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Autor Bild Anette Dowideit

heute haben die „Wirtschaftsweisen“ ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum bis zum Ende dieses Jahres vorgestellt – und sie fällt deutlich schlechter aus als bisher erwartet: Die Weisen erwarten 0,0 Prozent Wachstum, also gar keines. Wie schlimm ist das? Darum geht es im heutigen Thema des Tages.

Thema des Tages: Wachstum: 0,0 Prozent

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Kein Bezug zu AfD-Gutachten: Verfassungsschutzchef Haldenwang ging Ende 2024 in den Ruhestand

Gute Sache(n): Kreislauf des Wassers – und wo Wasser knapp wird • Meta will User-Daten für KI-Training nutzen • Solar-Paneele auf Schweizer Bahngleisen

CORRECTIV-Werkbank: Werden im Bundestag Reden bis aufs WC übertragen?

Grafik des Tages: Chance auf Teilhabe: Hier gibt es besonders viele Schulabbrecher

Die Wirtschaftsweisen – hier bei ihrer Gutachten-Vorstellung im letzten Jahr. Links im Bild steht SPOTLIGHT-Gastautor Achim Truger. Quelle: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Stecken wir mitten in einer Schrumpfungsphase?
Die Prognose klingt auf den ersten Blick schlimmer, als sie es eigentlich ist. Denn für das nächste Jahr, 2026, erwartet das Gremium wieder ein Wachstum von einem Prozent. Was bedeutet, dass wir dann als Land insgesamt wieder mehr Geld erwirtschaften und es somit auch wieder mehr zu verteilen gibt.

Warum die Hoffnung?
Eine wichtige Rolle bei den Erwartungen für das nächste Jahr spielt das Infrastruktur-Sondervermögen. Also die halbe Billion Euro, die unsere Bundesregierung in die Infrastruktur (Brücken, Straßen, Schienen etc.) stecken will.

Das ist auch der Grund, warum wir bei CORRECTIV dieses Thema enorm wichtig finden und es gemeinsam mit Ihnen in unserer Serie „Gemeinsam aufgedeckt“ verfolgen. Dort wollen wir uns in den kommenden Monaten und Jahren anschauen: Wo kommt das Geld tatsächlich an, und wird es wirklich in Investitionen gesteckt?

Wie schlimm ist es, wenn die Wirtschaft in diesem Jahr nicht wächst?
Auch mit dieser Frage beschäftigen wir uns im SPOTLIGHT immer wieder. Einer der „Wirtschaftsweisen“, der Ökonomieprofessor Achim Truger, ist regelmäßiger Gastautor bei uns und ordnet Zusammenhänge ein. 

Ich habe heute kurz mit ihm gesprochen und ihn um eine Einschätzung gebeten. Er sagt: 

„Das ist wirklich eine schwere Krise: Erst Corona, dann die Energiekrise, jetzt Trumps Zölle. Aber das Finanzpaket, vor allem für die Infrastruktur, ist eine Riesenchance zur Modernisierung und für den Aufschwung.“
Achim Truger
Wirtschaftsweiser

Wenn das Geld aus dem Sondervermögen klug verwendet werde, sagte er weiter, sei die deutsche Wirtschaft bald wieder auf einem guten Wachstumspfad.

Was über die Geldverwendung bislang bekannt ist:
Ein am Montag geleaktes Papier aus dem Finanzministerium wirft die Frage auf, ob die Sondervermögen-Milliarden nicht doch genutzt werden könnten, um Haushaltslöcher zu stopfen. 

In dem Papier steht: Haushaltspläne könnten um Beträge gekürzt werden, die künftig aus dem Sondervermögen fließen. Zudem plant das Finanzministerium demnach, die Entlastung der Energiepreise mit den Klima-Milliarden zu finanzieren. Wir haben das Ministerium jetzt einfach mal gefragt, wie sich diese Pläne mit der Vorgabe „zusätzliche Investitionen“ vereinbaren lassen. Über die Antworten informieren wir Sie in den nächsten Tagen.

Müssen wir mehr arbeiten, um die Wirtschaft anzukurbeln?
Diese Frage wird momentan – mal wieder – heiß diskutiert. Grund ist eine Aussage von Friedrich Merz vor ein paar Tagen:

 „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten.“
Friedrich Merz
Bundeskanzler

Im vergangenen Herbst schrieb der Wirtschaftsweise Truger im SPOTLIGHT genau hierzu eine Einordnung – weil Merz auch da schon mal gesagt hatte, wir Deutschen wären zu arbeitsscheu. Truger kam zum Ergebnis: Wer von den Menschen fordert, immer mehr zu arbeiten, denkt nicht liberal. Schließlich soll jede/r selbst entscheiden dürfen, wie viel sie oder er arbeitet.

Abgesehen davon: Wir von CORRECTIV haben mal nachgeforscht – und gesehen: Es stimmt überhaupt nicht, dass die Deutschen heute weniger arbeiten als früher.

Was aber stimmt: Während die Wirtschaft zuletzt nicht wuchs, stiegen die Lebenshaltungskosten – und das macht vielen Menschen im Land Sorge, wie unsere SPOTLIGHT-Grafik im Februar zeigte: 

Ausschussvorsitzende im Bundestag: Erste AfD-Abgeordnete gescheitert 
Die AfD hat ein Vorschlagsrecht auf sechs der 24 Posten, doch die ersten Kandidierenden der Partei sind bereits gescheitert. SPD und Union haben beschlossen, keine AfD-Abgeordneten in einen Ausschussvorsitz zu wählen. 
tagesspiegel.de

Gießen: Antisemitisches Abi-Motto 
Aufgrund eines Vorschlages für ein Abi-Motto wurden an einer Gießener Schule polizeiliche Ermittlungen eingeleitet. In einer anonymen Umfrage, um das Motto für ihr Abi zu finden, gab es offenbar antisemitische, rassistische und diskriminierende Vorschläge. Die meisten Stimmen erhielt der Vorschlag „NSDABI“. Die Oberstufenleitung der Schule spricht von einem „Schock“. 
giessener-allgemeine.de 

Recherche: Heimliche Helfer russischer Geheimdienste 
Agenten bei Bedarf: Russische Geheimdienste unterhalten ein weltweites Netzwerk an treuen Zuarbeitern – auch in Deutschland. Einer von ihnen ist Yury E., der aufgrund von E-Mails verdächtigt wird, im direkten Austausch mit dem russischen Militärgeheimdienst GRU zu stehen. 
spiegel.de / zdf.de

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist der deutsche Inlandsgeheimdienst mit Sitz in Chorweiler, Köln. (Foto: Christoph Hardt / Panama Pictures / Picture Alliance)
(Foto: Christoph Hardt / Panama Pictures / Picture Alliance)

So geht’s auch
Meta hat angekündigt, ab dem 27. Mai 2025 öffentlich sichtbare User-Inhalte für das Training seiner KI-Modelle nutzen zu wollen. Der Konzern rund um Mark Zuckerberg will dafür Daten aus Beiträgen, Kommentaren und Reaktionen von Instagram und Facebook verwenden. Whatsapp ist davon ausgeschlossen. Datenschützer warnen vor den langfristigen Folgen und zeigen eine Anleitung zum Widerspruch – der noch bis Montag, den 26. Mai, möglich ist. 
Netzpolitik.org: Widerspruch / Facebook

Fundstück
Im schweizerischen Buttes (Kanton Neuenburg) wurde erstmals eine Solaranlage auf einem Bahngleis installiert: Das Startup „Sun-Ways“ hat auf einem 100 Meter langen Streckenabschnitt 48 Solarpaneele zwischen die Schienen verlegt, um bislang ungenutzten Raum für die Stromproduktion zu nutzen. Das Projekt soll drei Jahre lang unter realen Bedingungen getestet werden. Laut Unternehmen könnten auf dem gesamten Schweizer Schienennetz bis zu 2,5 Millionen Paneele installiert werden. 
Sam Bentley / SRF.ch


Warum sind die Reihen im Plenarsaal oft leer?
Der Bundestag ist ein Arbeitsparlament. Das bedeutet, der Großteil der politischen Arbeit passiert parallel zu den Plenarsitzungen – in Ausschüssen, Fraktionen, Gesprächen mit Expertinnen oder bei der Vorbereitung eigener Reden. Im Plenum, also im großen Saal, finden vor allem die Debatten und formellen Abstimmungen statt. An den Debatten im Saal nehmen meist nur die Fachpolitikerinnen teil, die direkt am Thema arbeiten. An namentlichen Abstimmungen müssen alle teilnehmen. 

Weitere Arbeit – zum Beispiel das Prüfen, Verhandeln und Überarbeiten von Gesetzentwürfen – geschieht in den Ausschüssen, also in den thematischen Arbeitsgruppen im Bundestag. Dort sind die Abgeordneten oft parallel zu den Plenarsitzungen tätig. 

Streams bis aufs Klo? 
Für alle Abwesenden werden Debatten live im Parlamentsfernsehen und in der Bundestags-Mediathek übertragen – abrufbar in Büros und Nebenräumen, sodass Abgeordnete jederzeit folgen können. Neulich tauchten in sozialen Netzwerken hierzu sogar Kommentare auf, wonach Bundestagsreden angeblich „bis aufs Klo“ übertragen würden. CORRECTIV hat auf Nachfrage beim Deutschen Bundestag erfahren: Ja, Reden aus dem Plenum werden im gesamten Bundestagsgebäude gestreamt, Bildschirme und Streams der Reden in den Sanitärräumen gäbe es jedoch nicht. Das „stille Örtchen“ bleibt also entgegen der Behauptungen wirklich „still“.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt und Jule Scharun.