Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

wir von CORRECTIV – und auch ich mit meinem privaten Account – haben uns vor einiger Zeit entschieden, nicht mehr auf der Plattform X aktiv zu sein. Der Grund ist, dass sich dort seit der Übernahme durch Elon Musk eine Atmosphäre des Hasses immer weiter ausgebreitet hat, die aus unserer Sicht keine konstruktiven Diskussionen mehr ermöglichen.

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass in vielen Fällen negative Stimmungsmache von einer Armada von Bots weiterverbreitet wird. Also von Accounts, hinter denen keine echten Menschen stehen, sondern die von sogenannten Troll-Fabriken, zum Beispiel in Russland, abertausendfach produziert werden. Auch in anderen Sozialen Netzwerken verbreiten sich Hass und Hetze, weil dort „gefälschte Menschen“ unterwegs sind, zum Beispiel mit Künstlicher Intelligenz programmierte Avatare, die wie echte Menschen aussehen.

Im Thema des Tages geht es um eine konstruktive Idee, die dieser Entwicklung entgegenwirken könnte. Sie stammt vom Künstler Marc-Uwe Kling, mit dem wir von CORRECTIV uns seit einigen Wochen darüber immer wieder ausgetauscht haben.

Außerdem möchte ich Ihnen heute dies empfehlen: Der bekannte türkische Exil-Journalist Can Dündar, Chef der bei uns angedockten Redaktion Özgürüz, erklärt in diesem Kurzvideo: Was bedeutet es für die politische Lage in der Türkei, dass Präsident Erdogan seinen größten politischen Rivalen verhaften ließ? 

Wir haben heute außerdem zwei aktuelle Nachrichten veröffentlicht. Eine dreht sich darum, wie viele deutsche IS-Kämpfer aus dem Blick der Sicherheitsbehörden verschwunden sind. Die andere um Missbrauch in der katholischen Kirche.

Sie haben Hinweise auf Korruption oder andere Missstände, zu denen wir recherchieren könnten? Schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Warum darf man Menschen fälschen?

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Nein, im April wird keine 50-Euro-Strafe für verpasste Arzttermine eingeführt

Gute Sache(n): Hält die Brandmauer auch lokal? • Wie Frauen in autoritären Systemen Widerstand leisten • Getrackt: So sabotiert das Team Trump die Klimaschutzpolitik

CORRECTIV-Werkbank: Die Diversity-Jäger der USA

Grafik des Tages: Das glücklichste Land der Welt heißt …

Er hat jetzt eine Petition gestartet. Darin fordert er: „Verbietet das Fälschen von Menschen! Rettet die Demokratie vor Deepfakes und manipulativen Bots.“

Marc-Uwe Kling wird in seinem Instagram-Film durch KI zur Kunstfigur Känguru. Quelle: Instagram/Marc-Uwe Kling.


Was ist sein Ziel?
Kling will im ersten Schritt eine Debatte anfachen. Und erst einmal dafür sorgen, dass wir in Gesellschaft und Politik uns überhaupt klarmachen, wie sehr gefälschte Menschen im Netz dort die Diskussionskultur vergiftet haben. Er sagt:


„Es rollt ein Tsunami aus Fälschungen auf uns zu, der es immer schwerer macht, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden.“

Marc-Uwe Kling


Es geht ihm und den anderen prominenten Erstunterzeichnern um eine ganze Reihe negativer Auswirkungen von Fake-Menschen im Netz: um politische Falschmeldungen, die von ihnen weiterverbreitet werden, oder zum Beispiel auch um Cybermobbing, wenn mit KI echte Menschen nachgebaut werden und es so aussieht, als würden sie zum Beispiel in Pornos mitspielen.

Wen sieht er in der Verantwortung?
Sowohl die Bundespolitik als auch die Gesetzgeber der EU – weil dort viele Gesetze gemacht werden, die mit der Regulierung des Internet zu tun haben.

Er und die Unterstützer der Petition sehen aber auch die Betreiber der Plattformen in der Verantwortung – und die Anbieter von KI-Anwendungen, mit denen es möglich ist, echte Menschen nachzubauen. Auf die Betreiber allein zu setzen, wäre allerdings zu wenig – denn bereits beim Verhindern von Falschnachrichten setzen Meta und Co. ja derzeit auf weniger als auf mehr Kontrolle.

Lokal: Rücktritt eines katholischen Pfarrers nach Vorwürfen und brisantem Gutachten
Ein kirchliches Gutachten im Bistum Passau zeigt gravierende Grenzüberschreitungen eines Pfarrers. Nach einer Anfrage von CORRECTIV trat der Pfarrer zurück. Die Gründe, so das Bistum, seien aber „bislang nicht bekannte Vorwürfe“.
correctiv.org

CORRECTIV-Recherche: Deutsche „Geister“ als Sicherheitsproblem
Seit 2011 sind mehr als 1.000 Menschen von Deutschland aus in den Nahen Osten gereist, um sich der Terrormiliz Islamischer Staat anzuschließen. Rund 200 von ihnen sind jedoch verschollen. Wo sie sind oder ob sie noch leben, ist unbekannt. 
correctiv.org

Eine Person im Arztkittel schmeißt 50 Euro in ein Sparschwein.
Symbolfoto: Michael Bihlmayer / Chromorange / Picture Alliance

So geht’s auch
Trotz repressiver Maßnahmen kämpfen sie für ihre Rechte – sei es durch politische Beteiligung, Aktivismus oder verdeckte Bildungsnetzwerke. CORRECTIV.Exile portraitiert Frauen und ihre Projekte in Russland, der Türkei, Afghanistan und Belarus, die trotz Gewalt und Diskriminierung Widerstand leisten.
correctiv.org

Fundstück
Für die Klimapolitik dürfte die erneute Präsidentschaft Donald Trumps verheerend sein. Bereits in den ersten Monaten der Amtszeit haben er und sein Vize zahlreiche wichtige Klimaschutzmaßnahmen gekippt. Diese Seite listet alle Vorstöße dazu auf. 
climate.law.columbia.edu (Englisch)


In Amerika greift sie nun als eine Art Diversity-Jäger auch praktisch durch: Trump hatte im Januar per Verordnung das Ende aller Programme für Vielfalt, Gleichstellung oder Inklusion in Bundesbehörden eingeleitet. Jetzt allerdings hatte sich die Heritage Foundation einmal umgesehen und bei der American Battle Monuments Commission noch Priscilla Rayson entdeckt, bis Anfang der Woche „Chief Diversity Officer“. Nun brüstete sich die Heritage Foundation damit, dass die Organisation die Mitarbeiterin nach ihren „Hinweisen“ beurlaubt, alle entsprechenden Inhalte von ihrer Website getilgt und eilfertig zugesichert habe, die Verordnungen des Präsidenten allesamt zu beachten. Heritage hatte Name und Bild der Frau im Internet verbreitet. Nun ist sie ihren Job wohl los. 

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.