
Liebe Leserinnen und Leser,
der Axel Springer-Konzern ist einer der größten Meinungsmacher Deutschlands. Die politischen Kommentare und die Recherchen, die in seinen Medien – vor allem BILD und WELT – stehen, tragen zur Meinungsbildung von Millionen von Menschen im Land bei. Deshalb ist der Verlag auch für uns bei CORRECTIV immer wieder mal Gegenstand von Recherchen.
So auch heute. Wir haben vorhin einen Text veröffentlicht, der sich damit beschäftigt, ob Konzernchef Mathias Döpfner wohl etwas aus der Affäre um seinen ehemaligen Chefredakteur Julian Reichelt gelernt hat. Mehr dazu im Thema des Tages.
Außerdem eine YouTube-Empfehlung: Hier haben wir heute ein Video hochgeladen, in dem wir noch mal ganz ausführlich auf die Kritik an unserer Geheimplan-Recherche eingehen: Hier geht’s zum Video.
Thema des Tages: Springer nach der Reichelt-Affäre
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Karte zu Dämmen und Wehren in Valencia falsch
CORRECTIV-Werkbank: Kirchenmissbrauchsopfer in U-Haft
Grafik des Tages: AfD-Werbung zu „Remigration“ auf Meta-Plattformen
Die verschiedenen Medienmarken von Axel Springer erreichen mit ihrer Berichterstattung jeden Monat viele Millionen Menschen. Wie viele genau, ist schwer zu sagen – nach eigenen Angaben des Konzerns aus dem letzten Jahr waren es da jeden Monat 400 Millionen „Unique Users“. Das heißt, so oft griffen Leute auf die digitalen Texte von BILD, WELT und der anderen Marken zu.
Springer ist jedenfalls einer der wichtigsten Meinungsmacher im Land – und das ist der Grund, warum wir von CORRECTIV und viele andere Medien sich immer mal wieder anschauen, wie im Unternehmen Personalentscheidungen getroffen werden.
Das Führungspersonal eines Medienhauses bestimmt nämlich nicht nur wesentlich darüber, was in den Texten steht (siehe „Please stärke die FDP“, die mittlerweile zum geflügelten Wort gewordene Handlungsanweisung von Springer-Chef Döpfner an Untergebene). Sondern die Leute an der Spitze bestimmen auch, wie es im Haus menschlich zugeht: Werden zum Beispiel frauenfeindliche Sprüche in Konferenzen als ok empfunden? Werden Fälle von Mobbing mit Entschlossenheit aufgeklärt?
Heute haben wir eine Recherche zu diesem Komplex veröffentlicht. Sie dreht sich darum, wie Springer-Chef Döpfner trotz der Reichelt-Affäre gerade seinen „Boys Club“ an der Unternehmensspitze ausbaut.

Was die Recherche zeigt:
Döpfner beförderte zuletzt mehrere ihm eng vertraute Männer auf Führungspositionen. Dafür schied jene Frau aus dem Vorstand aus, die dafür geholt wurde, Strukturen zu schaffen, die für eine bessere Unternehmenskultur sorgen sollten. Sexistische Sprüche sollten nicht mehr akzeptiert werden, das Ausnutzen von Machtpositionen sollte keine Chance mehr bei Springer haben.
Vor diesem Hintergrund wundern und ärgern sich viele im Unternehmen vor allem über eine diese Woche veröffentlichte hochrangige Personalie: Döpfner machte den bisherigen Chef der Sparte WELT TV zum Chefredakteur der wichtigen WELT-Gruppe. Einen Mann, der nicht unbedingt die schlaueste Besetzung ist, wenn man ein Saubermann-Image im Konzern glaubhaft vermitteln will. Warum genau, lesen Sie hier.
AfD-Verbot
Der Bundestag könnte noch vor Weihnachten über die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahren verhandeln und eine Gruppe Rechtswissenschaftler hält ein erfolgreiches Verbot für realistisch.
spiegel.de
Ukraine-Krieg
Seit über zwei Jahren überschlagen sich die Nachrichten aus der Ukraine. Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg bietet ein umfassendes Dossier zum Konflikt, das nicht nur Hintergründe beleuchtet, sondern auch tagesaktuelle Entwicklungen einordnet.
lpb-bw.de
Namibia
Nach logistischen Problemen wurden die gestrigen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen bis heute Morgen verlängert. Bis zu den Ergebnissen, die am Samstag erwartet werden, lohnt sich ein Blick auf die sinkenden Zustimmungen für Afrikas Befreiungsbewegungen. Die Jugend rechnet ab:
deutschlandfunk.de (Hörbeitrag)
Investigativ
Es ist ein relativ neues Phänomen: Rechtsextreme organisieren sich in Kampfsportclubs und trainieren für den Straßenkampf.
tagesschau.de

Nach den Überschwemmungen Ende Oktober in der spanischen Provinz Valencia kursiert online eine Karte, die angeblich entfernte Staudämme in der Region zeigen soll. Doch die Karte zeigt etwas anderes.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich verständlich
Der Krieg in der Ukraine eskaliert immer mehr – was bedeutet das für uns in Deutschland? Vor über 1000 Tagen hat Russland die Ukraine angegriffen. In dem Krieg sterben täglich Menschen – und die Angriffe weiten sich aus. Wie wahrscheinlich ist es, dass der Krieg auch nach Deutschland kommt? Das schaut sich unsere Jugendredaktion Salon5 an.
Salon5 (Instagram)
So geht’s auch
Frühgeborene sind besonders verletzlich – Hirnblutungen, Atemaussetzer und Sauerstoffmangel können ihre Entwicklung gefährden. Ein Startup hat nun winzige Sensoren entwickelt, mit denen sich die Sauerstoffwerte im Gehirn von Frühchen überwachen lassen.
srf.ch (Video)
Fundstück
Die New York Times hat den Obstverkäufer ausfindig gemacht, der die Banane für Maurizio Cattelans Kunstinstallation – die später für 6,2 Millionen Dollar versteigert wurde – verkauft hatte. Der Verkäufer, der laut eigener Aussage mit Armut zu kämpfen hat, bekam für die Banane nur umgerechnet 23 Cent.
nytimes.com (Englisch)
Tatort Bayern. Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhardt Marx, und Ministerpräsident Markus Söder: Die beiden Männer könnten Verantwortung für ein Versagen von Staat und Kirche in Bayern für ein Verbrechen übernehmen, welches das Leben des heute 40-jährigen Andreas Perr zerstörte.
Mitte der 1990er Jahre wurde der damals ungefähr Zwölfjährige von dem Pfarrer Peter H. im Pfarrhaus der oberbayerischen Gemeinde missbraucht. Die Tat des Priesters zerstörte das Vertrauen des Jungen, Perr flüchtete in Drogen und Alkohol. Dabei kannten Staat und Kirche die Gefährlichkeit des Priesters: Das Amtsgericht Ebersberg verurteilte den Priester 1986 wegen mehrfachen Kindesmissbrauch allerdings nur zu einer Bewährungsstrafe. Der Richter sei „ein praktizierender Katholik“, so steht es in einem kirchlichen Schreiben. Das milde Urteil beruhe darauf, dass das Gericht von einer „verminderten Schuldfähigkeit“ wegen „Pädophilie“ ausging. Gleichzeitig verfügte es für die weitere „Berufsausübung” als Priester „keine Auflagen“, heißt es im Gutachten über den Missbrauch im Erzbistum München und Freising. Die Bischöfe schickten den verurteilten Sexualstraftäter erneut in die Gemeindearbeit.
Der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, war an der Wiedereinsetzung beteiligt. In der neuen Gemeinde missbrauchte H. dann Stefan, Manuel und Andreas Perr. Letzterer verklagt nun das Erzbistum und die Erben des deutschen Papstes auf Schmerzensgeld. Die Tat, die Verantwortung der Kirche und von Papstes Benedikt XVI. sind unstrittig. Doch Kardinal Marx wies die Anwälte an, sich vor Gericht unwissentlich darüber zugeben, welchen Schaden der Missbrauch in dem Leben des Klägers angerichtet haben könnte. Dies zwingt den von der Drogensucht gezeichneten Perr in eine belastende Begutachtung. Dahinter steckt offenbar Kalkül: Opfer des klerikalen Missbrauchs sollen sich nicht an Zivilgerichte wenden.
Derweil ermittelte die bayerische Justiz erfolgreich gegen Perr. Seit März 2023 soll er sich bei mehreren Ärzten über „unrichtige Angaben” Betäubungsmittel verschreiben lassen. Das ist eine Straftat – Perr sitzt deswegen seit dieser Woche in Untersuchungshaft. So geht Rechtsstaat. Doch auch Staat und Kirche in Bayern sollten jetzt endlich zu der Verantwortung stehen, die sie für den Missbrauch an Perr haben.
Vielleicht bietet die anbrechende Weihnachtszeit dazu Gelegenheit. Wer Perr unterstützen will, kann dies über das Crowdfunding der „Initiative Sauerteig“ aus Garchings an der Alz tun, die Perrs Suche nach Gerechtigkeit unterstützt.

Der völkische Begriff „Remigration“ wird heute, ein Jahr nach dem Geheimplan-Treffen, vor allem von AfD-Politikern offensiv genutzt. Das schlägt sich auch in der Verwendung des Begriffs in Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram von Fraktionen und Parteiverbänden der AfD nieder. Wir haben in unserer Recherche geschaut, wie oft Werbeanzeigen mit „Remigration“ auf den Meta-Plattformen geschaltet wurden. Die Daten stammen aus der Meta Ad Libary. (Datenstand: 18.11.2024)
correctiv.org
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Elena Schipfer und Finn Schöneck.
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