Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.


mit drei Jahren konnte ich „Tomate“ schreiben, mit vier fast alles, was ich wollte. Ich bin eine Autorentochter, Sprache war also überall um mich herum. Im Kindergarten durfte ich anderen Kindern vorlesen. Nicht, weil ich besonders klug war, sondern weil Lesen und Sprechen bei uns zuhause wie Luft waren: allgegenwärtig und existenziell.

Doch Sprache fällt nicht allen Kindern einfach zu. Sie ist nicht bloß eine Frage des Talents, sondern vor allem eine Frage der Umgebung, der Förderung, Anregung und Aufmerksamkeit. Wer sprachlich gefördert wird, kann sich mitteilen, Gefühle benennen und sich in die Welt einbringen. Wer sprachlich abgehängt wird, kann es hingegen in der Schule und im Leben schwerer haben. 

Meine Kollegin Miriam Lenz hat recherchiert, wie groß das Sprachproblem an den Schulen – und schon vor Schulbeginn – ist. Dafür hat sie die Ergebnisse aus den Schuleingangsuntersuchungen aus zwölf deutschen Bundesländern ausgewertet, für einen Zeitraum von sieben Jahren. Die Ergebnisse sind eindeutig – und beunruhigend. 

Ich vertrete heute Anette Dowideit und berichte Ihnen mehr zur neuen CORRECTIV-Recherche in unserem „Thema des Tages“.

Außerdem im SPOTLIGHT: Till Eckert schreibt in der „Werkbank“ darüber, warum eine geplante schnellere Waffenbeschaffung für die Bundeswehr auch zu Problemen führen kann. 

Thema des Tages: Sag doch was, Junge!

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Brantner im Sommerinterview: Aussagen zur Klimapolitik im Faktencheck

Gute Sache(n): Erdüberlastungstag • Jura-Studenten segeln für ihre Heimatinsel zum Internationalen Gerichtshof • Berliner U-Bahn sendet mit CSD-Deko klare Botschaft an den Bundestag

CORRECTIV-Werkbank: Vereinfachte Regulatorik für Waffenkauf: Vetternwirtschaft auf Rezept?

Grafik des Tages: So denken die Deutschen über ein mögliches AfD-Verbot

Zwei Jungen sitzen in einer Grundschule an einem Tisch und üben zu lesen.
In einer Grundschule üben zwei Jungen zu lesen. Foto: Matthias Balk, picture alliance / dpa

Die vielleicht brisanteste Erkenntnis:
Das Problem ist nun zwar messbar – aber kaum erforscht. Warum Jungen schlechter sprechen lernen als Mädchen, ist wissenschaftlich bislang weitgehend unbeantwortet. Eine massive Wissenslücke mit realen Folgen für die Bildungschancen von Millionen Jungen. 

„Damit wir diese Zusammenhänge besser verstehen und welche Rolle dabei das Geschlecht spielt, brauchen wir Forschung“

Tim Rohrmann

Professor für Kindheitspädagogik, Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst 

In zwölf Bundesländern hat Miriam Lenz die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen von 2018 bis 2024 analysiert. Die Daten zeigen: Fast überall wurde bei mehr Jungen als Mädchen ein Förderbedarf bei der Sprache festgestellt, im Durchschnitt liegt der Unterschied bei knapp sechs Prozentpunkten.

Daran könnte es liegen 
Die Forschung zeigt: Jungen ziehen sich in Kitas häufiger zurück, sind in Bewegung, spielen weiter weg von Erzieherinnen. Mädchen hingegen suchen öfter Nähe, werden dadurch häufiger angesprochen – und würden so auch selbst mehr sprechen. Die Folge: Vermutlich weniger Sprachinput für Jungen und weniger Förderung im Alltag. 

Tim Rohrmanns Einschätzung nach braucht es unter anderem in Kitas mehr gezielte Sprachförderung durch Fachkräfte. 

Das Bundesbildungsministerium sieht übrigens als einen von vielen möglichen Gründen für das unterschiedliche Leseverhalten fehlende männliche Vorbilder. „Väter beteiligen sich deutlich seltener am Vorlesen, wodurch Jungen weniger männliche Lesevorbilder erleben“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage von CORRECTIV. 

Was bedeutet das für die Zukunft?
Ein Kind, das sprachlich nicht mithalten kann, fällt oft nicht nur im Unterricht zurück – sondern auch sozial. Wer sich nicht ausdrücken kann, wird übersehen, ausgegrenzt, reagiert womöglich mit Rückzug oder Wut. Mit Sprachproblemen bleibt Bildung oft verschlossen.

Entschädigung für klimageschädigte Länder möglich
Der Internationale Gerichtshof erklärte gestern in einem neuen Gutachten eine saubere und gesunde Umwelt zum allgemeinen Menschenrecht. Außerdem könnte es den vom Klimawandel betroffenen Ländern möglich sein, Entschädigungszahlungen von verantwortlichen Industriestaaten zu verlangen.
spiegel.de

München: Flughafen plant Abschiebe-Terminal
Der Flughafen München-Freising plant ein mögliches „Rückführungsterminal“, an dem abgelehnte oder straffällige Asylbewerber zurück in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden sollen. Die Stadt Freising muss diesem Bauvorhaben aber erst zustimmen.
merkur.de / sueddeutsche.de  

Franziska Brantner im Bundestag.
Franziska Brantner, hier im Juni im Bundestag zu sehen, stellte sich am 20. Juli im Sommerinterview den Fragen im ZDF (Quelle: Carsten Koall / DPA / Picture Alliance)

Fundstück
Keine Regenbogenflagge auf dem Reichstagsgebäude. Und keine offizielle Fußgruppe der Bundestagsverwaltung. Im Vorfeld des Christopher Street Day in Berlin lösten die Entscheidungen von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und der Verwaltungsspitze heftige Kritik aus. Friedrich Merz unterstützte seine Parteifreundin mit der Aussage: „Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt“. Darauf reagierten nun die Berliner Verkehrsbetriebe mit humoristischer Kritik. Kurz vor dem CSD gestalteten sie die U-Bahnstation direkt am Bundestag um – und dekorierten sie in Regenbogenfarben. 
tiktok.com


Verteidigungsminister Boris Pistorius will schon lange eine „erleichterte, vereinfachte Regulatorik“ für den Einkauf von Waffensystemen. Konkret soll mit dem Gesetz jede Beschaffung, die zur militärischen Bereitschaft des Landes beiträgt, als „nationales Sicherheitsinteresse“ gelten. Und so Ausnahmen vom europäischen Vergaberecht möglich machen.

Das Gesetz öffnet damit auch Tür und Hof für Klüngelei, Vetternwirtschaft und Korruption. Ohne klare Definitionen, transparente Prozesse und wirksame Kontrolle entstehen Grauzonen, in denen demokratische Kontrolle geschwächt wird; gerade im Verteidigungsbereich, der ohnehin schon in vielen Bereichen intransparent ist. 

Zwar soll es eine „parlamentarische Kontrolle“ geben. Wie die aussehen soll, ist jedoch unklar. Ebenso offen ist die Frage: Wer entscheidet darüber, was als wesentliches „Sicherheitsinteresse“ gilt?

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Tristan Devigne, Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.