Liebe Leserinnen und Leser,
über den Jahreswechsel sorgte ein Gastkommentar von US-Milliardär und Trump-Berater Elon Musk in der Welt am Sonntag für Aufregung. Er behauptete darin, nur die AfD könne Deutschland retten. Warum mischt sich ein amerikanischer Unternehmer in die deutsche Politik ein? Darum geht es im Thema des Tages.
Außerdem im SPOTLIGHT: Stimmt es, dass Deutschland viel französischen Atomstrom importiert? Das dröseln wir in der Grafik des Tages auf.
Wie sehen Sie Musks Einmischung in die deutsche Politik und seine Standpunkte? Schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Was will Musk von uns?
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Nein, Mitte Dezember 2024 wurde kein AfD-Parteitag von Grünen gestürmt
CORRECTIV-Werkbank: CORRECTIV auf dem Chaos Communication Congress
Grafik des Tages: Der „Skandal“ der deutschen Stromimporte – ins Verhältnis gesetzt
Elon Musk mischt sich in den deutschen Bundestagswahlkampf ein. In seinem Gastkommentar für die Springer-Zeitung Welt am Sonntag schrieb er kurz vor dem Jahreswechsel eine Liebesbekundung für die AfD. Als Argumente führte Musk unter anderem an, die Partei könne unsere Wirtschaft angeblich von Bürokratie befreien und somit wieder ankurbeln. Außerdem würde die „kontrollierte Einwanderungspolitik“, die sich die AfD vorstelle, dem „Erhalt der deutschen Kultur und Sicherheit“ helfen.
Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:
Warum glaubt Musk, etwas zum Thema beitragen zu müssen?
Er begründete dies in seinem Kommentar damit, dass er bedeutende Investitionen in die deutsche Wirtschaft getätigt habe – also betreffe es ihn und sein Vermögen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht optimal seien.
War es sein einziger Beitrag zu deutscher Politik?
Nein. Musk beschimpfte auf der Plattform X, früher Twitter, die ihm gehört, schon Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz („Narr“) und kurz vor Silvester auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier („antidemokratischer Tyrann“).
Mischt er sich auch in anderen Ländern ein?
Ja. Zum Beispiel in Großbritannien. Er behauptete, Premierminister Keir Starmer baue einen „tyrannischen Polizeistaat“ auf – und er kündigte an, die rechtspopulistische Partei „Reform UK“ sogar finanziell unterstützen zu wollen.
Und in Italien. Dort kritisierte er Richter für die Entscheidung, sieben in Lagern internierte Migranten aus Albanien nach Italien zu bringen. Und er zweifelte in einem Tweet die Funktionsfähigkeit der italienischen Demokratie an.
Was verspricht er sich davon?
Darüber lässt sich nur spekulieren. SPD-Chefin Saskia Esken vermutete öffentlich, dem Unternehmer Musk seien Demokratien im Weg, die zu viele Arbeitnehmerrechte böten – weil so etwas zum Beispiel in seiner Tesla-Fabrik in Brandenburg die Arbeitskosten erhöhe. Ähnlich erklärt das Wirtschaftsmagazin Economist seine Äußerungen zu Europa: Generell werde hier deutlich mehr reguliert als in den USA, und das passe nicht zu Musks Investitionsplänen.
Musk suche in verschiedenen Ländern die Nähe zu einflussreichen wirtschaftsliberalen Politikern, die ihm für seine Firmenansiedlungen günstige Bedingungen schaffen könnten, heißt es in einer Analyse der Tagesschau.
Absurd ist der Musk-Kommentar insofern, als dass die AfD ihm viel weniger nützen dürfte, als Musk es darstellt und wahrscheinlich selbst glaubt: Die Partei spricht sich eher gegen Partnerschaften mit den USA aus, will dafür mehr Nähe zu Russland und China. Und sie ist offen für Verbrennungsmotoren und gegen Elektromobilität – mit der seine Autofirma Tesla ihr Geld verdient. Aber vielleicht hofft er ja darauf, dass die Partei durch seine Wahlkampfhilfe an diesen Stellen ihre Meinung ändert und ihm entgegenkommt.
Regierungsbildung in Österreich: Liberale verkünden Verhandlungsaus
Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und der liberalen Partei NEOS sind am Haushalt gescheitert. Der Standard hat analysiert, wie es jetzt in Österreich weitergeht.
derstandard.at
Elektronische Patientenakte nicht so sicher wie versprochen
Schon im Februar kommt die elektronische Patientenakte (ePA), in der zukünftig alle Gesundheitsdaten zentral gespeichert werden sollen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) versprach, dass man den Schutz dieser sensiblen Daten ernst nehme. Zwei Sicherheitsexperten zeigen jedoch, wie einfach die ePA zu hacken ist.
netzpolitik.org
Söder will Elektromobilität fördern – Wagenknecht will raus aus der „E-Auto-Sackgasse“
Um der deutschen Automobilbranche aus der Krise zu helfen, beabsichtigt CSU-Chef Markus Söder den Absatz von Elektroautos nach einer erfolgreichen Bundestagswahl zu unterstützen. Sahra Wagenknecht (BSW) kritisiert die Pläne, Elektromobilität mache „den Standort Deutschland kaputt“.
augsburger-allgemeine.de
Geflüchtete, die eigentlich in die USA wollen, bleiben immer öfter in Mexiko
Lange war das Land für Migranten und Geflüchtete nur eine Zwischenstation auf der Reise in die USA. Immer mehr machen Mexiko zu ihrer neuen Heimat. Ein Grund dafür ist einerseits die zu erwartende strengere Einwanderungspolitik der USA durch Trump. Andererseits sehen viele auch die Vorteile, die Mexiko ihnen bietet.
faz.net (€)
Szenen aus einem Tiktok-Video zeigen angeblich, wie die Grünen einen Parteitag der AfD am 15. Dezember 2024 stürmten. Doch der Hintergrund des Videos ist ein anderer.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich verständlich
Jahresstart im Wahlkampfmodus: Gleich drei Parteien halten in der kommenden Wochen ihren Parteitag ab (SPD, BSW und AfD). Wichtiges Element dabei: versprechen, was anders werden soll. Doch welche der im Koalitionsvertrag vereinbarten Versprechen hat die letzte Regierung eigentlich wirklich umgesetzt – und welche nicht? Das schlüsselt der Koalitionstracker von FragDenStaat auf.
fragdenstaat.de / noz.de (Zusammenfassung)
So geht’s auch
Auch bei Fehlgeburten sollen Frauen in Zukunft Anspruch auf Mutterschutz haben. Darauf einigten sich die Parteien der ehemaligen Ampelkoalition mit der Union. Die Regelung könnte noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden.
rtl.de / zdf.de
Fundstück
Neujahrsvorsätze (gestern in der Grafik des Tages) werden ziemlich häufig gebrochen. Man kann aber auch umgedreht herangehen: Statt sich Vorhaben auf die Liste zu setzen, die man mehr machen will, lieber die Dinge weglassen, die einem schaden.
srf.ch
Anfang der Woche war ich auf dem Chaos Communication Congress in Hamburg, der größten europäischen Hacker-Konferenz. Dort durfte ich zusammen mit meinem Kollegen Max Bernhard unsere Recherchen zur russischen Desinformationskampagne Doppelgänger vorstellen.
Für mich war es der erste Besuch der Konferenz und ich war überwältigt: Das Kongresszentrum hatte sich in ein funkelndes und blinkendes Fest verwandelt. In abgedunkelten Hallen saßen an zusammengeschobenen Tischen Computer-Enthusiasten aller Couleur. Wer wollte, konnte sich selbst am Löten ausprobieren, Spiele aus der Computer-Urzeit ausprobieren oder einen mit einer KI ausgestatteten und etwas launischen Kaffeeautomaten überreden versuchen, einen Becher mit Kaffee zu befüllen. Und und und.
Daneben gab es natürlich auch ein erstes Programm mit erstaunlichen Enthüllungen: Von ungeschützten Bewegungsdaten von VW-Autos bis hin zur doch nicht so sicheren elektronischen Patientenakte. Nicht unerwähnt lassen darf ich, dass mein Kollege Jean Peters eine neue Undercover-Recherche zu einem Treffen von AfD-Funktionären mit Neonazis in der Schweiz vorstellte.
Ich selbst habe gar keinen IT-Hintergrund und habe mich auf der Bühne daher auch ein bisschen wie ein Hochstapler gefühlt. (Hier kann man den Beitrag anschauen.) Umso schöner war es zu sehen, dass es in der Community sehr viele Menschen gibt, die Lust haben, sich bei Recherchen mit ihrer Expertise einzubringen – solche Angebote erhielten wir am CORRECTIV-Stand und nach unserem Vortrag.
Wir nehmen diese Hilfe gerne an, denn wir wollen auch weiter Desinformationskampagnen auseinandernehmen – und haben Ideen für weitere Netzrecherchen. Falls unter Ihnen Leserinnen und Lesern Menschen mit entsprechenden Kenntnissen sind – melden Sie sich gerne über alexej.hock@correctiv.org oder Signal.
Deutschland hat im Jahr 2024 mehr Strom importiert als exportiert. Grund genug für einige aus Politik und Medien, Alarm zu schlagen – etwa die Bild. Tenor: Deutschland ist abhängig vom Ausland. Das ist aber so nicht richtig. Deutschland ist zwar abhängig, aber das liegt nicht am Stromimport, sondern an den Rohstoffen. Das zeigt die Grafik des Tages. Der höhere Importanteil im Strombereich hingegen ist keine Frage der Erzeugungskapazität (vermeintlich fehlender Atomstrom), sondern des Preises. Dabei importierte Deutschland in den letzten beiden Jahren vorwiegend aus Skandinavien (hoher Anteil erneuerbarer Energien) und aus Frankreich (hoher Anteil Kernenergie).
focus.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers, Till Eckert und Sebastian Haupt.
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