralen Account schon vor über einem Jahr stillgelegt. Unser Faktencheck-Team ist allerdings noch da (denn als Faktenchecker muss man da sein, wo die Desinformation ist).

Die CORRECTIV-Redaktion postet ihre Inhalte stattdessen auf Bluesky – das in den letzten Monaten regen Zulauf hatte. Ich selbst verbringe dort auch immer mehr Zeit; zu meinem Profil geht es hier.

Soll ich auch einen Schlussstrich ziehen?
Eigentlich denke ich jedes Mal, wenn ich X öffne, darüber nach, meinen Account zu löschen. Mittlerweile stößt man dort fast nur noch auf Hass und Hetze; auf vermeintliche Skandale, die rechtsgerichtete Medien hochpuschen – oder eben auf Wahlwerbung für populistische Parteien. 

Es gibt zwei Gründe, warum ich mich noch nicht abgemeldet habe. Einer ist, dass ich mir dort jeden Tag einmal einen kurzen Überblick verschaffe, worüber sich die X-Bubble heute wohl wieder aufregt. Der andere, dass viel Desinformation über CORRECTIV auf der Plattform kursiert. Da versuche ich, als eine der letzten unserer Redaktion, gegenzuhalten.

Fragen und Antworten zur Causa Stefan Gelbhaar
Ende Dezember wurden Belästigungsvorwürfe mehrerer Frauen gegen den Grünen-Bundestagsabgeordneten bekannt. Die schwersten Vorwürfe, die eine Informantin – eine Berliner Bezirkspolitikerin – dem RBB gegenüber machte, sollen jedoch nicht stimmen. Weil er eine Intrige gegen seinen Parteikollegen vermutet, hat Özcan Mutlu die Grünen verlassen.
tagesschau.de / spiegel.de

Lokal: AfD Sachsen ist rechtens „gesichert rechtsextrem“
Das sächsische Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass das Landesamt für Verfassungsschutz den Landesverband der Partei entsprechend einstufen darf. Die sächsische AfD war Ende 2023 als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft worden, wogegen die sich – ohne Erfolg – zu wehren versuchte.
tagesspiegel.de

Investigativ: US-Senat prüft zweifelhafte Trump-Regierung
Donald Trump plant, wichtige Aufgaben in seiner zweiten Präsidentschaft Impfgegnern, Verschwörungsideologen und Fernsehmoderatoren in die Hände zu geben. Entscheidungen, die durch den Senat müssen – und selbst Republikaner sehen sie kritisch, wie The Insider recherchiert hat.
theins.press

So geht’s auch
Auf den Rollstuhl angewiesen sein und trotzdem klettern? Was zunächst unvereinbar klingt, macht eine Kletterhalle in Luzern möglich. 
srf.ch

Fundstück

Endlich Durchblick: Es gibt in Deutschland Tausende Girokonten-Modelle. Um für mehr Transparenz zu sorgen, hat die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin einen kostenlosen Girokontenvergleich online gestellt.
kontenvergleich.bafin.de


Maximilian Krah, Christina Baum und Matthias Moosdorf sind nur 3 der 18 AfD-Leute, die hinter der Initiative „Stoppt die Sanktionen“ stehen. Auf der Homepage und in den Kanälen der Gruppe sprechen sie von schrumpfender deutscher Wirtschaft, Drohszenarien des Kriegs – und sie fordern immer wieder das Ende der Russland-Sanktionen, die wegen der Invasion in der Ukraine verhängt wurden. Dafür scheut die AfD-Gruppe offenbar keine Parteigrenzen.

Die BSW-Chefin selbst hatte sich im Sommer noch für einen anderen Umgang mit der in Teilen rechtsextremen Partei ausgesprochen. Auf dem Parteitag im Januar stellte sich Wagenknecht aber klar gegen die AfD

Also, was denn nun? Findet hier doch eine Zusammenarbeit statt? Die Wagenknecht-Partei teilt auf unsere Anfrage mit: „Dem BSW sind keine Kontakte zu den Betreibern von gegensanktionen.de bekannt.“ Weiter heißt es, dass Wagenknechts Foto „nahezu täglich eigenmächtig zur politischen Agitation eingesetzt“ werde. Das BSW behält sich Schritte vor.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers und Sebastian Haupt.