Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

hatten Sie eigentlich schon Zeit und Muße, sich ausreichend mit dem Thema CO2-Preis zu beschäftigen? Also damit, welche Preissteigerungen auf Sie als Privatperson in den nächsten Jahren zukommen? 

Falls nicht, dann sollten Sie das tun. Warum, lesen Sie im Thema des Tages.

Gestern hatten wir Sie gefragt: Haben Sie oder jemand aus Ihrem Umfeld schon mal Altersdiskriminierung erlebt? 563 von Ihnen haben sich gemeldet. Unsere Leserreporterin Jule Scharun wertet Ihre Antworten nun aus und schreibt in den kommenden Tagen mehr dazu auf. Vorab schon mal: 366 von Ihnen schreiben, dass Ihnen solche Diskriminierung schon begegnet ist. 

Eine Leserin schrieb zum Beispiel dies: „Als ich im Alter von 72 Jahren ein größeres Erbe antrat, wurde ich (von der Familie) aufgefordert, dies an die nachfolgende Generation weiterzugeben. (…) Für eventuelle Pflegekosten könne ich staatliche Gelder beantragen. Ich bestand auf meinen Rechten und dies hatte zur Folge, dass ich aus der Familie ausgeschlossen wurde und die Enkelkinder nicht mehr sehen darf.“

Heute finden Sie im SPOTLIGHT die wichtigsten Informationen über Trumps aktuellen „Friedensplan“ für die Ukraine. Und einen „Denkanstoß“ von Journalistin und Balkan-Expertin Melina Borčak. Sie schreibt darüber: Welche Hintergründe über die derzeitigen Demonstrationen in Serbien bei uns nicht berichtet werden.

Schreiben Sie mir gern, was Sie bewegt. Ich schaffe es zwar nicht, alle Mails zu beantworten, aber ich lese jede einzelne aufmerksam: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: So teuer wird das Leben demnächst

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Denkanstoß: Proteste in Serbien: Die dunkle Seite, die in den Nachrichten kaum vorkommt

Faktencheck: Nein, über Solarparks entsteht keine so große Hitze, dass Vögel und Insekten sterben

Gute Sache(n): Trumps möglicher Ukraine-Deal im historischen Vergleich • Untenrum warm • Göttlicher Witz

CORRECTIV-Werkbank: Wie grün sind Ihre Geldanlagen wirklich? Das haben Sie uns geantwortet

Grafik des Tages: US-Zölle schaden besonders den USA

Das wird handfeste Auswirkungen auf unser Leben haben: Das Heizen mit Erdgas und Erdöl und das Autofahren, zumindest mit Verbrennermotoren, werden immer teurer. ​​

Eine gerade veröffentlichte Umfrage zeigt: Nur fünf Prozent der Deutschen schätzen realistisch ein, was in ein paar Jahren an Zusatzkosten auf sie zukommt.

Aus diesem Anlass beantworten wir noch einmal die wichtigsten Fragen zum Thema.

Fünf Euro werden bald längst nicht mehr reichen. Quelle: picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer

Was ist nochmal der CO2-Preis?
Eine Abgabe für Verbraucher, die es zwar schon seit 2021 gibt, die bisher aber nicht besonders spürbar ist. Sie fällt auf Erdgas, Heizöl, Benzin und Diesel an. Das Wichtigste dazu erklärt unsere Klima-Reporterin Katarina Huth in diesem Kurzvideo.

Wie hoch ist er?
Derzeit, das zeigt die Stiftung Warentest in einer Grafik, kostet der Ausstoß einer Tonne CO2 55 Euro. Das klingt abstrakt. 

Praktisch bedeutet es: Seit Anfang dieses Jahres zahlt man für jeden Liter Benzin, den man an der Tankstelle in sein Auto füllt, 16 Cent Abgabe. 

Beim Heizen gilt: Wer eine Ölheizung hat, zahlt derzeit im Durchschnitt 105 Euro pro Jahr als Abgabe. Bei einer Gasheizung sind es durchschnittlich 71 Euro pro Jahr. Diese Zahlen hat unser Recherchepartner Finanztip.de in mehreren Grafiken übersichtlich dargestellt.

Wie teuer wird es in den nächsten Jahren?
Ab 2023 gibt es einen enormen Sprung: Dann werden für einen Liter Benzin knapp 66 Cent CO2-Abgabe fällig. Fürs Heizen mit Öl werden dann im Schnitt 525 Euro pro Jahr an Abgaben anfallen, fürs Heizen mit Gas 356 Euro. 

Das heißt: Grob gesagt verfünffacht sich die Abgabe im Vergleich zu jetzt. Laut der aktuellen Umfrage (durchgeführt vom schwedischen Energie-Tech-Unternehmen Aira) unterschätzt bisher etwa jeder vierte Befragte die dann anfallenden Abgaben sehr deutlich.

Was wurde aus den Ausgleichszahlungen, die mal geplant waren?
Der CO2-Preis funktioniert ähnlich wie die Mehrwertsteuer: Jeder zahlt gleich viel, egal, wieviel Geld sie oder er verdient. Das wiederum bedeutet, dass Menschen mit weniger Einkommen verhältnismäßig stärker belastet werden als jene mit hohen Einkommen.

Die alte Bundesregierung hatte vorgehabt, diesen sozialen Faktor auszugleichen – mit dem sogenannten Klimageld. Dazu ist es aber wegen des verfrühten Endes der Koalition nicht mehr gekommen

Im neuen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD wird Klimageld nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Stattdessen steht darin eher abstrakt, man wolle „Entlastungen“ für die Bürgerinnen und Bürger im Gegenzug zur CO2-Bepreisung schaffen. Ob ärmere Haushalte besonders entlastet werden, lässt sich also noch nicht absehen.

Warum Mieter in der CO2-Preis-Falle stecken:
Im Gegensatz zu Eigenheimbesitzern, die zum Beispiel auf Wärmepumpen umrüsten könnten, können Mieter in der Regel nicht selbst entscheiden, auf welche Art ihr Zuhause geheizt wird.

Heizt der Vermieter mit Erdgas oder Heizöl, wird es für die Mieter automatisch deutlich teurer. Das ist ein enormes soziales Problem. 

Schon jetzt kommt es gar nicht so selten vor, dass das Heizen für Mieter zur Existenzfrage wird. Das zeigen mehrere unserer CORRECTIV-Recherchen der vergangenen Monate: 

Wirtschaftsprognose: Stillstand für die deutsche Wirtschaft
Nach zwei Rezessionsjahren in Folge scheint auch in diesem Jahr 2025 keine Verbesserung in Sicht. Die Bundesregierung senkt die Wirtschaftsprognose auf Null. Vergangenes Jahr hatte die Bundesregierung noch einen Wert von 1,1 Prozent Wachstum prognostiziert. 
sueddeutsche.de

Hamburg: Rot-Grüner Koalitionsvertrag steht
SPD und Grüne stellten nach gut sieben Wochen Verhandlung den Koalitionsvertrag vor. Es ist die dritte gemeinsame Legislatur der beiden Parteien. Geplant sind Investitionen in die Lebensqualität der Einwohner und höhere Chancengleichheit durch ein Antidiskriminierungsgesetz.
ndr.de  

Recherche: Die Widersprüche des Essener Bistums im Missbrauchsprozess
Am Landgericht Essen kämpft ein Betroffener von klerikalem Missbrauch um Gerechtigkeit. Dabei hat er jetzt schon ein Stück weit gewonnen: Ihm gehe es vor allem darum, dass vor Gericht festgehalten wird, was der Serientäter Peter H. ihm und anderen Betroffenen angetan hat. Währenddessen verstrickt sich das Bistum in seiner Verteidigung in Widersprüchen.
correctiv.org


Die Demos werden unterstützt von serbischen „Veteranen“ (in Den Haag nennt man sie eher Kriegsverbrecher), inklusive Veteranen der 63. Fallschirmbrigade, welche am Genozid gegen Bosniaken (bosnischen Muslimen) beteiligt war. Außerdem war diese Brigade beteiligt an den Angriffskriegen Serbiens gegen Slowenien, Kroatien und Kosovo.

Ihr Mitlaufen wird allgemein begrüßt, auch vom größten Profil der Protestbewegung, „Studenti u Blokadi“, das mit über 330.000 Instagram-Followern als Sprachrohr der Bewegung gilt. Fotos uniformierter Soldaten auf Demos werden dort mit dem Lied „Ich möchte leben“ geteilt.

Wissen Sie, wer auch leben wollte? Die rund 150.000 Menschen, die allein in den Neunzigern Slobodan Miloševićs Angriffskriegen und Serbiens jahrhundertelangem Traum von „Großserbien“ zum Opfer fielen.

Auf den Demos sieht man auch massenhaft nationalistische „Kosovo ist Serbien“-Flaggen, sowie Flaggen serbischer Nazi-Kollaborateure. Ein Ordner trug sogar ein T-Shirt mit dem Porträt des Generals Draža Mihajlović. Ein Mann, der mitverantwortlich dafür ist, dass Serbien sich bei Hitler bereits 1942 stolz „Judenfrei“ meldete. Ein Mann, dessen Genozid an bosnischen Muslimen in der Foča-Region so brutal war, dass mehr als ein Viertel der Mordopfer Babies und Kleinkinder bis 3 Jahre waren.

Es wäre gut, wenn Serbiens jetziger Präsident Aleksandar Vučić – Miloševićs ehemaliger Propaganda-Chef – endlich nicht mehr im Amt ist. Aber: Wer kommt danach, wenn das Land noch immer nicht mit dem Faschismus abgeschlossen hat?

Solarparks sind immer wieder Gegenstand von Falschbehauptungen. Dass darüber große Hitze entstehen würde, die der Natur schade, ist nicht wahr. (Quelle: Patrick Pleul / DPA-Zentralbild / Picture Alliance)
Solarparks sind immer wieder Gegenstand von Falschbehauptungen. Dass darüber große Hitze entstehen würde, die der Natur schade, ist nicht wahr. (Quelle: Patrick Pleul / DPA-Zentralbild / Picture Alliance)

So geht’s auch
Aus Abwasser lässt sich nachhaltige Energie gewinnen, allerdings wird diese Technologie in Deutschland noch kaum genutzt. Wie sich das ändern ließe, notiert die taz in diesem Artikel.
taz.de

Fundstück
Wie wäre es mit etwas Lustigem angesichts der vielen bedrückenden Nachrichten? Diesen Witz erzählte Papst Franziskus gern über sich selbst: 
rtl.de


Fast 70 Spotlight-Leserinnen und Leser haben mir auf meine Fragen geantwortet. Spannend dabei ist die große Bandbreite: Während manche von Ihnen direkt bei Nachhaltigkeitsbanken wie der GLS ihr Geld anlegen, nutzen andere von Ihnen große Fondsanbieter wie Deka, DWS oder auch Union Investment. Die Investitionen reichen von marktüblichen ETFs bis zu globalen Wasserfonds.

Was sofort aus den Antworten heraussticht: Investitionen in fossile Unternehmen und nachhaltige Fonds, das passt für keinen der Teilnehmenden zusammen. „Die Nutzung fossiler Rohstoffe ist der allergrößte Treiber der Klimakrise und sollte so schnell wie möglich beendet werden“, lautet eine der Begründungen dazu.

Anlass für meine Neugierde war und ist eine Richtlinie der Europäischen Wertpapier Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die am 21. Mai in Kraft tritt. Nach dieser müssen Fonds, die Nachhaltigkeitsbegriffe wie ESG, green, sustainable oder transition im Titel tragen, strengere Nachhaltigkeitsanforderungen und Mindeststandards einhalten – machen sie das nicht, müssen die Nachhaltigkeitsbegriffe aus dem Titel gestrichen werden.

Genau diese Namensänderung interessiert mich, denn daran anschließend stellt sich die Frage, wie nachhaltig ein Portfolio tatsächlich ist, wenn der Fonds sich jetzt umbenennen muss.

Momentan laufen dazu noch meine Anfragen bei den großen deutschen Fondsverwaltern. Im nächsten Schritt möchte ich mir die Investitionen einzelner Fonds genauer anschauen. Darunter sind auch einige der Fonds, die Sie mir geschickt haben.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.